„Eine dunkle Begierde“ – Interview mit Hauptdarsteller Michael Fassbender

von Volker Robrahn / 10. November 2011

Filmszene: Michael, sollen wir das Interview auf Deutsch oder in Englisch führen?

Michael Fassbender: Wir können gerne auch Deutsch versuchen, aber dann würde es sehr lange dauern.

Also sprechen Sie die Sprache Ihres Vaters und Ihres Geburtslandes doch nicht ganz fließend?

So halbwegs. Ich brauche halt immer etwas Training um wieder reinzukommen. Aber ich verstehe alles und kann mich auch ganz gut verständlich machen, wenn es nicht allzu sehr ins Detail geht.

Zuletzt hat man Sie ja als Deutschen in „X-Men: Este Entscheidung“ besetzt, da konnte ich zumindest keinen Akzent erkennen.

Vielen Dank, ich bemühe mich da halt immer sehr eine vernünftige und ordentliche Leistung abzuliefern. Das ist für mich selbstverständlich und ich mag es ja selbst nicht, wenn da bei fremden Sprachen lieblos geschludert wird.

Sie gelten als einer der vielversprechendsten jungen Schauspieler zurzeit und man darf dieses Jahr sicherlich als das Ihres endgültigen Durchbruchs bezeichnen. Wie geht’s denn so?

Ausgezeichnet, danke. Ja, die Arbeit zahlt sich langsam aus. Und was heißt „jung“, ich bin jetzt 34 und habe bereits eine Zeit harter Jahre im Theater und mit kleinsten Filmrollen hinter mir.  Das Theater hat mich dabei sicherlich schauspielerisch geprägt und ich profitiere heute von dem damals gelernten Handwerk. Aber im Film fühle ich mich mittlerweile mehr zuhause, denn ich liebe die Großaufnahmen, die Möglichkeit mit dem Gesicht spielen zu können, was ja beim Theater nur sehr eingeschränkt funktioniert.

Michael FassbenderWas für eine Einstellung hat ein junger - ich bleibe mal dabei - und erfolgreicher Mensch denn zum Thema „Psychoanalyse“?

Ich wusste, ehrlich gesagt, vor diesem Film nicht viel mehr darüber als die ganz offensichtlichen Dinge. Dachte ich zumindest, denn als ich mich dann in die Recherchen für meine Rolle gestürzt habe entdeckte ich plötzlich wie viele Sachen mir durchaus bekannt waren, ohne dass ich sie vorher aber mit Jung oder Freud in Verbindung gebracht hätte. Und ich entdeckte in den Methoden der Therapie auch tatsächlich einige Ähnlichkeiten zu dem was wir damals an Übungen in der Theaterschule gemacht haben.

Sie sind bekannt dafür, ein recht intensives „Method Acting“ zu betreiben und hatten ja z.B. für „The Hunger“ so viele Kilos verloren bis Sie regelrecht abgemagert waren. Gilt das auch für die Körpersprache Ihrer Figur Carl Jung, gab es da Studienobjekte?

Es gibt ein paar Videos auf „You Tube“. Interviews mit dem älteren Carl Jung, davon konnte ich Einiges ablesen, ja. Er wirkt dort sehr selbstbewusst und charmant. Der Jung, dem wir in unserem Film begegnen, ist im Vergleich dazu aber stark verunsichert und ruht keinesfalls in sich selbst. Es war daher interessant zu sehen, was aus ihm später geworden ist. Ansonsten verbringe ich ja grundsätzlich immer sehr viel Zeit mit dem Skript, überlege wie meine Figur tickt und sich bewegt. Dazu im Hintergrund immer die Gesellschaft und die Umstände der damaligen Zeit, in der es sich einfach gehörte sich „korrekt“ zu präsentieren. Und daraus entwickelt sich dann irgendwann etwas Handfestes, Greifbares.

Mögen Sie diesen Carl Jung?

Ja, ich mag ihn oder besser mochte ihn, als ich mit ihm beschäftigt  habe. Aber das bedeutet vermutlich nicht allzu viel denn ich mag ja grundsätzlich alle Figuren die ich je gespielt habe.

Selbst den Lügner und Betrüger aus „Fish Tank“?

Ja, auch den.  Der macht zwar einige fragwürdige Dinge und missbraucht das ihm entgegengebrachte Vertrauen, was natürlich nicht nett ist. Aber andererseits hat er auch etwas angestoßen und ohne seinen Einfluss würde das Mädchen nicht damit anfangen ihren eigenen Träumen zu folgen, ihr Talent zu nutzen und zu erkennen, dass sie etwas wert ist. Das gibt ihr Hoffnung, bringt sie voran und ist doch eine gute Sache.

Einige Leute sprechen im Zusammenhang mit Michael Fassbender von einer möglichen Oscar-Nominiernung. Sie auch?

Nur wenn ich muss - also etwa jetzt. Nein, das gehört ja zu den Dingen, die man selbst nicht beeinflussen kann und wo es daher rein gar nichts bringt sich damit zu beschäftigen. Aber ich behaupte auch nicht, dass mir Auszeichnungen nichts bedeuten würden. Im Gegenteil, wenn ich wirklich jemals so eine kleine Statue gewinnen sollte, würde man mich vermutlich in meinem Zimmer dabei beobachten können, wie ich ständig wie Gollum "Mein Schatz!" vor mich hin murmele. 

Die Bandbreite Ihrer Rollen über die letzten Jahre ist recht beeindruckend. Von den erwähnten Dramen wie „The Hunger“ oder „Fish Tank“, über Superhelden wie die „X-Men“ bis zum historischen Kostümfilm. Ist Ihnen das wichtig, versuchen Sie das zu beeinflussen oder hatten Sie schlicht Glück?

Von allem etwas!  Natürlich gehört auch Glück dazu, denn ich kann ja nicht beeinflussen welche Regisseure oder Produzenten wann auf mich aufmerksam werden. Aber natürlich schaffe ich durch meine Arbeit die Voraussetzung dafür, dass das überhaupt passiert. Und es ist mir in der Tat wichtig nicht immer das Gleiche zu machen. Ich will auch eigentlich weniger einen bestimmten Typ darstellen oder als solch einer besetzt werden, sondern versuche als Michael Fassbender immer ganz hinter meiner jeweiligen Figur zu verschwinden.

Wie hoch sind denn die Chancen Sie auch einmal in einer deutschen Produktion zu sehen, gibt es da Anfragen?

Die gab es schon, ja. Und fast wäre ich in einer Fernsehproduktion namens „Dresden“ dabei gewesen, aber das hat dann aus verschiedenen Gründen doch nicht geklappt. Klar, ich hätte schon Lust dazu mal in einer deutschen Produktion mitzumachen. Aber ich würde andererseits auch genauso gerne in einem Film aus, sagen wir mal Kasachstan mitspielen, wenn er denn interessant ist.

Welche Projekte stehen denn konkret in den nächsten Monaten an?

In Deutschland kommt neben der „Dunklen Begierde“ auch jetzt erst „Jane Eyre“ in die Kinos, den ich schon vor mehr als einem Jahr gedreht habe. Auch schon fertig abgedreht sind meine zweite Zusammenarbeit mit Steve McQueen namens „Shame“ und Ridley Scotts  Science-Fiction-Film „Prometheus“. In Vorbereitung habe ich dann noch einen weiteren Film mit Steve McQueen sowie Brad Pitt und einen mit Jim Jarmusch. Aber die nächsten 2-3 Monate hab ich tatsächlich frei und ruhe mich erst mal ein wenig aus.


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