The Bang Bang Club

Originaltitel
The Bang Bang Club
Land
Jahr
2010
Laufzeit
108 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Moritz Piehler / 18. Juli 2011

Eines vorneweg: Wer echtes Interesse am Berufsalltag und dem Schrecken vs. Faszination-Faktor des Lebens von Kriegsfotografen hat, der sollte sich statt dieses Films lieber die herausragende Dokumentation "War Photographer" über den berühmtesten aller Krisengebietsfotojournalisten James Nachtwey angucken. "Bang Bang Club" ist in erster Linie ein Spielfilm und folgt dementsprechend auch den gängigen Mechanismen. Actionszenen, Lovestory, Dramaturgie. Dennoch gelingt Regisseur Steven Silver eine sehr glaubhafte Darstellung der fotojournalistischen Arbeit im Südafrika zum Ende der Apartheid.
Das gelingt nicht zuletzt deshalb, weil der Film auf den Erinnerungen von zwei der Hautakteure jener Zeit beruht. Die Fotografen Greg Marinovich und Joao Silva haben ihre Erlebnisse aus dieser Zeit in dem Buch "The Bang Bang Club: Snapshots from a Hidden War" veröffentlicht und lieferten damit die Vorlage für das Drehbuch, dass der Südafrikaner Silver für die Verfilmung schrieb. Dabei herausgekommen ist ein sehr intensiver Film, der versucht, die Höhen und Tiefen der unter Lebensgefahr arbeitenden Journalisten einzufangen.

Der Film spielt Anfang der 1990er kurz vor dem Ende der Apartheid zu einer Zeit, als ein Foto noch weltbewegend sein konnte, vor Twitter, Facebook und Youtube, die heute jeden Anwesenden zum Journalisten und die Bilderflut unmittelbarer aber auch unüberschaubar machen. Im Gefolge der vier Fotografen des von der Presse sogenannten Bang Bang Clubs ertappt man sich als Zuschauer durchaus dabei, in den Actionszenen mit in den Strudel der Aufregung und Gefahr hinein gezogen zu werden. Und muss sich dann in Erinnerung rufen, dass die Handlung des Films und die dargestellten Grausamkeiten auf historischen Begebenheiten beruhen. Die unfassbare Brutalität der bürgerkriegsähnlichen Zustände lässt sich schon durch den Abstand der Fiktion auf der Leinwand schwer ertragen. Umso schwerer ist es für die vier Protagonisten des Films, die nur durch den Abstand ihres Objektivs von den Gräueltaten und dem menschlichen Leid eines Terrorregimes in den letzten Atemzügen getrennt sind.
So ist ein Hauptthema des Films natürlich auch die Schwierigkeit, im Angesicht dieser Umstände menschlich zu bleiben und einen Umgang mit dem Erlebten zu finden. Zynisch wirken da oft die Jagden nach dem besten Foto, auch wenn sich zwischen den vier Fotografen so etwas wie Freundschaft entwickelt. Am schwächsten oder vielleicht auch am menschlichsten erweist sich in der Gruppe der südafrikanische Kevin Carter (Taylor Kitsch), der dem Grauen und den Bildern im Kopf durch exzessiven Drogenkonsum zu entfliehen versucht. Er ist derjenige, der von den anderen drei Kollegen immer wieder aufgefangen werden muss, an seinem Beruf zweifelt und letztlich zerbricht, nachdem er in weltweite Kritik gerät, als sein Foto von einem verhungernden sudanesischen Mädchen und einem im Hintergrund lauernden Aasgeier ihm den Pulitzer-Preis einbringt. Die Frage, die auch er nicht beantworten kann, ist die nach der Einmischungspflicht eines Journalisten. Wie lange kann jemand reiner Beobachter sein, ohne sich selbst schuldig zu machen?
Auch Greg Marinovich, den Ryan Phillippe in einer seiner besten Darstellungen bisher verkörpert, hat schwer mit den Wunden zu kämpfen, die die Arbeit in ihm hinterlässt. Im Sinne einer filmischen Zuspitzung kommt ihm hier die Liebe zur Rettung in Gestalt der Fotoredakteurin Robin Comley, gespielt von Malin Akerman, die ihn auffängt, wenn er am Boden ist. Für Beziehungen ist die gefährliche Arbeit von Kriegsfotografen ansonsten kein geeignetes Milieu, am besten eingefangen in dem vielleicht unkitischigsten Heiratsantrag aller Zeiten, in dem Joas Silva (Neels van Jaarsveld) seine Freundin um ihre Hand bittet, als sie seine in einer verzweifelten Barschlägerei zugezogenen Wunden versorgt.

Eine Frage, die nur am Rande angeschnitten wird, ist die nach der Berechtigung weißer Fotografen und Journalisten, das afrikanische Leid als Beobachter wiederzugeben, hier findet der Film keine Antworten und auch keine echte Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Spannung zwischen hochgejubeltem Stardasein und verzweifelter Hilflosigkeit wird dagegen in beeindruckenden Bildern eingefangen, der Adrenalinkick zwischen Poolparty und lebensgefährlichen Einsätzen als treibendes Motiv der coolen Männerclique entlarvt. Dass man sich dabei als Zuschauer mehr mit den Protagonisten als mit der südafrikanischen Bevölkerung identifiziert, ist vielleicht gewollt und verdeutlicht einmal mehr das Problem der distanzierten Beobachtung nicht nur durch die Journalisten, sondern auch durch den Zeitungsleser am anderen Ende der Welt.


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