Casanova

Originaltitel
Casanova
Land
Jahr
2005
Laufzeit
108 min
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Margarete Prowe / 10. Februar 2011

Casanova - welch ein Name, welch ein Mythos! Giacomo Casanova (1725-1798), unter anderem Geistlicher, Jurist, Soldat, Autor und Philosoph, aber hauptsächlich bekannt als Verführungskünstler, dem die Frauen reihenweise zu Füßen sanken. Lasse Hallströms ("Ein ungezähmtes Leben") massenkompatible, flott inszenierte Popcorn-Komödie wird diesem Mythos leider nicht gerecht und kommt über Slapstick, Verwechslungsspielchen und Klischees kaum heraus.

Venedig, 1753. Casanova (Heath Ledger, "Brokeback Mountain") hat mal wieder eine Nonne beglückt (das gesamte Nonnenkloster kennt ihn persönlich), da sind ihm schon Schergen auf den Fersen - wegen seiner Vergehen gegen die Sittlichkeit. Der Doge (Herrscher von Venedig) kann ihn noch einmal ungestraft davonkommen lassen, rät ihm aber eindringlich, innerhalb kürzester Zeit eine Jungfrau zu heiraten, deren tadelloser Ruf ihn vor der Katholischen Kirche retten kann. Die junge Victoria (Natalie Dormer), ein blondes Engelchen, scheint da die richtige Wahl, doch leider lernt Casanova nun die intelligente Francesca (Sienna Miller, "Alfie") kennen, die feministische Traktate unter einem männlichen Pseudonym herausgibt, damit sie nicht als Ketzerin verurteilt wird. Francesca hasst den Namen Casanova, weil er das Gegenteil ihrer emanzipatorischen Meinung darstellt. So legt sich der Held andere Namen zu, um die eine, die ihn verschmäht, zu erobern. Verkompliziert wird dies natürlich durch die schmachtende Victoria, den fetten Verlobten Francescas, Paprizzio, und den nach Venedig entsandten Häscher der Kirche, Pucci (Jeremy Irons, "Königreich der Himmel"), der den Liebestollen so schnell wie möglich an den Galgen bringen möchte.

Ein sehr nerviger Aspekt dieses Films ist die Aneinanderreihung von Verwechslungen, um damit im Sinne von Shakespeares Komödien das Publikum zu amüsieren. Doch leider wurde vergessen, dass man dafür einen halbwegs plausiblen Rahmen braucht. Casanova ist so stadtbekannt, dass am Anfang des Films an jeder Straßenecke Theaterstücke über ihn aufgeführt werden. Zusätzlich kennt ihn wohl fast jede venezianische Frau aus eigener Erfahrung (siehe das Nonnenkloster). Somit macht es wirklich wenig Sinn, dass keine der anderen Personen zu begreifen scheint, wer er ist. So hasst ihn Francescas junger Bruder, weil er ihm seine schon ewig angebetete Victoria vor der Nase wegschnappt. Daraus wird sogar ein Duell. Irritierend ist, dass sich plötzlich dieser Bruder anscheinend nicht erinnern kann, dass der Mann Casanova ist, obwohl ganz Venedig weiß, dass Casanova mit Victoria verlobt ist. Hört sich konfus an, ist es auch.

Hinzu kommt, dass Heath Ledger im Gegensatz zu seiner grandiosen Rolle in "Brokeback Mountain" hier eher wieder in die Schiene des "Ritter aus Leidenschaft" verfällt, wo er zwar hübsch ausschaut, dafür aber wenig schauspielerisches Können einsetzen kann. Während er in einigen Szenen als niedlicher Trottel dasteht (als er zum Beispiel aus Francescas Text über die Frauen auswendig lernt, wie man mit einer Frau sprechen sollte), ist sein Liebeskummer kaum erfahrbar. Sienna Miller spielt hier dynamischer, ihre Rolle als Emanze ist zwar nicht gerade ohne Klischees, doch schenkt Miller dem Ganzen wenigstens etwas Gefühl.
Immerhin sind die Nebendarsteller wunderbar. Jeremy Irons ist mit seiner trocken-bösartigen Art viel witziger als der Held der Geschichte, und auch Oliver Platt dominiert als der wohlbeleibte Verlobte Paprizzio alle Szenen, in denen er vorkommt. Trotz aller Dicken-Klischees, die hier breit getreten werden, schafft er es, seinem Charakter eine liebevoll-schüchterne Note zu geben, die ihn dem Publikum ans Herz wachsen lässt. Lena Olin ("Chocolat"), die Ehefrau des Regisseurs Hallström, spielt auch passend, während die junge Natalie Dormer in ihrem Debüt nur liebestoll schauen und Holz zersplittern darf, wenn sie das Objekt ihrer Begierde sieht.

Trotzdem ist die große Liebe zwischen Francesca und Casanova ungefähr so aufregend wie ein Mikrowellenessen. Nachdem die so emanzipierte Dame den ganzen Film lang dauernd über Casanova herzieht, verliebt sie sich plötzlich in Nullkommanix in ihr ehemaliges Feindbild. Erotik oder Sinnlichkeit sind in diesem fast schon klinisch reinen Film nicht zu finden, denn hier handelt es sich ja um einen massenkompatiblen Familienstreifen. Somit wird auch niemand mit Sexualität (ihhh!) oder Nacktheit (igitt!) konfrontiert. Weil man sich in diesem Drehbuch nicht einmal traute, Casanova einfach so Spaß an der ganzen Frauenaufreißerei haben zu lassen, wurde sorgsam ein sittlich-feines psychologisches Trauma eingefügt: Der Film beginnt damit, dass Klein-Giacomo von seiner Mami verlassen wird, weil die lieber zu ihrer wahren Liebe zurück und schauspielern möchte, statt sich um den Knirps zu kümmern. Somit ist alles klar: Casanova sucht in Wirklichkeit doch nur nach der fehlenden Mutterliebe, die er nicht bekam.

Obwohl die Üppigkeit des Rokoko in "Casanova" fein in Szene gesetzt ist, tun doch manche unpassenden Einfügungen etwas weh. Denn während es Sonnenbrillen (wie Casanova sie in einer Szene trägt) damals schon lange gab, wurde die Ballonfahrt leider erst 1783 (genau 30 Jahre danach) begonnen, als ein französischer Physiker in Paris das erste Mal mit einem Ballon abhob. Auch die Außenwerbung an Hauswänden (für Paprizzios Speckimperium) gab es damals nicht. Dies mag kleinlich sein, aber das Problem ist, dass gerade die Ballonfahrt so billig-falsch aussieht, dass es den Zuschauer von einer zentralen Szene ablenkt, statt diese zu betonen. Auch Francescas prägnantes Motto "Verbrennt die Korsette!" ist zwar nett, wurde aber leider erst 120 (!) Jahre später von der amerikanischen Autorin Elizabeth Stuart Phelps geprägt.
Lasse Hallström, der am liebsten vor Ort dreht ("Gottes Werk und Teufels Beitrag" in Neuengland, "Die Schiffsmeldungen" in Neufundland, "Chocolat" in Frankreich), tut seinen Filmen damit einen großen Gefallen. Auch in "Casanova" sorgt die Stimmung der Stadt für eine wunderbare Atmosphäre, die jedoch weg bricht, wenn für Trickaufnahmen der Bluescreen verwendet wird. Die Stadt ist so schön, dass die schlechten Effekte dem Zuschauer sauer aufstoßen.

So ist "Casanova" nur ein sehr durchschnittlicher Hollywoodfilm, der zwar flott inszeniert und nett gefilmt ist, aber ansonsten kaum im Gedächtnis bleibt. Gerade angesichts der Fülle großartiger Filme des Independent Cinema (siehe die diesjährigen Oscar-Nominierungen) ist es allerdings zusehends fraglich, warum sich die großen Studios als "Prestigeobjekte" noch solche simplen Klamotten aussuchen.


8
8/10

ich fand den film echt in ordnung.auch sehr unterhalsam aber mir persönlich hat die richtige Liebesszene gefehlt.da hatte ich mir mehr erhofft.viel witz und auch etwas liebe dabei.sehenswert!

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.