Der Adler der neunten Legion

Originaltitel
The Eagle of the Ninth
Jahr
2010
Laufzeit
114 min
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Volker Robrahn / 26. Februar 2011

Im 2. Jahrhundert nach Christus ist der römische Vormarsch durch Britannien vorerst gestoppt. Denn nach dem Verlust und spurlosen Verschwinden der neunten Legion entsteht stattdessen an der Grenze zu den widerspenstigen und unerforschten Gebieten der mächtige Hadrianswall, der die Gebiete des römischen Machtbereichs von den wilden, unzivilisierten Stämmen des Nordens abgrenzt. Als aber Marcus Aquila (Channing Tatum) in England eintrifft, ist er entschlossen den Ruf seiner Familie wiederherzustellen, denn es war sein Vater, der zwanzig Jahre zuvor die ominöse neunte Legion anführte und genauso mit ihr verschwand wie ihr berühmtes Feldzeichen, der Adler. Der Aufenthalt als Kommandant einer kleinen Festung endet nach einem Aufruhr zwar mit schweren Verletzungen für Marcus, doch trotzdem ergibt sich bald eine neue Gelegenheit für ruhmreiche Taten. Bei der Genesung im Haus seines Onkels (Donald Sutherland) rettet er nicht nur dem Sklaven Esca (Jamie Bell) in einer Gladiatorenarena das Leben, er hört auch Gerüchte, dass der "Adler" hoch im Norden gesehen worden sein soll. Als unauffälliger Reisender in Begleitung des einheimischen Esca macht der junge Römer sich auf in die unerforschte Welt. Doch auch wenn er einen Treueschwur leisten musste, so macht Esca doch aus seinem Hass gegen die Besatzer kein Geheimnis. Wie wird der zornige junge Mann sich also verhalten, wenn beide die Grenzen des römischen Gebietes hinter sich gelassen haben?

Der historische Hintergrund ist zweifellos interessant und so gelingt es der britisch-amerikanischen Produktion "Der Adler der neunten Legion" auch, mit der Schilderung der Ausgangssituation zunächst ein spannendes Szenario zu entwerfen. Vor allem der Hadrianswall als Grenze zwischen Zivilisation bzw. dem, was die Römer dafür halten, und dem kargen, wilden, von Barbaren bewohnten Norden der britischen Insel übt doch eine gewisse Faszination aus. Schon die kürzlich erschienene DVD-Premiere "Centurion" beschäftigte sich mit der berüchtigten neunten Legion und lieferte zum Thema eine martialische Schlachtplatte ab. Der "Adler" wählt nun einen anderen Ansatz, dürfte aber bezüglich des Budgets trotz Kinostart kaum höher anzusiedeln sein. Denn das gebotene Kampfgetümmel ist zwar nicht weniger blutig, aber doch eher sparsam verteilt und lange Zeit begleitet man eben lediglich den Marsch der beiden Gefährten.
Was dabei in der ersten halben Stunde am Besten gelingt, nämlich der Aufbau einer angespannten, bedrohlichen Atmosphäre im Hinblick auf die hinter dem Wall lauernden Gefahren und Mysterien, erweist sich jedoch dann im weiteren Verlauf als klassisches Eigentor. Denn merke: Wer allzu große Erwartungen schürt, macht sich wenig Freunde, wenn er diese dann nicht mal ansatzweise erfüllen kann. Als beispielhaft sei zu diesem Punkt nur die Szene beschrieben, in der Marcus und Esca den Wachtposten am Wall passieren und bei der Verkündung ihres wahnwitzigen Vorhabens, gen Norden weiter reiten zu wollen, von den wissenden Soldaten nur ein mitleidiges Lächeln ernten. Allen außer den Beiden selbst ist nämlich völlig klar, dass sie von dort nie mehr zurückkehren, sondern unvermeidlich eines grausamen Todes sterben werden. Denn das was sie gleich erwarten wird, muss wohl das absolute Grauen sein, auf der Skala des Schreckens anzusiedeln irgendwo zwischen Fegefeuer und Musikantenstadl.
Doch zum allgemeinen Erstaunen (des Zuschauers, nicht der Reisenden) besteht das Land hinter dem Wall dann erstmal lange Zeit aus nicht viel mehr als unspektakulärer Gegend. Bis man einen Wald durchstreift, in dem man praktischerweise sofort auf genau den einen Überlebenden der Legion (Mark Strong) trifft, der die entscheidenden Hinweise für die weitere Suche geben kann. Flugs erreicht man den Eingeborenenstamm, der den heiligen Adler in seinem Besitz hat, und kommt dank Escas Heimatkunde eigentlich auch ganz gut mit den Kollegen aus. Eine Zeit lang spielt man dann als Fremde unter Barbaren ein paar Szenen aus "Der 13. Krieger" nach und so beschaulich würde es wohl noch ein paar Fressgelage lang weitergehen, wenn man halt nicht darauf bestehen müsste, dieses Adlersymbol doch bitte wieder nach Hause zu bringen. Ist aber eigentlich alles kein großes Problem und das einzig verbliebene Spannungsmoment ist zu diesem Zeitpunkt die Frage, auf welche Seite sich denn der zwischen zwei Welten hin und her gezogene Esca wohl schlagen wird.

Nee, meine Herren (denn Damen kommen hier nicht vor, zumindest nicht in Sprechrollen), das war irgendwie nix. Da habt Ihr durchaus gekonnt ein schönes Ausgangsszenario aufgebaut und uns den Mund wässrig gemacht auf das was da kommen mag, um dann doch nur biederste Hausmannskost abzuliefern. Ob dies dann dem zur Verfügung stehenden Etat (der ganze wilde Norden scheint nur aus einem einzigen Stamm zu bestehen) oder der Jugendbuch-Vorlage von Rosemary Sutcliff geschuldet ist, spielt dabei letztlich keine Rolle, denn das Ergebnis ist schlicht enttäuschend oder besser: Ernüchternd. Dass Channing Tatum ("Fighting", "Das Leuchten der Stille") dabei mehr physische als darstellerische Präsenz an den Tag legt, wird zwar noch einigermaßen durch den ewig jugendlichen und wesentlich charismatischeren Jamie Bell ("Billy Elliot") ausgeglichen. Viel mehr als ein paar hübsche Bilder hat "Der Adler der neunten Legion" aber insgesamt nicht auf der Habenseite zu verbuchen. Und entpuppt sich daher weniger als Historienspektakel denn als mäßig aufregender Kindergeburtstag.

Bilder: Copyright

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