Seit einigen Monaten erlebt 3D (nicht nur) in Deutschland einen Boom, der in "Ice Age 3" nun seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. In mittlerweile mehr als 100 deutschen Kinos jagt ein dreidimensionaler Scrat seiner geliebten Eichel hinterher; jeder vierte "Ice Age"-Besucher schaut in 3D. Doch nicht nur die großen Animationsschmieden setzen in Zukunft ("Coraline", "Oben") auf die neue alte Technik, auch der Horror erhält im Kino eine neue Dimension ("My Bloody Valentine 3D", "Final Destination: Death Trip"). Zudem könnte eine dritte Gattung von Film vom 3D-Geschäft profitieren: der (Tier-)Dokumentarfilm. "Profitieren", weil nun selbst größere Kinos Platz im Programm fürs solches Spartenmaterial schaffen; Hauptsache 3D. Und "könnte", weil schon auch noch die Qualität einigermaßen stimmen sollte. Was im Fall von "Dinosaurier live" einigermaßen eindeutig nicht der Fall ist.
40 Minuten nimmt sich Autor und Co-Regisseur David Clark Zeit (und unterbietet somit noch die Laufzeit einer Folge "Lost"), um dem Zuschauer verschiedene Story-Fetzen vor die Füße zu werfen. Von einer stimmigen Handlung kann beim besten Willen nicht die Rede sein. In schwarz-weißen 1920er-Bildern stellt man uns Roy Chapman Andrews vor, einen Pionier der Saurier-Forschung und angeblich Vorbild für die Figur des Indiana Jones. In die Wüste Gobi unternimmt er mehrere Expeditionen und stößt dabei auch auf das erste bekannte fossile Dinosaurier-Ei. Etliche Jahre später, also in der Gegenwart, nehmen die Paläontologen Mike Novacek und Mark Norell Ausgrabungen in New Mexico vor und machen eine womöglich sensationelle Entdeckung. Und das vor laufender Kamera - welch ein Glücksfall. Unterbrochen werden diese beiden Abenteurer-Geschichten immer mal wieder von kämpfenden animierten Dinos, Skeletten in nicht von Ben Stiller bewachten Museen sowie einigen mehr oder weniger interessanten Computer-Grafiken.
Okay, die eine oder andere nette Spielerei mit der 3D-Technik ist
dabei. Mal ragt der mehr als fünf Meter lange Hals eines Seismosaurus
scheinbar bis weit in den Kinosaal hinein; in anderen Momenten erhält
das Bild eine enorme Tiefe, was die mitunter einzigartigen Naturlandschaften
noch sehenswerter macht. Das überbietet dann auch die kleinen
3D-Spielereien, über die "My Bloody Valentine" nie
hinaus gekommen ist, und nutzt die Möglichkeiten der Technik
sinnvoll.
Der
Rest dieses kurzen Films allerdings rechtfertigt nahezu alles, nur
keine Vorführung in einem Kinosaal. Die Animationen sind grundsätzlich
von solch schlechter Qualität, dass man selbst bei einer sicherlich
billigeren TV-Produktion Höherwertigeres zu sehen bekommt.
Der Lerneffekt hält sich arg in Grenzen. Das Meiste wird man
vermutlich eh schon mal gehört haben, denn mehr als an der
Oberfläche gekratzt wird hier auch nicht. Wie denn auch, in
nur 40 Minuten. Zudem brechen die Informationen so unsortiert und
in keinster Weise aufgearbeitet über den Zuschauer herein,
dass es auch kaum möglich ist, längerfristig irgendwelches
neue Wissen zu speichern. Ziemlich veräppelt darf man sich
dann auch noch vorkommen, wenn man das Ticket für "Dinosaurier
live" löst, größtenteils jedoch nur Forschern
im Jetzt und Damals bei ihrer Arbeit zusehen darf. "Paläontologie
live" wäre der passendere Titel gewesen.
Diese nicht langweilige, aber auch nie sonderlich unterhaltsame und informative Dino-Doku wirkt wie ein Relikt aus alten Zeiten; mit unzeitgemäßen Animationen und im Aufbau wie einer jener schlichten Filme, die manchmal auf kleinen Bildschirmen in Museen laufen. In solch einem wäre "Dinosaurier live" auch besser aufgehoben gewesen. Dazu gibt's dann vielleicht noch eine billige 3D-Pappbrille mit grünem und rotem Fenster - eben wie in alten Zeiten.
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