Ein ungezähmtes Leben

Originaltitel
An unfinished life
Land
Jahr
2005
Laufzeit
108 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Margarete Prowe / 27. Dezember 2010

Schuld, Vergebung und untypische Familien sind Themen, die dem schwedischen Regisseur Lasse Hallström am Herzen liegen. Neben seinen Filmen "Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa", "Gottes Werk und Teufels Beitrag" und den "Schiffsmeldungen" passt auch das neueste Drama "Ein ungezähmtes Leben" mit Robert Redford in diese Kategorie. Obwohl man Redford auf einem Pferd im Wilden Westen der USA sieht, ist "Ein ungezähmtes Leben" keine schlechte Neuauflage des "Pferdeflüsterers". Stattdessen ist es ein ordentliches Familiendrama, welches mit deutlich weniger Pathos daher kommt als der Film mit dem verletzten Pferd und Scarlett Johansson.

Die von ihrem Freund misshandelte Jean (Jennifer Lopez) flieht mit ihrer Tochter Griff (Becca Gardner) zu ihrem Schwiegervater Einar Gylkison (Robert Redford) auf seine Farm in Wyoming. Doch Einar ist alles andere als glücklich, die beiden zu sehen. Vor zehn Jahren verschuldete Jean einen Autounfall, bei dem sein einziger Sohn starb, wofür er ihr nie vergeben hat. Nicht einmal seine neu gefundene Enkelin kann zunächst seine Ablehnung überwinden. Einars Ranch ist mit den Jahren verkommen, und er muss sich um seinen Cowboy Mitch (Morgan Freeman) kümmern, der von einem Bär angefallen wurde und seitdem nur noch mit Morphium sein Leben ertragen kann. Genau dieser Bär wird nun gefangen und kommt in den kleinen Zoo der Stadt - womit sich nun auch Mitch ebenso wie sein Boss mit den dunklen Flecken in seiner Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Schuld ist das zentrale Thema, welches die meisten der Protagonisten in diesem Film verbindet. Jeder hat etwas falsch gemacht und damit andere verletzt, oder wird es innerhalb der 108 Minuten Spielzeit tun. Im Ausspielen dieses Gefühls liegt der größte Reiz von "Ein ungezähmtes Leben". So sind auch die Schauspieler dann am besten, wenn sie mit sich und anderen hadern und versuchen, wieder funktionierende Beziehungen zu den Menschen um sie herum aufzubauen. Robert Redfords Wut und Verbitterung ist ebenso präzise porträtiert wie Morgan Freemans versehrter Cowboy, der dem Bär, der ihn so folgenschwer verletzt hat, trotz aller Ängste ins Auge blicken möchte. Jennifer Lopez ist nicht durchweg überzeugend, doch stört sie hier auch nicht wirklich.
Die Dialoge sind überwiegend pointiert und passend, besonders die gelungenen und amüsanten Szenen mit der kleinen Griff sind positiv herauszustellen - gerade deshalb, weil man in Hollywood-Filmen selten genug echte Freude an Kinderdarstellern haben kann. In diesem Falle verwundert das allerdings nicht wirklich, da Regisseur Hallström uns in der Vergangenheit schon die zauberhaften Astrid-Lindgren-Adaptionen "Wir Kinder aus Bullerbü" und "Neues von uns Kindern aus Bullerbü" bescherte.
Einen unnötigen Schnitzer hat man sich mal wieder beim deutschen Filmtitel geleistet: Der Originaltitel "An unfinished Life" (Ein unvollendetes Leben) steht nicht nur auf dem Grabstein von Einars Sohn, sondern auch sinnbildlich für die anderen Protagonisten des Films, die seit diesem Todesfall wenig vollbracht haben. "Ungezähmt" hingegen passt wohl einzig zu dem gefangenen Bären.

Die Geschichten, die sich um Jeans Liebesleben drehen, sind leider nicht so gut geschrieben und umgesetzt wie der Rest des Films. Die Geschehnisse nach der Ankunft ihres schlagenden Freundes sind recht unbefriedigend und die Auflösung dieser Episode ziemlich unglaubwürdig. Ebenso ist ihre neue Liebesgeschichte mit dem Polizisten des Städtchens, der kaum näher vorgestellt wird, eher unausgereift und hätte durchaus weg gelassen werden können. Diesen unnötigen Subplot muss man wohl als Zugeständnis an den Mainstream sehen, schließlich handelt es sich um eine große Studioproduktion. Ein kleiner Indie-Film hätte wohl darauf verzichtet, aber der wäre dann vielleicht auch nur auf Robert Redfords Sundance-Filmfestival gelaufen.

So sind die Episoden um Jean und ihr Liebesleben die einzigen echten Schwachpunkte des Films: Dies ist kein Streifen, der á la "Der Feind in meinem Bett" von einem gewalttätigen Mann dominiert wird, und eigentlich auch kein wirklicher Liebesfilm. Stattdessen ist "Ein ungezähmtes Leben" ein von nachvollziehbaren Gefühlskomplexen, guten Schauspielern und schönen Ideen und Bildern getragenes Familiendrama, welches als solches den Zuschauer auch durchaus zu berühren weiß. Und das ist doch schon mal etwas.


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