Genug gesagt

Originaltitel
Enough said
Land
Jahr
2013
Laufzeit
93 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Frank-Michael Helmke / 26. November 2013

Man muss es zugeben: "Genug gesagt" ist ein Film für Kritiker und Film/Serien-Geeks. Die finden ihn toll. Es ist indes schwer zu verkaufen, warum. Als Pro-Argumente reicht den besagten Fachleuten bereits die Anwesenheit der beiden Hauptdarsteller: "Seinfeld"-Veteranin Julia Louis-Dreyfus hat zwar nie eine wirklich große Rolle bekommen, doch in den kleinen, die sie spielt, ist sie immer großartig. Und was James Gandolfini betrifft, der in seiner legendären Rolle als Tony Soprano zu einer Ikone der modernen Fernsehgeschichte avancierte, Genug gesagtso sollte man sich "Genug gesagt" schon allein deswegen ansehen, weil es quasi sein Vermächtnis ist - nach Gandolfinis viel zu frühem Tod im Juni 2013 wird im kommenden Jahr nur noch ein Film mit ihm erscheinen - und weil Gandolfini hier einen ganz anderen Part gibt, als man es sonst von ihm gewohnt war.

Als Pro-Argumente dienen zudem die ungemein genaue Beobachtungsgabe, mit der Autorin und Regisseurin Nicole Holofcener ihre Figuren zu wahrhaftigem Leben erweckt, und die klugen und gelegentlich extrem gewitzten Dialoge, die aus dieser recht alltäglichen Beobachtung ein erstaunliches Vergnügen machen. Dagegen stehen allerdings nicht zu leugnende Contra-Argumente - vornehmlich dieses: Die Geschichte dieses Films ist weder interessant, noch spannend, noch originell. Und tatsächlich so banal, dass es sich eigentlich nicht lohnt, sich einen Film darüber anzusehen. Wenn er halt nur nicht so schön und charmant gemacht wäre.

Louis-Dreyfus spielt Eva, eine geschiedene Frau "in den besten Jahren", die als Masseurin arbeitet und sich schwer damit tut, den anstehenden Abschied ihrer Tochter gen College zu akzeptieren. Auf einer Party macht Eva zwei neue Bekanntschaften: Die Poetin Marianne (Catherine Keener), die im Folgenden erst zu einer neuen Klientin und dann zu einer echten Freundin für Eva wird, sowie den sympathischen Albert (James Gandolfini), Genug gesagtder sich um ein Date mit Eva bemüht und sich als eine verwandte Seele erweist. Ebenfalls geschieden, ebenfalls mit einer Tochter auf dem Weg gen College, und mit einem ähnlichen Sinn für Humor gesegnet. Eva und Albert kommen sich näher und werden ein Paar, und eigentlich ist alles wunderbar. Indes erzählt Marianne bei ihren Treffen mit Eva immer wieder von ihrem Ex-Mann und dessen schlechten Seiten und nervigen Angewohnheiten, an denen letztlich ihre Beziehung scheiterte.

Wo in dieser Geschichte der eine, relevante und entscheidende Twist liegt, lässt sich leicht erahnen, vor allem wenn man sich "Genug gesagt" ansieht und nach der ersten halben Stunde denkt: Das ist ja wirklich alles sehr nett, aber wo bitte ist hier das Problem? Das Problem und die Konsequenzen daraus sind dann allerdings auch die größte Schwachstelle des Films, denn selbst wenn man zugute hält, wie authentisch und lebensnah die Figuren hier gezeichnet sind und dass es nunmal so ist, dass selbst lebenserfahrene und kluge Menschen sich beizeiten ziemlich töricht verhalten in Beziehungsfragen, so bleibt es doch mehr als unverständlich, warum Eva nicht einfach Tacheles redet nachdem ihr aufgegangen ist, welche Verbindung es zwischen den beiden neuen Menschen in ihrem Leben gibt. 

Dass sie das eben nicht tut, ist überdeutlich der Versuchsanordnung des Films geschuldet, denn es geht in "Genug gesagt" eben zentral um die Vorsicht, mit der Menschen jenseits der 40 und der prägenden Erfahrung einer gescheiterten Ehe sich auf die Möglichkeit einer neuen Liebe einlassen. Genug gesagtEmotional angeschossen und desillusioniert von den Realitäten einer längeren Beziehung neigt man dazu, dem Braten nicht zu trauen, die Fehler im anderen zu suchen, bevor man sich emotional zu sehr auf ihn einlässt und dann nachhaltig verletzt werden könnte. Es ist nachvollziehbar und verständlich, wie und warum Eva auf einmal anfängt, Dinge an Albert festzustellen, die ihr eine Beziehung mit ihm versalzen könnten. So richtig mit ihr mitgehen kann man dabei aber trotzdem nicht, weil man eben auch genau weiß, dass nichts davon wirklich Grund genug ist, eine Beziehung scheitern zu lassen, sofern denn echte Liebe im Spiel ist. 

"Genug gesagt" ist auch in dramaturgischer Hinsicht ein kleiner Film, weil seine zentrale Handlung in kompakter Form auch in eine Sitcom-Episode passen würde. Er gewinnt etwas mehr Substanz (und Länge) durch seine fein beobachteten Nebenstränge, wie das sehr innige Verhältnis von Eva zu ihrer Tochter und die ganz eigene Eifersuchtsgeschichte, die sich auf diesem Subplot entfaltet. Und er wird eben herausragend getragen durch die zurückhaltende, wundervoll nuancierte Vorstellung von James Gandolfini und seiner großartigen Chemie mit Julia Louis-Dreyfus. Das macht "Genug gesagt" zu einem Vergnügen, auch wenn es hier um nicht mehr als die Luxusprobleme einiger Mittelschichts-Mitvierziger geht. 

Bilder: Copyright

8
8/10

Gern stimme ich dem Rezensenten zu. Unterhaltsam, gewissermaßen kurzweilig anzuschauen ist der Film. Und immer wieder kommen kleine Aha-Erlebnisse aus dem eigenen Leben zum Vorschein. Habe den Abend (der Preview) keineswegs bereut - im Gegenteil!

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