Habemus Papam - Ein Papst büxt aus

Originaltitel
Habemus Papam
Land
Jahr
2011
Laufzeit
110 min
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 22. Oktober 2011

Papam 1Weißer Rauch steigt auf über dem Petersdom: Ein neuer Papst wurde demnach gewählt und soll nun der gespannt wartenden Menge präsentiert werden. Doch Kardinal Melville (Michel Piccoli), der Mann den es getroffen hat, erleidet eine plötzliche Panikattacke und ist nicht in der Lage sich dem Volk zu zeigen. Der Vorhang auf dem berühmten Balkon schließt sich wieder, ohne dass die Öffentlichkeit erfahren hat, wer das neue Oberhaupt der katholischen Kirche ist. Denn gewählt ist Melville bereits und angenommen hat er die Wahl auch, daher gibt es kein Zurück mehr, sondern für die besorgten Kardinäle und Vatikan-Mitarbeiter lediglich die Option, den verunsicherten neuen Papst mit Ruhe und Überzeugungskunst wieder zum „Funktionieren“ zu bringen. Da sich dieses Vorhaben jedoch als äußerst schwierig erweist, zieht man bald die Hilfe eines renommierten Psychologen (Nanni Moretti) hinzu, doch auch der kann letztlich keine entscheidende Verbesserung erreichen. Dem Wunsch Melvilles, hinaus in die Stadt zu gehen und dort zu sich selbst zu finden, gibt man natürlich nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen statt, doch der verhinderte Pontifex nutzt die erstbeste Gelegenheit um in der Menge unterzutauchen. Einer Menge, die ja noch nicht weiß, dass der frisch gewählte Papst persönlich unter ihnen wandert. Der Gemütszustand, der daraufhin unter den wenigen informierten Würdenträgern um sich greift, ist mit „Panik“ nur unzureichend beschrieben.

 

Selbst für den hartnäckigsten Atheisten birgt das Ritual der Papstwahl zweifelsohne etwas Faszinierendes in sich, und wenn dann zu einem vorher ungewissen Zeitpunkt endlich der weiße Rauch aufsteigt und freudig verkündet wird „Habemus Papam“ - „Wir haben einen Papst“, dann schaut die Welt gebannt zu. Der italienische Filmemacher Nanni Moretti beginnt seinen Film mit Originalbildern von der Trauerfeier für den 2005 verstorbenen Papst Johannes Paul II. und spinnt dann eine Geschichte weiter, in der ein zweifelnder und unsicherer Mann gewählt wird, der sich den Anforderungen des Amtes nicht gewachsen sieht.

In der Rolle des unglücklichen Melville gibt sich der große französische Schauspieler Michel Piccoli die Ehre, der hierzulande schon mehrere Jahre nicht mehr im Kino zu sehen war. Piccoli verleiht seiner Figur dabei zwar eine große Sanftmut und Wärme, kommt aber bei der Frage nach deren Beweggründen selbst in Erklärungsnot („er sucht einen Weg“), denn so richtig wird hier leider nie deutlich, was Melville denn nun eigentlich will oder was ihn plötzlich von der Ausübung des Amtes abhält, das er kurz zuvor noch mit „Ja, ich nehme die Wahl an“ bestätigt hatte. Es sind nicht mehr als diffuse Erinnerungen an seine Jugend, den ungelebten Traum, ein Mann des Theaters zu werden, denen er sich stattdessen hingibt, und das Unverständnis seiner Getreuen ist durchaus verständlich. Papam 2

 

Das Reizvolle an „Habemus Papam“ ist daher auch weniger das fragile Innenleben des neugewählten Papstes, sondern in erster Linie der Blick hinter die Kulissen, ins Innere des Vatikanstaates und des geheimnisumwitterten Konklave. Und so amüsant dieser Blick geraten ist, stellt sich doch die Frage wieviel bzw. wenig man davon für bare Münze nehmen darf. Denn im Petersdom selbst durfte natürlich nicht gedreht werden und die katholische Kirche war auch nicht weiter in den Film involviert. Aus Rom konnte allerdings die Kunde vernommen werden, dass man dort recht angetan von dem Film sei und nicht viel zu kritisieren hätte. Das überrascht deshalb, weil die Bedenken im Vorfeld dort mit Sicherheit groß waren, hatte sich doch Regisseur und Drehbuchautor Nanni Moretti in Italien zuvor den Ruf eines eher unbequemen Filmemachers erworben, dessen Spezialität es war mit bösem Spott Gesellschaftskritik zu üben und sich über die politische Linke oder den Ministerpräsidenten Berlusconi („Der Italiener“, 2005) lustig zu machen.

Papam 3

Nicht so hier, denn der Nicht-Gläubige Moretti liefert einen geradezu liebevollen Film ab, mit offensichtlich großer Sympathie für ein paar alte und leicht weltfremde Männer, die sich beim Kartenspiel streiten oder bei einem als Beschäftigungstherapie organisierten Volleyballturnier nahezu in Ekstase geraten. Über die etwas ernsteren Aufgaben und Probleme der katholischen Kirche, die in den letzten Jahren die öffentliche Diskussion dominierten, verliert er dagegen kein einziges Wort. So ist der Film deutlich mehr Komödie als Drama, regt durchgehend zum Schmunzeln an über die etwas unbeholfenen, aber immer sympathischen Greise. Da sich Moretti zudem die Rolle des im Petersdom vorübergehend festsitzenden Psychologen, der sich als pragmatische, galante und weltoffenste aller Figuren entpuppt, gleich selbst auf den Leib geschrieben hat, darf man dahinter dann schon eine gehörige Portion Narzissmus vermuten.

 

Ein netter Film für dessen Macher selbst also und ein hübscher und angenehmer für die katholische Kirche. Amüsant ist das ganze zweifellos auch für das Publikum, jedenfalls so lange bis es gilt die zentrale Frage der Handlung dann doch irgendwann mal aufzulösen: Kommt er nun also zurück, der neue Papst, oder nicht, und was wird er tun? Die Auflösung des Dilemmas entpuppt sich dann zwar einerseits als überraschend konsequent, sie passt aber andererseits leider überhaupt nicht zum bis dahin so heiteren Grundton des Films. Am Ende dürfte der Betrachter daher eine gewisse Seelenverwandtschaft mit der wartenden Menge auf dem Petersplatz fühlen - denn er bleibt etwas ratlos und erstaunt zurück.

Bilder: Copyright

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