Alles hat ein Ende. Der Karneval an Aschermittwoch, "Ben
Hur" irgendwann jenseits der vier Stunden, und auch
die Lindenstraße
wird eines schönen Tages eingestellt werden.
Ebenfalls ein
Ende hat das "View Askewniverse", jener Mikrokosmos
mit Stammsitz
in Red Bank, New Jersey, dem bisher alle Filme von
Kevin Smith
entsprungen sind. Denn
der Independent-Held und Schöpfer solcher
Filmjuwelen wie
"Clerks"
und "Chasing Amy"
ist, wie seine letzten beiden Streifen recht
deutlich bewiesen
haben, seinem Ursprungsterritorium des dreckigen
Wortschatzes
und der Furzwitze eigentlich längst entwachsen.
Problem nur:
Smith hat sich eine inzwischen recht beachtliche
Fangemeinde
angelacht, für die es kaum größere Helden gibt als
sein legendäres
Stoner-Duo Jay und Silent Bob. Es spricht für die
enorme Bodenständigkeit
Smith' und seine Nähe zur Fanbasis, dass er zum
Abschluss
des "View Askewniverse" einen Film gemacht hat, der
sich einzig
um seine beiden Kultfiguren dreht, als eine Art
Dankeschön
an die Fans. Leider ist "Jay & Silent Bob strike
back" wirklich
nicht viel mehr, lässt somit jegliche Substanz
vermissen und
verbleibt als zwar gute, aber relativ belanglose
Komödie.
Als unbegründet entpuppt sich indes die Vermutung,
dass sich
in diesem Film nur echte Smith-Fanatiker amüsieren
können.
Die Anzahl der In-Jokes ist in einem erträglichen
Maße gehalten,
allerdings dürfte es für Smith-Unkundige etwas
verwirrend
sein, dass sowohl Jason Lee als auch Ben Affleck
zweimal auftreten,
als unterschiedliche Charaktere. Da ein Großteil der
früheren
Smith-Figuren hier zumindest Kurzgastspiele haben,
sind Mehrfach-Auftritte
von "View Askewniverse"-Veteranen kaum zu vermeiden.
Und so
treffen wir unsere beiden Dope-dealenden Helden am
Anfang
dieser Abschiedstour auch wieder da, wo sie
hingehören: Vor
dem Quick Stop Grocery Shop, seit "Clerks" der wohl
berühmteste
Minimarkt der Welt. Dessen Stammbedienstete Dante
und Randal
haben indes genug von den beiden Nervensägen und
verpfeifen
sie bei der Polizei. Wenig erfreut über diesen
Standortverlust
schauen Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin
Smith himself)
im Comicladen ihres Kumpels Brodie vorbei (Jason Lee
zum ersten,
als sein Charakter aus "Mallrats"), der ihnen
steckt, dass
aus dem berühmten Bluntman & Chronic-Comic von
Banky Edwards
(Jason Lee zum zweiten) und Holden McNeal (Ben
Affleck zum
ersten), für den die beiden Kleindealer als Vorlage
dienten
(siehe dazu "Chasing Amy"), ein Film gemacht werden
soll.
Ziemlich entrüstet über die Tatsache, dass sie dafür
keinen
Pfennig Geld sehen und zudem provoziert durch Horden
von kleingeistigen
Arschlöchern, die auf Film-Websites böse Sprüche
über ihre
Alter Egos ablassen, machen sich Jay und Silent Bob
auf nach
Hollywood, um die Produktion des Films zu
verhindern.
Und das ist dann eigentlich schon die Handlung.
Ziemlich lose
reihen sich von nun an diverse Eskapaden aneinander,
welche
den Beiden auf ihrem Road Trip wiederfahren,
angefangen bei
der Begegnung mit einer Bande extrem heißer
Diamanten-Diebinnen
(u.a. Shannon Elizabeth und Ali Larter), über die
Entführung
eines schlagkräftigen Orang Utans bis hin zur
unfreiwilligen
Gründung einer terroristischen Bewegung mit dem
schönen Kürzel
CLIT. Das ist alles ziemlich albern, halbwegs
lustig, aber
nicht sonderlich interessant. Recht schnell wird
deutlich,
dass es Smith in diesem Falle wirklich nicht darum
ging, irgend
etwas konkretes rüberzubringen, sondern einfach nur
einen
möglichst komischen Film abzuliefern. Was leider nur
partiell
gelingt: Da so ziemlich jedem Brüller der größere
Zusammenhang
fehlt, bewegen sich die zahlreichen Sex-, Furz- und
Dope-Witze
ungefähr auf dem Niveau jener Teenie-Filme, für die
Smith
inzwischen eigentlich nicht nur zu reif, sondern
auch zu gut
ist. Sein größtes Talent, das Schreiben grandioser
Dialoge,
die aufgrund ihrer cleveren Alltäglichkeit einen
ganz eigenen
Witz entwickeln, lässt Smith hier fast vollständig
schleifen
und wird seine größten Fans daher, bei all der guten
Absicht,
mit diesem Film letztlich enttäuschen.
Nur wenige konkrete Seitenhiebe bringen ein bisschen
Aussage
in diesen oberflächlichen Spaß, die besten (und sehr
gerechtfertigten)
gehen dabei in Richtung all jener Dorftrottel, die
die Anonymität
des Internets dazu missbrauchen, hemmungslos und
ohne Sinn
und Verstand auf anderen Leuten rumzuhacken (ein
jeder Website-Betreiber
kann ein trauriges Lied davon singen). Entsprechend
geht im
Abspann dann auch noch ein spezieller Gruß an die
Leute aus
der Talkback-Rubrik von Harry Knowles' "Aint it cool
News",
wo sich besonders erbärmliche Exemplare dieser Art
herumtreiben.
Während
die Reise von Jay und Silent Bob über den
amerikanischen Kontinent
doch eher wenig unterhaltsam und recht langatmig
daher kommt,
wird man (zumindest, was den Spaß-Pegel betrifft)
für so einiges
entschädigt, wenn das dynamische Duo endlich in
Hollywood
ankommt. Ein kurzer Abstecher zu den Dreharbeiten
von "Good
Will Hunting 2: Hunting Season", wo sich Matt Damon
und Ben
Affleck (zum zweiten, diesmal als er selbst)
gegenseitig wegen
ihrer jeweiligen Filmografie zur Sau machen, wird
jeden Filmfreund
mehr als einmal herzhaft auflachen lassen. Die
anschließende
Konfrontation mit den Darstellern von Jay und Silent
Bob im
geplanten Bluntman & Chronic-Film, Jason
"American Pie" Biggs
und James "Dawson's Creek" van der Beek, wird
eigentlich nur
noch getoppt vom unausweichlichen Set-Besuch (mit
Chris Rock
als Regisseur), und dem Bong-Laserschwert-Gefecht
mit Mark
Hamill himself. Ganz großes Kino.
Trotzdem ist es doch relativ offensichtlich, warum
Jay und
Silent Bob in den vorrangegangenen vier Smith-Filmen
immer
nur Nebenfiguren waren: Sie sind schlichtweg nicht
mehr als
Gag-Lieferanten, und ihr eigener Film kann daher
auch nicht
mehr sein als komisch, aber hohl. Ob das ein
würdiges letztes
Kapitel des "View Askewniverse" ist, darüber lässt
sich diskutieren.
Aber Schluss ist endgültig. Und wer geglaubt hat,
nur Gott
könne dieses Buch schließen: Niemand anderes tut es.
Auch
wenn man dafür bis zur wirklich allerletzten Sekunde
des Films
warten muss.
Originaltitel
Jay and silent bob strike back
Land
Jahr
2001
Laufzeit
95 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
Neuen Kommentar hinzufügen