Jersey Girl

Originaltitel
Jersey Girl
Land
Jahr
2004
Laufzeit
102 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 11. Juni 2010

Irgendwann kommt für uns alle der Zeitpunkt, an dem man endlich erwachsen werden muss. Wo der Ernst des Lebens sich endgültig durchsetzt und Schluss ist mit dem spätpubertären Gehabe. Bei vielen ist das spätestens dann der Fall, wenn der erste eigene Nachwuchs das Licht der Welt erblickt, und so war es auch für Kevin Smith, seines Zeichens einer der größten Helden des amerikanischen Independent-Kinos der 90er Jahre. Seit seinem Debüterfolg "Clerks" ist Smith bekannt für clever-knackige Dialoge, unkonventionelle Storys (bestes Beispiel: seine Religions-Satire "Dogma") und vor allem einen konsequent vulgären Humor von "Schwanz- und Furz-Witzen", der auch bei den ernsthaftesten Themen dafür sorgte, dass der Tonfall zu Smiths slacker-Generation passte, die sich standhaft weigert, erwachsen zu werden.
Doch diese Zeiten scheinen vorbei. Nachdem er sich mit seinem letzten Film "Jay & Silent Bob schlagen zurück" auf albernste Weise von seinem legendären Stoner-Duo verabschiedet hat, schlägt der Ehemann und Vater Kevin Smith nun reifere Töne an - droht allerdings mit diesem Abschied von seiner Slacker-Welt in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Denn "Jersey Girl" hat zwar immer noch Smiths unverkennbaren Dialog-Stil, aber leider auch eine Story, die an Konventionalität und Klischees kaum noch zu überbieten ist.

Im Zentrum steht der Yuppie Ollie Trinke (Ben Affleck), als mächtig erfolgreicher Popmusik-Publizist in New York ausgestattet mit einem Traumjob, einer Traumwohnung und einer Traumfrau in Gestalt seiner Kollegin Gertrude Steiney (Jennifer Lopez). Das junge Glück scheint perfekt, der erste Nachwuchs ist auf dem Weg - doch das Schicksal schlägt unbarmherzig zu, als Gertrude bei der Geburt stirbt. Völlig aus der Bahn geworfen bricht Ollies Leben zusammen, und ein paar Jahre später findet er sich ohne ordentliche Wohnung oder Job im Hause seines verschrobenen Vaters (George Carlin) in der Provinz von New Jersey wieder, wo er sich in seiner Rolle als allein erziehender Daddy seiner Tochter Gertie (Raquel Castro) zurechtzufinden versucht.

Wer mit Smiths bisherigem Werk halbwegs vertraut ist, wird angesichts des folgenden Filmverlaufs recht ungläubig den Kopf schütteln, denn die Geburt seiner eigenen Tochter scheint bei Smith alle Kanäle für Schmalz und Familienkitsch geöffnet zu haben. Da gibt's dann rührselige Vater-und-Kind-Momente in rauen Mengen, eine herzallerliebste Ersatz-Mama in Figur der Videothekarin Maya (Liv Tyler), und einen moralinsauren Höhepunkt, den Smith völlig schamlos aus einer eingestaubten Klischeekiste herauskramt, an die sich selbst ideenlose Hollywood-Produktionen nicht mehr herantrauen - entsprechend ist das Ende auch meilenweit abzusehen und verpufft reichlich wirkungslos.
Die Story von "Jersey Girl" kommt derart konventionell daher, dass man in der Tat befürchten muss, dass sich Smith als Windeln wechselnder Jungpapa als ebenso zahnlos erweist wie ein neugeborener Säugling. Für seine Ehrenrettung sorgen Gott sei Dank hier und da eingestreute Dialog-Perlen, die Smiths bekannte Talente immer wieder im Familienkino-Babybrei aufblitzen lassen und zumindest für einen Moment die öde Flachheit der Story vergessen machen. Das sorgt allerdings auch für eine ziemlich krude Mischung, denn so ganz konnte Smith seine offenherzige Vorliebe fürs Profane nicht ablegen: Auch wenn er eine kindgerecht-süße Variante von "toilet humor" hinbekommt - "Jersey Girl" ist sicherlich der erste rührige Familienfilm, in dem über Pornos und Selbstbefriedigung geredet wird.
Wie nicht anders zu erwarten, erweist sich Ben Affleck in der Hauptrolle ebenfalls nicht als Pluspunkt für den Film: Zwar kann sich Smith rühmen, so ziemlich der einzige Regisseur zu sein, der aus Affleck jemals eine wirklich überzeugende Schauspiel-Vorstellung herausgeholt hat (siehe "Chasing Amy"), wiederholen kann er diesen Erfolg hier aber nicht. Afflecks extrem begrenzte Fähigkeiten sind gerade bei den tief emotionalen Szenen eher ein Grund für unfreiwillige Komik als für überzeugendes Drama und wecken unrühmliche Erinnerungen an das doppelte Schauspiel-Desaster "Armageddon"/"Pearl Harbor".
Übrigens: Dass "Jersey Girl" hierzulande mit gut einem halben Jahr Verspätung im Vergleich zu Rest-Europa anläuft, kann als Versuch des Verleihers interpretiert werden, der miesen PR durch die Präsenz des Duos Affleck/J.Lo zu entgehen: "Jersey Girl" entstand, als die beiden Stars gerade frisch verliebt waren und somit vor dem beispiellosen Boulevardpresse-Overkill, der in den Folgemonaten nicht nur ihre Beziehung, sondern nachhaltig wohl auch beider Karrieren ruiniert hat.
Dementsprechend wurde an dem Film auch mächtig herum geschnitten: Als Ben & Jen verliebt und in aller Munde waren, überzeugte Miramax-Boss Harvey Weinstein Smith davon, Lopez' Part in der Endfassung deutlich auszubauen - was nach dem Ende des Traumpaars und dem Desaster ihres vorherigen Films "Gigli" schnell wieder rückgängig gemacht wurde. Nun darf Frau Lopez wieder nach einer Viertelstunde das Zeitliche segnen. Besser ist das wohl. Seltsam präsent bleibt sie dennoch für den Rest des Films, und nicht etwa, weil der selige Schatten seiner geliebten Frau in Ollie Trinkes Zügen zu bemerken wäre (bitte, wir reden hier von Ben Affleck!), sondern weil sich Raquel Castro in der Rolle der kleinen Gertie als fast schon unheimliche Reinkarnation der Latino-Diva erweist: Als hätte man einen Klon der fünfjährigen Lopez angefertigt, hoppelt Castro wie eine "J.Lo-in-klein"-Puppe durch den Film und sorgt immer wieder für Staunen, wie die Casting-Crew dieses Ebenbild ihrer Filmmama gefunden hat. Fast schon müßig zu erwähnen, dass Castro der heimliche Star von "Jersey Girl" ist und ihren Filmpapa Affleck gnadenlos an die Wand spielt - was ohnehin nicht sehr schwierig ist. Weitaus überzeugender bei den Erwachsenen sind Liv Tyler als quirlig-kichernde Maya und Standup-Comedy-Urgestein George Carlin als raubeiniger Großvater.

Auch wenn man sich nach dem Film bevorzugt an die treffenden Dialog-Highlights und die besten Szenen erinnert (besonders ein Kurzauftritt von Will Smith sorgt immerhin für eine überaus gelungene Einleitung für den überaus abgegriffenen Showdown): Diese können letztendlich nicht verhehlen, dass "Jersey Girl" eine unnötig rührselige, stellenweise grausam konventionelle Familienkomödie ohne rechten Biss oder zündende Ideen ist, welche die Stärken und Talente ihres Machers über weite Strecken vermissen lässt. Wenn das der erwachsene Kevin Smith ist, dann wollen wir den unreifen Slacker zurück. Und zwar sofort.


9
9/10

zu Jersey Girl - 25.02. !

liebenswerter Film mit einer hervorragenden Mini-"J Lo" Raquel Castro, hoffe, man sieht noch mehr von Ihr. Ist Ihnen ein weiterer Film mit Ihr bekannt, sie ist ja wirklich ein Naturtalent und eine wahre Reinkarnation von J Lo !!!

mfG A.Kretschmer

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8
8/10

Kann der mittelmäßigen Kritik nicht zustimmen. Der Film ist unterhaltsam und macht Spass. Das Ende mag vielleicht ein wenig kitschig sein, doch ich stehe auf solche Enden, die tief ins Herz gehen und einen erfreuen.
Dafür werden Filme gemacht. Das Leben ist schon grau genug.
Also hört auf zu meckern.

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8
8/10

Ich liebe diesen Film. Er ist menschlich, liebenswert und bezaubernd. Kevin Smith kann eben nicht nur witzig. Warum er in der Rezension nur 5 Augen bekommen hat verstehe ich bis heute nicht.

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