Lang lebe Ned Devine

Originaltitel
Waking Ned
Jahr
1998
Laufzeit
91 min
Genre
Regie
Bewertung
7
7/10
von Frank-Michael Helmke / 27. Februar 2011

Tullymore ist ein verschlafenes Fischerdorf irgendwo am Rande der "Isle of Man". Eines Tages schlägt bei einem der 52 Einwohner das Glück in Form eines Lottogewinns ein. Die beiden in die Jahre gekommenen Freunde Jackie (Ian Bannen) und Michael (großartig: David Kelly) haben durch eine Zeitungsnotiz erfahren, daß der Gewinner aus ihrem Dorf kommen muß. Sie bemühen sich, den Glückspilz ausfindig zu machen, um rechtzeitig "Freundschaft" mit ihm zu schließen und so das Glück bzw. das Geld mit ihm zu teilen. Nach einigen mißglückten Versuchen stellt sich jedoch heraus, daß der Gewinner - der alte Ned Devine - längst tot ist: gestorben vor dem Fernseher, den Lottoschein noch in der Hand, wurde er "von den Kugeln aus dem Leben geworfen". Nachdem Jackie und Michael hinter dieses Geheimnis gekommen sind, beschließt Jackie, sich als Ned Devine auszugeben, um das Geld von der Lottogesellschaft abzukassieren. Doch der Lottobote kommt früher als erwartet, und so muß plötzlich der schrullige Michael unfreiwillig Ned Devine spielen.

Kirk Jones´ Film ist zum einen eine temperamentvolle und temporeiche Komödie, deren Nuancen von (heiterer) Besinnlichkeit bis hin zum schwarzen Humor reichen. Schon die skurrilen Figuren und ihre Beziehungen untereinander sorgen für ein beständiges Schmunzeln beim Zuschauer. So zum Beispiel der etwas weltfremde Pig Finn, der seine Schweine über alles liebt und trotz intensiver Wäsche schon selbst wie ein Schwein riecht, was seine Freundin Maggie wiederum davon abhält, ihn zu heiraten. Oder der junge Aushilfspfarrer, der Maggies zehnjährigem Sohn an praktischer Weltklugheit unterlegen ist. Oder die alte "Hexe" Lizzy, die ihre Mitmenschen mit ihrer schlechten Laune tyrannisiert. 
Zum Anderen ist es ein poetischer Film, der von der wunderbaren Freundschaft zweier Männer handelt, die gemeinsam alt geworden sind, und die immer dann jung wurden, wenn sie zusammen lachten.
Poetisch ist der Film in seiner Bildkomposition: Die teils weite, teils felszerklüftete Landschaft der "Isle" wird untermalt von irischer Folkmusik, die teils besinnlich, teils schwungvoll ist und sich gegen Ende des Films, korrespondierend mit einer raschen Schnittfolge, ihrem Höhepunkt nähert. Auf dieser Ebene ist der Film eine Hommage an das Land, seine Menschen, das Leben und die Freiheit.

Und diese Freiheit, das ist Tullymore selbst. Abgeschlossen von der Zeit, liegt es irgendwo da draußen im Meer: Ein vergessenes Paradies, in das nun das Schicksal in Form eines Lottogewinns einbricht. Und sofort mit der Erkenntnis um diesen Gewinn ändert sich auch das Leben und damit das Verhalten der Menschen untereinander. Sie werden berechnend und planen Strategien, um an das Geld zu kommen. Zu diesem Zweck vertragen sie sich mit ihren Mitbürgern, werden zu spendablen Opportunisten und verdächtigen sich sogar gegenseitig, in den Besitz des Vermögens gekommen zu sein. Alles ist wie im wirklichen Leben, denn Tulymore, das ist die Welt im kleinen mit all ihren menschlichen Schwächen. Auf dieser Ebene wird der Film gesellschaftskritisch, jedoch ohne den moralischen Zeigefinger zu heben, sondern stets mit einem humorvollen Augenzwinkern. Nach einigen Turbulenzen herrscht wieder Frieden im "Paradies", denn die Menschen aus Tullymore wissen, daß Geld nicht alles ist, sondern daß es höchstens dazu dient, den (Lebens)Durst für eine Weile zu stillen. In diesem Sinne ist "Lang lebe Ned Devine" nicht nur ein unterhaltsamer, stimmungsvoller Film, sondern eine auf seine Art "göttliche Komödie".


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