Liebesleben

Originaltitel
Lovelife
Jahr
2007
Laufzeit
113 min
Genre
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Paula Deubner / 23. August 2010

 

"Ich will wissen, was zwischen dir und meiner Mutter war!" Als Jara (Netta Garti), um die dreißig, Arie (Rade Sherbedgia) diese Frage stellt, gibt der doppelt so alte Studienfreund ihrer Eltern nur die Antwort: "Wenn du das wirklich wissen willst, frag deine Mutter, frag deine Eltern, bin ich ein Familientherapeut?" In gewisser Weise ist er das. Als er in Jerusalem auftaucht, bringt er mit seiner verlebten und geheimnisvollen Präsenz das scheinbar wohlgeordnete Leben von Jara durcheinander. Sie hat einen liebevollen Ehemann, gute Aussichten auf einen Job an der Universität Jerusalem und schrullige Eltern, die auf Aries Erscheinen seltsam reagieren, ohne zu erklären, warum. Jara stürzt sich in eine grenzwertige Affäre mit Arie und gerät damit intuitiv dichter und dichter an ein wohlgehütetes Geheimnis der Familie.

"Liebesleben" ist ein Film, der aus vielen Gründen überzeugt. Hintergrund der Geschichte ist das heutige, von Spannungen gezeichnete Jerusalem, das hier nochmal ein ganz eigenes Gesicht gewinnt: sowohl eines Ortes der Alltäglichkeit als auch des unterschwelligen Schreckens. Die innere Getriebenheit Jaras, die im Roman in einem Strom von hektischen Assoziationen und Gedanken deutlich wird, ist hier in Bilder übertragen, die einen ganz eigenen Rhythmus entwickeln: Jaras Laufen, eine überwältigende Natur, der Wechsel von Blicken, Sätzen und Handlungen ist so zwingend und dynamisch wie die rätselhafte Geschichte selbst. Auch Stille, das Geräusch von Atemzügen und der Soundtrack tragen zu diesem filmerischen Gedicht bei.

Maria Schrader, als Schauspielerin bekannt aus "Rosenstraße", "Keiner liebt mich" und zahlreichen Projekten mit Dani Levy führt hier zum ersten Mal selbst Regie und hat auch das Drehbuch verfasst. Sie hat den gleichnamigen Bestsellerroman der israelischen Autorin Zeruya Shalev in zahlreichen Lesungen dem deutschen Publikum vorgestellt. Ihre Freundschaft zur Autorin, die Vertrautheit mit dem Stoff und die Erfahrungen vor der Kamera haben zu einer exzellenten Regiearbeit geführt. Schrader vertraut ihren wenig bekannten, aber fantastisch spielenden Darstellern und lässt die Gesichter Geschichten erzählen. Ihr Regiekonzept funktioniert, gerade weil es kaum bemerkbar ist und die Leinwand ihren Schauspielern gehört.
Die Intensität der emotionalen Verstrickung und die ebenso heldenhafte wie wahnwitzige Getriebenheit Jaras machen diesen Film zu einem intensiven Kinoerlebnis, das nur in den seltensten Momenten Längen entwickelt und ein wenig mit dem Gestus eines Familienaufstellungskrimis aufstößt.

Bilder: Copyright

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