Miami Vice

Originaltitel
Miami Vice
Land
Jahr
2006
Laufzeit
134 min
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Simon Staake / 21. Juni 2010

James "Sonny" Crockett (Colin Farrell) und Ricardo "Rico" Tubbs (Jamie Foxx) sind die besten Undercover-Cops von Miami. Als sie davon Wind kriegen, dass der mächtige kolumbianische Drogenboss Montoya (Luis Tosar) versucht, in Miami Fuß zu fassen und dabei gleichzeitig eine Neonazi-Gang gefährlich aufrüstet, versuchen die beiden, sich in das perfekt organisierte Kartell einzuschleichen. Dazu müssen sie erst einmal dem Misstrauen von José Yero (John Ortiz), des großen Bosses rechte Hand, entrinnen. Und auch Isabella (Gong Li), die Vertraute und "Finanzberaterin" von Montoya, stellt eine Gefahr da - in doppelter Hinsicht: Crocketts Interesse an ihr erweist sich als nicht nur beruflicher Natur. Eine brenzlige Situation für die beiden Cops….

Sie ist schon ungerecht, die Position, in die sich Michael Mann da selbst manövriert hat: Mit einer Reihe von modernen Meisterwerken in den 1990ern ("Der Letzte Mohikaner", "Heat", "The Insider") hat er seine eigene Messlatte so hoch gelegt, dass er mit jedem neuen Film eigentlich nur enttäuschen kann. Und das betrifft nicht nur tatsächlich enttäuschende Ware wie "Ali", sondern auch ausnehmend gelungenes Kino wie "Collateral". Wäre irgendein Newcomer mit diesem Film angekommen, wäre man aus dem Lob gar nicht mehr herausgekommen. So hat man Großes erwartet und fast bekommen, aber man hatte eben mit noch Größeres gerechnet. "Collateral" ist ohne Frage ein sehr feiner Film, aber er krankte bei allen gelungenen Dingen doch daran, ein Gimmickfilm zu sein: Ein Tom Cruise zum ersten Mal als Bösewicht (noch dazu mit schlechten Zähnen und grauen Haaren!) und ein Plot, dessen Zufälle doch etwas Argwohn auslösten. Aber zumindest stilistisch erwies sich "Collateral" für Mann als Steilvorlage, denn die dortige Kameraführung per Handkamera und Digitalvideo übernimmt er auch hier. Was vor allem zur Folge hat, dass Look und Stil von "Miami Vice" - dem Film - wesentlich mehr mit "Collateral" zu tun hat als mit "Miami Vice", der Serie.

Überhaupt ist der Name pures Marketing, denn außer Rollennamen, grundsätzlichstem Plot und eben demselben Handlungsort hat dieser Film recht wenig gemeinsam mit der mittlerweile herrlich anachronistischen TV-Serie, die Mitte der 80er kurzzeitig Mode und Trends beeinflusste wie keine andere Serie vor ihr. Also keine Slipper ohne Socken, keine pastellfarbenen Anzüge über T-Shirts und kein Elvis, der Alligator. Einzig die Pop-Musik ist geblieben, die schönen Autos sind noch da und die schnellen Boote. Letztere Dinge werden ohne den Hochglanz der Serie abgelichtet, denn dies ist die zweite Feststellung: So gut wie klassischer Film sieht Digitalvideo trotz der tollen Aufnahmen von "Collateral"-Veteran Dion Beebe nicht aus.
Soll es natürlich auch nicht, schließlich geht es hier um spürbar rauen Realismus anstelle der Actionutopien eines Michael Bay, in denen immer noch alles wie in einem Werbespot aussieht. Stattdessen inszeniert Mann, wie von einem Meister seiner Klasse nicht anders erwartet, einen Popcornfilm für den denkenden Filmfreund, der ohne käsige Oneliner oder billige Ablenkung von generell recht dünnen Scripts auskommt. Ob dies das ist, was die Mehrzahl der Kinogänger will, bleibt nach dem enttäuschenden Einspielergebnis in den USA des immerhin massive 135 Millionen schweren Streifens abzuwarten, aber es ist zumindest das, was der Filmfreund will: Ein Thriller und Actionfilm, der nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner sucht. Beziehungsweise ein Thriller und Actionfilm, der beides und doch eigentlich keines von beiden ist, sondern eher an Ästhetik und Kompromisslosigkeit des Film Noir erinnert. Stimmung ist hier alles, Feuerwerk und Knalleffekte nichts.

Auf den ersten und flüchtigen Blick könnte man auch meinen, Mann habe einen reinen Männerfilm gedreht, mit schnellen Autos und Booten, hübschen Frauen und harten Kerlen. Aber auch hier täuscht der erste Eindruck natürlich. Und wer sich über die überraschend früh platzierte erste Sexszene wundert, der sollte diese im Zusammenhang mit dem von Linkin Park ganz am Anfang intonierten Chorus "I become so numb" sehen: Sex ist hier ein Rettungsanker in dem ständigen menschlichen Schach, das Polizisten und Gangster spielen und sie ermattet und abstumpft. Es ist eine der raren Möglichkeiten, an sich selbst festzuhalten im Morast der Scheinidentitäten und Imageprojektionen - ich ficke, also bin ich. Man will ja Manns neue Neon-Nachtfahrt nicht zu sehr ins Existentialistische überhöhen, aber der an Jean-Pierre Melvilles eiskalten Engeln geschulte Blick auf absolute Profis, die wie ein Uhrwerk ihre Arbeit verrichten, bis die Zeiger für ein paar Sekunden aufhören zu ticken, lädt förmlich dazu ein. Da blitzen beim Sex dann schon mal Tränen im Augenwinkel auf, wenn das Geschäft plötzlich zum Privatesten des Privaten wird und man die eigene Verletzlichkeit Preis geben muss. Sex hat hier auch immer etwas Trauriges, Verzweifeltes, ein Sich an Etwas klammern, von dem man weiß, dass es keinen Bestand hat.

Es ist auch Manns wortarme, stilsichere Inszenierung, die diese Art Rückschluss zulässt. Von allen Regisseuren erinnert er hier mit seinem Auge auf kleine wortlose Momente und Gesten ausgerechnet an Naturphilosoph und Einsiedler Terrence Malick, ohne freilich dessen ausschweifende Naturaufnahmen oder bleischwere Off-Kommentare zu übernehmen. Eine der Stärken von "Miami Vice" ist, dass Mann seine Charaktere in diesem eigentlich zutiefst konservativen Genrefilm nicht faul werden lässt. Anstatt einfach - wie in schwächeren Gattungsvertretern die Regel - einfach im deklarierenden Monolog ihre Gefühle darzulegen, muss sein Ensemble diese hier wirklich spielen. Mit dem Hochziehen einer Augenbraue, einem kurzen Zögern, einer entschlossenen Charade.
Funktionieren tut dies nur, weil sein Ensemble funktioniert - von den fast komplett wortlosen Kameraden im Team von Crockett und Tubbs über die zum Teil erfrischend gegen das Stereotyp besetzten Bösewichter bis hin zu den beiden Hauptdarstellern. Colin Farrell etwa posiert nicht nur, wie des Öfteren in den letzten Jahren, sondern erinnert daran, dass er ursprünglich wegen seiner Darsteller-Fähigkeiten, nicht wegen seinem Aussehen bekannt geworden ist, und Jamie Foxx ist alles andere als der Onkel Tom-Komiker, den der schwarze Teil des Polizistenpärchens im buddy movie ja oft darstellen muss. Man denkt mit Grausen daran, was etwa ein Will Smith aus diesem Part gemacht hätte.

Überhaupt gibt es hier wenig bis gar nichts zu lachen, es ist alles strictly business. Profis faszinieren Mann - und zwar Profis auf beiden Seiten des Gesetzes. Das war schon im Meisterstück "Heat" so und tritt hier nur noch mehr zu Tage. Die Vorbereitung beider Seiten auf Geschäftstreffen, Verhandlungen oder eben auch Hinterhalte, all dies zeigt Mann mit der Faszination eines Marionettenspielers für die präzisen Bewegungen seiner Puppen. Hier ist jeder vorbereitet, alles ist durchdacht. Und weil dies hier alles Profis sind, gibt es wie in "Heat" keine ausschweifenden Actionszenen, die nur dem Selbstzweck dienen, weil eben die Filmfiguren so einen eskalierenden Nonsens auch nicht zulassen würden.
Das mag und wird reine Actionfans enttäuschen, denn von kurz aufblitzenden Momenten mal abgesehen geht es erst im Showdown zur Sache, und da ist der Film immerhin schon über anderthalb Stunden alt. "Bad Boys" und deren Fans müssen also draußen bleiben. Aber wenn die Gewalt in einem Mann-Film kommt, dann kommt sie gewaltig: Bei niemandem knallen Schusswaffen so sehr, bei niemandem sind Kugeleinschläge härter oder beeindruckender in ihrer Wucht. Kompromisslos holt Mann dann doch noch mal kurz die Keule raus und haut ordentlich drauf, ohne zu übertreiben. Das passt und hat Stil - wie eben der ganze Film.

Eigentlich kann man daher über diesen Film nichts Schlechtes sagen, und trotzdem reicht es wieder nur zu einem "sehr gut" anstatt einem "meisterhaft". Und warum? Weil Mann eben doch ein reines Genrestück inszeniert hat, das ohne größere Überraschungen den Konventionen entlang verläuft. Es ist sehr gutes Genrekino, aber eben nicht mehr. Er hat alles rausgeholt, was aus diesem Stoff herauszuholen ist an Subtext, subtiler, sehniger Inszenierung und sinnvollen Schauwerten. Aber am Ende des Tages ist es eben doch eine Räuberpistole über Polizisten und Gangster und die Dinge, die sie sich gegenseitig antun. Das kann man großartig verpacken und hier ist es großartig verpackt, aber es ist, was es ist.
Schon bei "Collateral" passte der Vergleich zu einem Jazzmusiker, der in seinen Riffs Variationen der uralten Grundmuster spielt und dabei Verblüffendes und Beeindruckendes hervorbringt, ohne dabei etwas wirklich Neues zu erschaffen. Aber wie sagt man so schön: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Und Michael Mann bleibt der beste Jazztrompeter Hollywoods.


1
1/10

sorry aber der film ist absolut nicht empfehlenswert!

absolut schwache story, um das typische problem drogen
schlechte actionscenen blöde kameraführung, ...

einfach mist

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5
5/10

sooo schlecht ist der film auch wider nicht!!!
weiß einer wer die titelmusik am anfang des filmes produziert hat?
Wenn dann ist meine email adresse
COD-2killer@web.de

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10
10/10

Entweder man hasst ihn oder man liebt ihn. Nicht zu vergleichen mit der Serie.
Ich liebe ihn!
Klasse Soundtrack!

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7
7/10

Nicht schlecht! knüppft an meisterwerken wie Heat und Colletioral an und hat ganz besonderen Stil..... Danach möchte man auch ganz gross in diese Szene Einsteigen und einen auf keyser soze machen.
Vllt ein bisschen zu Emotional aber sehr guter Soundtrack

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4
4/10

Komisch, dass der Soundtrack so sehr gelobt wird. Ich fand die massenhafte musikalische Untermalung von fast jeder Szene eher nervend. Dadurch wirkt der Film wie ein 2h-Videoclip. Dazu kommt eine sehr sprunghafte Handlung sowie zwei (an sich gute) Schauspieler, denen das Gesicht vor Coolness scheinbar eingefroren ist.

Man kann den Film sich mal so angucken um Zeit totzuschlagen. Aber mehr auch nicht.

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