My Blueberry Nights

Originaltitel
My Blueberry Nights
Land
Jahr
2007
Laufzeit
95 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Anna Sola / 22. Juni 2010

"My Blueberry Nights" ist der erste englischsprachige Film von Wong Kar-wai. Seinen üblichen Themen wie unerwiderte Liebe, Enttäuschung, Sehnsucht und Melancholie bleibt der Regisseur aus Hongkong dabei treu, aber der Flair seiner Erfolge wie "In the Mood for Love" oder "Chungking Express" ist scheinbar mit der Übersetzung verloren gegangen - lost in translation. Anstatt neue Facetten seines Könnens zu zeigen, mutet "My Blueberry Nights" lediglich an wie ein amerikanisches Remake namens "Best of Wong Kar-wai".

Lizzie (Norah Jones) ist von ihrem Freund betrogen und verlassen worden. Ihren Kummer bekämpft sie Abend für Abend in Jeremys Café mit Blueberry Pie. Der charmante Jeremy (Jude Law) hat selbst schon reichlich Erfahrung mit gebrochenen Herzen und tut sein Bestes, um Lizzie aufzuheitern. Obwohl die beiden sich sichtlich zueinander hingezogen fühlen, beschließt Lizzie, auf einem Roadtrip quer durch die USA nach der großen Liebe oder vielleicht auch nur sich selbst zu suchen.

Christopher Doyle, Wong Kar-wais langjähriger Kameramann, hat einmal erklärt, "2046" (sein letzter Film) sei überflüssig gewesen, da man mit "In the Mood for Love" schon alles gesagt hätte. Darüber lässt sich streiten. Fest steht aber, dass Wong Kar-wai mit Sicherheit schon alles einmal gesagt hat, was er mit "My Blueberry Nights" sagt - nur nicht auf Englisch. "Die Geschichte einer Frau, die anstelle des kurzen den langen Weg auf sich nimmt, um den Mann, den sie liebt, endlich zu treffen". Klingt irgendwie wie die Geschichte von Faye und dem Polizisten aus "Chungking Express".
Das ist aber nur der Anfang. Der Film ist ein langwieriges Aneinanderreihen von Motiven aus bisherigen Filmen des Hongkong-Regisseurs. Die von Liebeskummer gebeutelte Figur, die immer wieder an die gleiche Theke kommt und das gleiche bestellt, nur um von einer bestimmten Person bedient zu werden. Die Nahaufnahme von Schuhen, die auf dem Asphalt verharren, bevor sie weitergehen. Der Polizist. Die Kamera, die die Figuren mit Vorliebe an Hindernissen vorbei und durch Glasscheiben oder Spiegel beobachtet. Selbst beim Soundtrack zitiert Wong Kar-wai noch "In the Mood for Love": Die Titelmelodie erklingt passend zum neuen Umfeld in einer Country-Mundharmonika-Version. Man könnte sagen: "Ein Autorenfilm par excellence". Man könnte aber auch fragen: "Ist ihm nichts Neues mehr eingefallen?"

Besonders obskur ist die Wahl der Darsteller. Die Hauptrolle bekam Norah Jones, die hier ihr Debüt als Schauspielerin gibt. Zwar verleiht ihr Song "The Story" dem Film gleich zum Einstieg die richtige Stimmung, jedoch entspricht ihr schauspielerisches Talent nicht unbedingt ihrem musikalischen. Ihre Figur bleibt leblos und blass, beobachtet mehr als dass sie am Geschehen teilnimmt. Das tat Maggie Cheung in "In the Mood for Love" zwar auch, jedoch konnte sie mit einer Handbewegung oder einem Augenaufschlag mehr ausdrücken als Norah Jones im gesamten Film. Jude Law überzeugt ebenso wenig, sein Jeremy ist ebenfalls blass und uninteressant, und außerdem in der Originalversion auch noch lachhaft, da Jeremy ausdrücklich aus Manchester kommt, sein entsprechender Akzent aber nach kürzester Zeit wieder verschwindet. Bei beiden Schauspielern war anscheinend das Aussehen, nicht die Ausdrucksstärke für ihre Auswahl ausschlaggebend.
Viel hochkarätiger aber auch skurriler ist die Besetzung der Nebenrollen. Da sind David Strathairn und Rachel Weisz als entfremdetes Ehepaar, die auf einmal wirken wie Tony Leung und Maggie Cheung, nur eben amerikanisch. Die Episode der beiden ist grandios gespielt, vor allem Weisz' Monolog, in dem sie Lizzie ihre Geschichte erzählt. Im Gegensatz zu Jones nimmt man den beiden ab, dass ihre Figuren verzweifelt und vom Leben gebeutelt sind. Fulminant wie überraschend ist auch Natalie Portman als durchgeknallte Zockerin, die Lizzie ein Stück auf ihrem Weg begleitet. Trotzdem können diese Auftritte nicht dauerhaft von der Fehlbesetzung der Hauptrollen ablenken.

Auch das Roadmovie wird als Genre nur angerissen, aus Lizzies Reise hätte man mehr machen können, besonders wenn man bedenkt, dass laut Regisseur der Weg das eigentliche Ziel sein sollte. Auch die vorbeirauschende Landschaft scheint ihn nicht zu interessieren, was in "Happy Together" noch anders war. In "My Blueberry Nights" zieht sich der Weg soweit, dass die Geduld des Zuschauers strapaziert wird und man beginnt, die interne Logik des Films anzuzweifeln.
Das romantische "Fangen"-Spiel von Lizzie und Jeremy (sie schreibt Postkarten, er telefoniert Cafés entlang ihrer Route ab) wirkt irgendwann nicht mehr romantisch, sondern gewollt und gekünstelt - schließlich hätte Jeremy Lizzie im normalen Leben längst bei Facebook gefunden und könnte sich die Telefoniererei sparen. Nur als weitaus effektiveres Gegenbeispiel: Solchem Unwillen ist Tom Tykwer beispielsweise durch seine Originalität in "Lola rennt" entgangen - kein Mensch hätte von Lola erwartet, dass sie an der Warschauer Straße in die U-Bahn steigt, obwohl sie direkt dran vorbeiläuft. Hier wird Tykwers wackelige interne Logik, nämlich dass Lola rennt, anstandslos akzeptiert, weil sie den Zuschauer mitreißt. Und das passiert bei "My Blueberry Nights" leider nicht.

Seinem visuellen Stil ist Wong Kar-wai treu geblieben, und das ist gut so. Die Kameraführung rettet so manche Szenen im Film. Obwohl nicht Christopher Doyle, sondern Darius Khondji für die Kameraarbeit verantwortlich war, knüpfen die Bilder nahtlos an dessen Werk an. Die Kamera spielt mit Perspektiven, voyeuristischen Blicken, Zeitlupen und Farben. Ob die Nahaufnahmen der Kuchen in der Anfangssequenz Lust auf Jeremys Blueberry Pie machen, sei allerdings dahin gestellt.

Ein amerikanischer Wong Kar-wai ist immer noch ein guter Film, trotzdem enttäuscht der Regisseur gemessen an der Brillanz seiner früheren Filme. Was auch immer Wong Kar-wai zum Schritt in die USA bewegt hat - Hollywood, der Erfolg John Woos oder die Angst, jemand anders könnte ein Remake versuchen - seine Bewunderer können nur hoffen, dass er für den nächsten Film in seine Heimat zurückkehrt. Nicht umsonst spricht man vom "Heimvorteil".


7
7/10

Naja, bis auf den Anfang und das Ende waren die Nebenrollen natürlich das Interessanteste. Aber ich fand den Film hinreissend. Und als Typ kein Heimvorteil in diesem Genre.

Permalink

8
8/10

ein guter film, mit starken darstellern! ich empfand norah jones spiel herrlich zurückhaltend, so konnten andere charakter noch bunter sein (z.B. rachel weisz & natalie portman).
ich würde ihn z.b. einer freundin weiter empfehlen, denn es ist definitiv ein film für mädels.

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.