Splice

Originaltitel
Splice
Land
Jahr
2009
Laufzeit
108 min
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Frank-Michael Helmke / 2. Juni 2010

 

 Seit gut zehn Jahren ist Vincenzo Natali ein Name, bei dem alle Freunde des gepflegten Science Fiction/Grusel-Bereichs interessiert aufhorchen, denn damals beeindruckte Natali die Genreszene nachhaltig mit seinem Erstlingswerk "Cube". Mit dem (bei uns nur auf DVD erschienenen) Geheimtipp "Cypher" bewies er, dass "Cube" keine Eintagsfliege war und er auch weiterhin verlässlich Genreware der oberen Kategorie liefern kann. Und das trifft nach einer mehrjährigen Kreativpause auch auf seinen neuen Film "Splice" zu, ein absolut klassisches "Monster Movie" in der Tradition von "Frankenstein" - und das heißt: der Schrecken ist nicht wild und blutig, sondern subtil und psychologisch raffiniert.

Die Protagonisten sind das Wissenschaftlerpaar Clive (Adrien Brody) und Elsa (Sarah Polley), das außergewöhnliche Fortschritte bei Auftrennen und neu Zusammensetzen von DNA gemacht hat. In ihrem Labor haben die beiden bereits ein Paar waschechte Chimären gezüchtet, Lebewesen, deren Erbgut aus dem von einem guten Dutzend verschiedener Tiere zusammengesetzt ist (das Resultat sieht aus wie ein etwas glitschiger, gesichtloser Brocken Fleisch, der allerdings interessante Dinge anstellen kann). Das selbstgesteckte Ziel der beiden ist es, künstliche Wesen zu erschaffen, mit deren Genen sich bis dato unheilbare Krankheiten heilen lassen. Darum sehen sich die beiden auch noch nicht am Ziel, doch als ihr Geldgeber - ein Pharmaunternehmen - mit dem bisher erreichten abkassieren und keine weiteren Forschungen erlauben will, führt Elsa eigenmächtig den nächsten Schritt durch - und kombiniert ihre wilde Mischung Tier-DNA mit menschlichem Erbgut. Es entsteht ein Wesen, dass kurz nach der Geburt eher wie ein Alien aussieht, doch mit zunehmender, rasanter Entwicklung immer menschlichere Züge annimmt. Elsa ist fasziniert und entwickelt schnell Muttergefühle für das neue Geschöpf, das sie Dren tauft. Doch Clive hat so seine Zweifel, schließlich wissen sie nicht wirklich, was genau sie da eigentlich erschaffen haben….

Und so konstituiert sich eine etwas außergewöhnliche Kleinfamilie, deren Beziehungsgeflecht mit wechselnden Sympathien und Loyalitäten über weite Strecken die Handlung des Films bestimmt. "Splice" ist per definitionem zwar ein "Monster Movie", aber das muss eben nicht automatisch permanente, blutrünstige Angriffe der neu geschaffenen Kreatur bedeuten - zumal diese, abgesehen von den an einen Raubvogel erinnernden Beinen, ziemlich bald sehr menschlich und durchaus attraktiv aussieht. Tatsächlich wird es nur in einer Szene des Films wirklich blutig (dann aber auch so heftig, dass man fast schon ungläubig lachen muss), und in der ist Dren nicht einmal anwesend. Nein, der Schrecken verbreitet sich hier langsam und hintergründig in der steten, unwohlen Vorahnung, dass hier früher oder später etwas ganz fürchterlich aus dem Ruder laufen wird. Und Natali spielt diese Erwartungshaltung seines Publikums mit Wonne und handwerklicher Meisterschaft aus.
Schon von seinen ersten Minuten an baut "Splice" elegant eine unheilvolle Atmosphäre auf, taucht die Laborsets von Clive und Elsa in kaltes, blaues Licht und beobachtet das Geschehen aus Kameraperspektiven, die den wachsenden Eindruck verstärken, dass hier etwas Abnormes, Unnatürliches vor sich geht, das früher oder später aus den Fugen geraten wird. Natali erweist sich hier einmal mehr als sehr stilsicherer und hochgradig effektiver Genre-Regisseur, der genau weiß, wie er seine Geschichte in Szene setzen muss, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Es ist mehr als offensichtlich an "Splice", das der Mann absolut liebt, was er tut. Natali zieht seine Genre-Elemente derart konsequent und mit solcher Freude am Material durch, dass es stellenweise schon fast an eine Parodie grenzt (siehe z.B. die oben erwähnte Blutorgie), ohne jedoch eine zu sein. Im Rahmen seiner Geschichte meint Natali all das, was dem Publikum hier das eine oder andere ungläubige Lachen entlockt, absolut ernst - und erzählt es eben so gradlinig, dass man es manchmal kaum fassen kann.
Das gilt vor allem für den eigentlichen Kern des Films, die psychologischen Konstellationen und Wechselspiele in der zentralen "Kleinfamilie" aus Clive, Elsa und ihrer Schöpfung Dren. Die Spiegelung bekannter, (tiefen-)psychologischer Motive im Verhältnis zwischen Eltern und dem eigenen Kind ist hier mehr als offensichtlich, und es ist auf eigenwillige Art ziemlich faszinierend, wie Natali die volle Bandbreite an möglichen Konstellationen und Haltungswechseln in diesem Beziehungsdreieck aus Vater, Mutter und Kind durchexerziert - wiederum: komplett konsequent durchgezogen. Für Anhänger freudianischer Psychoanalyse ist dieser Film jedenfalls ein wahres Festival.

Es schleicht sich das eine oder andere nicht zu ignorierende, ironische Augenzwinkern in den Film ein (so lautet der Name von Clives und Elsas Forschungsfirma abgekürzt NERD, woraus sich dann, rückwärts gelesen, der Name ihre Schöpfung "Dren" ergibt), mit dem Natali und Konsorten leichtfüßig den Eindruck vermitteln, dass sie sich natürlich schon im Klaren darüber sind, dass sie hier ziemlich abgedrehtes Zeug erzählen - was aber weder ihnen noch ihrem Publikum den Spaß an der Sache nimmt. Man kann es durchaus als Maßstab für die gelungene Gratwanderung zwischen überdrehter Geschichte und konsequent ernsthafter Erzählung sehen, dass mit Adrien Brody und Sarah Polley zwei arrivierte Charaktermimen hier die Hauptrollen spielen, und eben nicht irgendwelche No-Names, die mal eben in einem halbgaren Genre-Machwerk verfeuert werden. Denn wenn man die durchaus komplexen Entwicklungen, die sich hier in den Protagonisten abspielen, glaubhaft in Szene setzen will, dann braucht man auch Darsteller, die das rüberbringen können.
Eben gerade deshalb macht "Splice" wirklich Spaß: Weil vom Regisseur über Kameramann bis zu den Darstellern alle die Sache eben nicht angehen, als handele es sich um den nächsten kruden Beitrag für die leicht schmuddelige Horror-Ecke in der Videothek, sondern um das nächste heimliche Genre-Meisterwerk mit mindestens so raffinierten psychologischen Untiefen wie "Alien". Okay, ganz so großartig ist "Splice" jetzt nicht geworden, aber wer dieser Gattung grundsätzlich etwas abgewinnen kann, der wird an diesem Film garantiert seinen Spaß haben.

Bilder: Copyright

8
8/10

Ich habe diesen Film schon auf dem Fantasy Filmfest gesehen!Kann ich nur empfehlen,sehr gute Story und Top Schauspieler.Science Fiction Fans kommen auf ihre Kosten!

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8
8/10

Grossartiger Film. Es ist schoen zu sehen, dass auch Produktionen wie diese noch immer Verleiher finden und nicht direkt als DTV oder Fernsehproduktionen unter ihrem Wert verramscht werden muessen.

Ein grosser Erfolg wird dem Film sicher nicht beschieden sein, dafuer ist er dann doch zu kopflastig und.. ja: langsam. Leider suggeriert ja auch der Trailer eine weit hoehere Geschwindigkeit als dem Film letztlich zu Eigen ist, und ich fuerchte, dass der eine oder andere hier mit falschen Erwartungen in den Film geschickt wird.

Das sollte jedoch nicht davon abschrecken, denn wie bereits eingangs erwaehnt: grossartiger Film!

Geruechteweise soll Natali als Regisseur fuer eine Verfilmung von "Neuromancer" im Gespraech sein. In Anbetracht dieses Films hier klingt das nach einer ziemlich guten Idee...

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7
7/10

Irgendwie vergurkt Natali immer die Enden seiner Filme. Jedenfalls mag ich bei allen dreien die erste Hälfte sehr viel lieber als die zweite. Es ist ein bißchen wie mit "Sunshine" - warum die gedankenvolle, vertwistete, offene und verwirrende Atmosphäre der widersprüchlichen Ausgangssituationen immer mit einer Teenie-Slasher-Verfolgungsjagd zugrunde knüppeln? Macht David Lynch doch auch nicht...
6 1/2

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7
7/10

Wir haben uns im Kino köstlich amüsiert. Das gesamte Publikum ist mitgezogen, und an einigen Stellen haben wir echt Tränen gelacht. Eben weil bestimmte Szenen so konsequent durchgezogen wurden: Serious Trash. In jedem Fall ein gelungener Fantasy-Filmfest-Beitrag. Für den normalen Kinogänger aber evtl. eher lächerlich.

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1
1/10

Grober Unfug ist das. Unfreiwillig komisch, teils völlig absurd bis hin zu pervers. Naja, wer so einen Müll mag... 1 Punkt für die Katze.

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4
4/10

Nimmt man die gewöhnungsbedürftigen Sexszenen mal beiseite bleibt ein ödes Familiendrama mit unsympathischer Mutter, oberflächlichem Vater und einem gehbehinderten Kind mit Haarproblemen. Das Spannendste an diesem Film war welches tolle Designer-T-Shirt sich Adrien Brody als nächstes überstreifen wird.

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