Stuart Little

Originaltitel
Stuart Little
Land
Jahr
1999
Laufzeit
84 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Frank-Michael Helmke / 19. März 2011

Alle Jahre wieder, wenn der Schnee auf den Dächern liegt und ganz Amerika bei Eierpunsch und Keksen vor dem Kamin hockt, schlägt eine der großen Stunden der Kinoindustrie. Abgesehen von den Sommermonaten, wenn alle Kids schulfrei haben, sind die Lichtspielhäuser selten so voll wie in den Adventswochen. Und weil alle gerade so tierisch gut drauf sind und sich auf das Fest der Liebe freuen, kommen besonders knuffige Familien-Komödien immer supi gut an. In Deutschland kommen diese Konzentrate positiver Gemeinschaftsgefühle dann meist pünktlich zu Ostern, um einen ähnlichen Effekt abzustauben. Der diesjährige Gewinner des amerikanischen Weihnachtskinos heißt „Stuart Little“, die Verfilmung eines Kinderbuchklassikers von E.B. White, mit einem Einspielergebnis von etwa 150 Millionen Dollar, und alle Süßstoffallergiker sollten diesem Streifen unbedingt fern bleiben.

Eines schönen Morgens wacht der quietschfidele George Little (Jonathan Lipnicki, der Kurze aus „Jerry Maguire“, der seitdem komischerweise nicht gewachsen ist) auf und rennt seine Eltern aufwecken, denn die wollen heute ins Waisenhaus fahren, um für George einen kleinen Bruder zu adpotieren. Als George aber aus der Schule nach Hause kommt, ist er über das neue Familienmitglied gar nicht mehr begeistert, denn seine Eltern haben den Wunsch nach einem „kleinen“ Bruder ein bißchen zu wörtlich genommen: Der neue Anverwandte heißt Stuart (gesprochen von Bastian Pastewka alias Brisko Schneider) und ist eine Maus. Da wir es hier im Prinzip mit einem Märchen zu tun haben, wundert sich niemand wirklich darüber, daß diese Maus spricht und Klamotten trägt, sich die Zähne putzt und gerne Cabrio fährt. Komischerweise wundert sich auch niemand darüber, daß zwar die Maus reden kann, die Katze aber nicht, zumindest nicht mit den Menschen. Der Hauskater Snowbell (gesprochen vom Ex-Bond-Schurke Götz Otto) wird auch gleich zum primären Problem für Stuart, denn auch wenn er seine Jagdinstinkte noch ganz gut unter Kontrolle hat, so ist natürlich der Image-Verlust nicht zu verachten, wenn die Kumpels von der Straße erfahren, daß sein neues Herrchen eine Maus ist. Familienintern sorgt vor allem George für Kummer, denn der kann mit einer Maus als Bruder natürlich herzlich wenig anfangen. Mit so einem Vieh kann man ja noch nicht mal Baseball spielen. Und so hängt im efeubewachsenen Lebkuchen-Haus der Littles ein wenig der Haussegen schief.

Man ist von amerikanischem Familienkino ja so einiges gewöhnt, aber hier treiben es die Beteiligten wirklich auf die Spitze. Die Little-Familie und Verwandschaft wirken wie aus dem Versandhauskatalog, alles ist so brav, sauber, freundlich und spießig, daß man als ehemaliger Teenie-Revoluzzer schon nach wenigen Minuten ein leichtes Würgen im Hals verspürt. Die Eltern sind charakterlich so dermaßen vordefiniert, daß sie von Anfang an nichts weiter darstellen als das überzeichnete Paradebeispiel perfekter amerikanischer Erziehungsberechtigter, Menschen „die noch richtig viel Liebe zu geben haben“. Daß der kleine George im Prinzip ein echtes Arschloch-Kind ist, beweist sich spätestens dann, als Stuart endlich seine Gunst gewinnen kann: Nur coole und erfolgreiche Mäuse sind akzeptable Geschwister. Der mit dem Holzhammer gepredigten Botschaft, daß man seine Familienmitglieder so lieben und akzeptieren soll, wie sie sind, kommt dies nicht gerade zur Hilfe.
Daß alle menschlichen Figuren völlig blaß und belanglos wirken, verwundert natürlich nicht besonders, denn der Star ist sowieso die Maus. Komplett computeranimiert (und für den Spezialeffekte-Oscar nominiert) stapft der Nager konsequent auf zwei Beinen und damit besonders menschlich durch die Gegend, kriegt so richtig niedliche Gesichtsausdrücke verpasst und ist selbstverständlich absolut herzensgut. Als die Littles mit ihm shoppen gehen und Stuart die Familienfest-Kleider von Ben (den Namen Ken hat Mattel wahrscheinlich nicht freigegeben) anprobiert, hat er sich schon perfekt in die Puppenhaus-Atmosphäre des Little-Haushalts eingefügt. Nein, was ist das alles hübsch hier. Und Mami kann Hackbraten auf zwanzig verschiedene Arten zubereiten.

Selbstverständlich ist „Stuart Little“ ein Kinderfilm, und selbstverständlich gehören Mitzwanziger nicht zur Zielgruppe. Aber ein guter Kinderfilm ist ein „Erlebnis für die ganze Familie“, und zwar nicht nur im Werbeslogan. Das kann dieser Streifen wirklich nicht von sich behaupten. Die einzigen Menschen, die älter als acht sind und denen dieser Film gefällt, müssen genau so drauf sein wie die Littles: Vorzeige-Mamis und Papis mit blütenweißen Zähnen, korrekt sitzenden Krawatten und selbst im Bett mit perfekt gezogenem Lidstrich.
Besonders tragisch wird das ganze, wenn man sich die Beteiligten ansieht: Regisseur Rob Minkoff war einmal für „Der König der Löwen“ verantwortlich, den besten Film, den Disney je gemacht hat. Geena Davis hat einen Oscar und zwei weitere Nominierungen hinter sich, wie sie sich zu diesem eindimensionalen Süßstoff-Kino herablassen konnte, ist mir schleierhaft. So richtig schamvoll in die Ecke stellen muß sich aber M. Night Shyamalan, Regisseur und Autor von „The sixth sense“, der hier ein Drehbuch hingekritzelt hat, daß so dermaßen standardisiert, unkreativ und langweilig ist, daß man sich ernsthaft Gedanken darüber macht, ob „The sixth sense“ eventuell einen Plagiatsklage nach sich ziehen könnte. Nur einen kleinen Seitenhieb auf seine Hochglanz-Familie erlaubt sich der Autor: Als George an einer Modellschiff-Regatta teilnimmt, prangt auf seinem Boot der Name „WASP“ (Abkürzung für „White Anglo-Saxon Protestant“, der kreuzbiedere Bilderbuch-Amerikaner schlechthin). So, wie sich der Film allerdings ansonsten gibt, muß man leider davon ausgehen, daß dies noch nicht mal ironisch gemeint ist, sondern das die Charaktere ernsthaft stolz darauf sind.

Ohne die zugegebenermaßen sehr gut animierte Maus wäre „Stuart Little“ ein einziges Wegwerfprodukt, und selbst die Maus kann diesen Status nur geringfügig verbessern. Das ganze wirkt wie ein familientauglicher Robin Williams-Film ohne Robin Williams, und damit auch ohne Witz. Mit Tugend und Moral überfrachtete Schönfärbereien wie diese sind es, die den Amerikanern Jahr für Jahr einbläuen, wie ein angenehmes und geregeltes Leben auszusehen hat. Das Schlimme ist, daß die das auch noch glauben.

Bilder: Copyright

2
2/10

Netter Kinderfilm, der jeddoch furchtbar kitschüberladen und zudem das typische klischee-bild einer perfekten amerikanischen familie wiederspiegelt. nicht wirklich toll

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.