Unzertrennlich

Originaltitel
Stuck on you
Land
Jahr
2003
Laufzeit
115 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 27. Dezember 2010

Peter und Bobby Farrelly machen Filme mit System: Ihre Komödien gehen stets ganz zielgerecht genau an der politischen Korrektheit vorbei. Waren die Witzfiguren in ihrem ersten Streifen "Dumm und dümmer" noch simple Trottel, so ging es in den Folgewerken ans Eingemachte: Ein einarmiger Bowling-Spieler in "Kingpin", ein Schizophrener in "Ich, du & Irene", Fettleibige in "Schwer verliebt", und in ihrem bisherigen Meisterwerk "Verrückt nach Mary" gleich alles von Fetischisten über Krüppel bis hin zu geistig Behinderten. Alles Paradebeispiele für derben Randgruppenhumor, der sich immer auf der dünnen Schwelle zur fiesen Häme bewegt, aber nie hinüber fällt. Denn was die Farrelly-Brüder von allen artverwandten Vulgär-Spaßvögeln abhebt, ist ihre ehrlich gemeinte und stets sichtbare Sympathie für ihre Charaktere - wodurch ihre Filme schlussendlich weit weniger böswillig ausfallen, als es zunächst den Anschein hat.
Ihre bisherige Bestleistung in Sachen "Tabuthema zum Anfassen und drüber lachen" vollbringen Peter und Bobby mit ihrem neuen Film "Unzertrennlich", eine Komödie über siamesische Zwillinge. Auch hier geht's also wieder volles Programm gegen den moralischen Zeigefinger ("Darüber kann man doch keine Witze machen!"), und auch hier gelingt den Farrellys das Kunststück, ihre Sonderlinge zu alltäglichen Helden aufzubauen, deren spezieller Status keine Behinderung, sondern eine Besonderheit ist. Eine genau 23 Zentimeter lange Besonderheit, denn über eine solche Länge sind Bob (Matt Damon) und Walt (Greg Kinnear) an der Hüfte miteinander verwachsen - und machen das Beste draus. In ihrem gemeinsamen Burger-Restaurant in einem Küstenort in Neu-England wirbeln sie in solch perfekter Koordination durch die Küche, dass sie auch die größte Bestellung in drei Minuten servierfertig haben - sonst gibt's Geld zurück. Doch die Kleinstadt-Harmonie kann zumindest Walt nicht auf ewig halten, denn der strebt nach einer Karriere als Schauspieler - eine Tatsache, die den an Bühnenangst leidenden Bob schon jedes Jahr bei der traditionellen Amateur-Aufführung fast zum Ersticken bringt. Nichtsdestotrotz geht es seinem Bruder zuliebe nach Hollywood, wo Walt dank eines irrwitzigen Zufalls tatsächlich eine Serienhauptrolle an der Seite von Cher ergattert, während der schüchterne Bob sich redlich müht, seine Internet-Freundin May etwas besser kennen zulernen.

Hinsichtlich dem unverkrampften Umgang mit heiklen Themen überbieten sich die Farrellys hier in der Tat selbst: Mit Genuss und Schwung servieren sie einen Zwillingsgag nach dem anderen, ohne dabei auch nur einmal in Böswilligkeit abzudriften, eben weil ihre zwei Hauptcharaktere ihre Situation selbst mit viel Humor zu nehmen wissen. Auch andere potentielle Ziele gemeiner Scherze landen gekonnt auf der Sympathiebahn: Der am Down-Syndrom leidende Kellner Rocket aus dem Restaurant der Zwillinge (gespielt von einem guten Freund der Farrellys), Walts in einem Altersheim aufgegabelter Hollywood-Manager, oder die von Eva Mendes verkörperte strunzdoofe Schauspielerin April - in keinem Falle machen sich die Farrellys über sie lustig, doch alle sind für gelungene Lacher gut.
Bei all diesem löblichen Bestreben, Tabus und Berührungsängste mit ihren Filmen abzubauen, haben Peter und Bobby bei "Unzertrennlich" aber ihr wertvollstes Talent ein wenig schleifen lassen, nämlich das für grandiose Gags. Bedenkt man die Vielzahl fast schon legendärer Comedy-Momente im modernen Klassiker "Verrückt nach Mary", so kommt man nicht umhin, "Unzertrennlich" als zu nett und zu unkomisch einzuordnen. Die Story driftet in der zweiten Hälfte ein bisschen zu sehr ins Ernsthafte ab, ohne dabei jedoch wirklich interessant oder fesselnd zu wirken. Ganz im Gegenteil hat man das Gefühl, als wären die guten Ideen ausgegangen, weswegen der Plot einfach auf Autopilot geschaltet wurde.
Schade für einen Film, der stark anfängt und zwischendurch immer mal wieder eine große Nummer einstreut - vor allem die Methoden, mit denen Bob aus den Serien-Szenen seines Bruders "entfernt" wird, sind zum Schießen. Bei allem Lob für die hehren Absichten der Farrellys: Sie waren schon weitaus witziger als hier, weshalb "Unzertrennlich" als Message Movie gelungener ist denn als Komödie. Aber dieser leichte Hänger sei ihnen verziehen, wenn's beim nächsten Film wieder richtig scheppert im Zwerchfell - und was anderes ist kaum zu erwarten bei einem Remake der "Three Stooges".


9
9/10

Unbedingt ansehen: Zum wegschmeissen !
Wirklich gut !

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