Als besonderes Merkmal von Spaniens bekanntestem zeitgenössischen Regisseur Pedro Almodovar verzeichnet die Filmdatendank IMDB unter anderem: "Hat oft Transvestiten oder starke Frauen als Helden seiner Filme". Wer dafür tatsächlich noch eine Bestätigung braucht, bekommt sie durch "Volver", denn Männer spielen hier so gut wie keine Rolle, und die Stärke der Frau zieht sich hier durch drei Generationen: Die der beiden Schwestern Raimunda (Penelope Cruz) und Sole (Lola Duenas), die ihrer früh verstorbenen Mutter Irene (Carmen Maura) und die von Raimundas Tochter Paula (Yohana Cobo). Dazu kommt noch die Familienfreundin Augustina (Blanca Portillo), die sich um die alte Tante von Raimunda und Sole kümmert. Wie die Schicksale dieser vier Frauen zusammenhängen, darüber sollen jetzt hier nicht zu viele Worte verloren werden, denn das entdeckt man in diesem wunderbaren Film am Besten doch für sich selbst. Niemandem gelingt es so unwiderstehlich, Freud und Leid, Absurdes und Ernstes, Tragisches und Zum-Schreien-Komisches so zu verbinden wie Pedro Almodovar. Storytechnisch nehmen seine Geschichten alles mit, was Melodramen auszeichnet - und greifen dabei oft tief in die Schublade ernster Themen. So auch hier. Von Kindesmissbrauch über unerwartete Todesfälle bis zu tödlichen Krankheiten ist vieles dabei, was in anderen Händen düster, deprimierend und dröge anmuten könnte, von Almodovar aber mit Humor, Lebensfreude, Weisheit, Frivolität und einer ganz kleinen Prise Pathos zu einem bunten und, ja, lebensfrohen Film verarbeitet wird. Eben jenes weibliche Ensemble wurde in Cannes von der Jury komplett mit dem Preis für die beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet, auch mal was neues. Verdient haben sich das die hier auftretenden Damen allemal, allen voran Penelope Cruz. Während sie sich in Hollywood ja hauptsächlich als Püppchen und Anhängsel unter Wert verkaufen muss, kann sie hier - in ihrem "Heimatfilm" - zeigen, was für eine gute Schauspielerin sie unter ihrem attraktiven Äußeren doch sein kann. Die entsprechende PR zu seinem neuen Film lieferte Almodovar ja höchst selbst, indem der offen schwul lebende Regisseur behauptete, Cruz wäre so heiß, dass sie sogar ihn bekehren könnte und er zwanzig Jahre nach seinem ersten und einzigen Erlebnis mit einer Frau bei ihr tatsächlich sexuelles Interesse verspüre. Was man ihm erstens nicht übel nehmen kann und zweitens dann doch nicht recht abnimmt, aber ne gute Schlagzeile war's trotzdem. Ein klassischer Almodovar ist es also geworden, und vielleicht ist das der größte der ganz kleinen Vorwürfe, die man diesem Film (neben einigen winzigen Längen in der zweiten Hälfte) machen kann: So richtig neu und innovativ ist an "Volver" angesichts des bisherigen Schaffens seines Regisseurs nichts. Aber das muss es natürlich auch nicht. Und einem Meister seines Fachs in Topform zuzuschauen, das ist manchmal mehr als genug. Ein großes Meisterwerk mag "Volver" nicht geworden sein, aber ein feines Meisterstück aus der spanischen Edelküche für Technicolor-getränkte Melodramödien mit fein abgeschmeckter Emotionssauce. Das macht hoffentlich nicht nur Cineasten Appetit. |
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