Willenbrock

Jahr
2005
Laufzeit
105 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Margarete Prowe / 23. Dezember 2010

 

Nach dem Beziehungsdrama "Halbe Treppe" und der Wahlkampf-Doku "Herr Wichmann von der CDU" legt Ausnahme-Regisseur Andreas Dresen nach mit einem Film, der die großen Themen des Lebens angeht: Von der Zerbrechlichkeit des Lebens an sich, von scheinbarer Existenz-Sicherheit und vor der Angst vor dem Alleinsein handelt sein neues Werk, welches auf dem 2000 erschienenen, gleichnamigen Roman von Christoph Hein basiert.

Im Osten Deutschlands nach der Wende ist der Optimist Bernd Willenbrock (Axel Prahl) nicht nur als Gebrauchtwagenhändler erfolgreich, sondern auch mit der hübschen Susanne (Inka Friedrich) verheiratet, und pflegt nebenher ein Affärchen mit der Professorin Vera (Dagmar Manzel). Sogar ein schickes Wochenendhäuschen im Grünen nennt er sein Eigen, in dem er und Susanne sich ein gemütliches Stückchen Sicherheit geschaffen haben. Es läuft also alles gut im Hause Willenbrock, wenn da nicht dauernd diese Autodiebstähle von seinem Hof wären. Doch Willenbrock verschafft sich Abhilfe. Er stellt den älteren Fritz (Tilo Prückner) ein, der fortan als Nachtwächter mit seinem Hund den Hof bewachen soll. Wie wunderbar, dass Fritz auch noch diese wunderschöne junge Tochter hat. Die Studentin Anna weckt die Eroberungslust in Willenbrock, der sich zwar hochgearbeitet und es zu etwas gebracht hat, doch hier mit einer Frau konfrontiert ist, die eigentlich sowohl zu jung als auch zu gebildet für ihn ist. Während er also die drei Frauen in seinem Alltag unterzubringen versucht, passiert etwas, was die Realität plötzlich zu einem nicht enden wollenden Albtraum macht: Willenbrock und Susanne werden in ihrem Landhaus bei einem Einbruch brutal überfallen. Der verletzte Hausherr versucht zwar in seiner absolut optimistischen Art dieses Trauma von sich zu schieben und zu vergessen, doch ist dies einfach nicht mehr möglich. Sein so sicher geglaubtes Leben beginnt sich aufzulösen, weder die Polizei noch seine neue Alarmanlage können ihm das Gefühl von Sicherheit zurückgeben. Da gibt ihm sein russischer Stammkunde Krylow (Vladimir Tarasjanz) eine Pistole ….

Wie bei "Herr Wichmann von der CDU" entwickelt sich die Traurigkeit der Figur Willenbrock über Elemente, die den Zuschauer zuerst einfach zum Lachen bringen, aber ihm dann auch aufzeigen, dass das Leben gleichzeitig bitterernst und zum Brüllen komisch sein kann. Andreas Dresen enttäuscht sein Publikum nicht, sondern beweist wieder sein Talent, das Leben des unscheinbaren Mannes mit all seinen Unzulänglichkeiten und Hoffnungen zu zeigen. Wie gehabt bleibt der Regisseur sehr nah an seinen Figuren. In ihrer Furcht, ihrer Hilflosigkeit werden sie ungeschönt gezeigt, man möchte fast sagen, seziert. Man kann hier durchaus Parallelen zwischen Dresen und dem amerikanischen Regisseur Alexander Payne ("Sideways", "About Schmidt") ziehen.
Besonders der Hauptdarsteller ist wunderbar gewählt. Prahl, bekannt als Tatort-Kommissar Frank Thiel, überzeugt hier in einer Figur, die nicht einfach zu spielen ist, ohne sie ins Lächerliche abgleiten zu lassen. Auch die Metaphorik des Films ist von großer Klarheit. So steht der Maler Waldersee für den Umgang mit der Angst vor dem Tod. Als Willenbrock ihn fragt, warum er einen toten Hund male, antwortet ihm dieser: "Vielleicht male ich das, um besser mit der Angst umgehen zu können." Szenen wie der Kampf um ein riesengroßes antikes Bett, welches Susanne ihrer Konkurrentin Vera vor der Nase wegkaufen muss, um zu beweisen, wem Willenbrock wirklich gehört, sind einfach köstlich, während die Einbruchszene den Zuschauer ebenso wie die Hauptfigur verängstigt.
Zu bemängeln ist an "Willenbrock" lediglich die Langatmigkeit, mit der sich der Film manchmal bewegt. Doch lässt diese einen so ruhigen Blick auf die Figuren zu, dass sie verzeihbar wird. Als einer der großen deutschen Regisseure der Nachwendezeit hat sich Andreas Dresen inzwischen einen Platz im hiesigen Filmkanon gesichert, den er nicht wieder verlieren wird, wenn er uns weiterhin solche Filme beschert. Und so optimistisch kann man schon sein bei einem Autor, der wie kein anderer auch in den trübseligsten Seiten des grauen Alltags nie Hoffnung und Menschlichkeit aus den Augen verliert.


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