Filmszene Special: Interview mit Denzel Washington

von Volker Robrahn / 29. Februar 2012

Am Abend wartete auf ihn die Verleihung der "Goldenen Kamera", doch ein paar Stunden vorher sprach Weltstar Denzel Washington erst einmal mit Filmszene über seinen neuen Film "Safe House", Typecasting im Filmgeschäft und den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf.

 

 

Filmszene: Denzel, man gewinnt auch bei „Safehouse“ den Eindruck, dass es Dir ziemlichen Spaß macht, ab und zu mal den „Bösen“ zu spielen.

 

Denzel Washington: Weißt Du, als Schauspieler wird einem eigentlich beigebracht niemals einen „Bösen“ zu spielen – weil es dort heißt, Du musst lieben, was Du spielst. Daher würde ich meine Figuren zumindest nicht so nennen.

 

Denzel 1Sondern wie?

 

Ich bin der Meinung, Tobin Frost ist ein Soziopath. Er ist ein Lügner, Verführer und Betrüger. Er hat kein Bewusstsein und keine Empathie für das Leben anderer Menschen. Aber er hat auch besondere Fähigkeiten, die ihn zu einem perfekten Killer und Geheimnisträger machen. Und er entwickelt sich, denn zu Beginn des Films hätte er Matt, die Figur von Ryan Reynolds, noch ohne Regung getötet, so wie er ein Glas Orangensaft trinkt. Später kommt er aber seinetwegen zurück und sagt zu ihm „Du bist ein besserer Mensch als ich“. Sagen wir, er ist zu 85% ein Soziopath. Der freundliche Irre von Nebenan.

 

„Glaubt“ Tobin Frost an etwas oder ist er ein kompletter Atheist?

 

Moment: Auch ein Atheist glaubt an etwas: Nämlich daran, dass es keinen Gott gibt. Und wenn ich sage, "Ich bin gläubig“, dann bedeutet das nicht, dass ich über Religion spreche sondern nur über Glauben. Das Gestreite zwischen den verschiedenen Religionen, dieses „mein Gott ist besser und stärker als deiner“-Gehabe, das hat für mich nichts mit Glauben zu tun. Was Tobin Frost betrifft: Ja, der ist ein Atheist und wenn überhaupt, dann glaubt er am Ende an eine Art von Gerechtigkeit, für die es sich lohnt einzustehen.

 

Muss man sich in diesen Fragen als Hollywood-Star eigentlich immer wieder positionieren?

 

Ich bin kein „Star“, ich bin ein Schauspieler, denn das habe ich gelernt. Ich werde so genannt, aber das ist nicht was ich bin, denn ich bin ein sehr bodenständiger und privater Mensch. Ich habe viel Theater gespielt,und da taucht dieses „Star“-Gefühl auch überhaupt nicht auf. Mir gefällt eigentlich der folgende Satz ganz gut: Ich bin ein ganz normaler Typ, mit einem außergewöhnlichen Job.

 

Wie viel bedeuten Dir dann solche Auszeichnungen wie die gewonnenen Oscars? Denn die sagen doch eigentlich „Du warst der Beste“.

 

Ich kann nicht beurteilen was andere tun oder denken, ich kann nur meine eigene Arbeit anbieten. Und weißt Du was: Ich bin da total eigennützig. Um nochmal den Orangensaft zu bemühen: Ich versuche tatsächlich den besten Orangensaft herzustellen, den es gibt. Ich mache ihn so, wie ich davon überzeugt bin, dass er sein muss. Und dabei interessiert es mich dann auch nicht, was der oder die dazu sagen. Ich mache ihn für die Leute, denen er hoffentlich gefällt. Ich biete Ihnen etwas an und hoffe und will natürlich, dass sie zugreifen. Oft tun sie das auch, aber nicht immer. Macht das eigentlich irgendeinen Sinn was ich hier gerade erzähle?

 

Man kann ja beim Lesen in Ruhe drüber nachdenken. Mir stellt sich gerade die Frage, warum machst Du eigentlich nicht mehr Komödien, man sieht Dich in Deinen Filmen so selten lachen.

 

Ach, das stimmt nicht. Oder doch? Aber das ist ja nun mal die Natur dieses Geschäfts: Zuerst war ich der Mann für die historischen Rollen, der „Biography Man“. Ein Film über Steven Biko oder über Malcolm X? - Holt „Biography Man“. „Remember the Titans“ und „Hurricane"? Nehmt „Biography Man“! Dann kam „Training Day“ und plötzlich hieß es „holt den „Bad Guy Man“. Und wer weiß, vielleicht seht ihr mich irgendwann nur noch als „Silly Man“. Man möchte das eigentlich gar nicht so, aber die Angebote kommen halt immer in gewissen Wellenbewegungen, die Produzenten wollen auf Nummer Sicher gehen und kein Geld verlieren. Man muss immer ordentlich kämpfen und ich hatte das Glück, dass ich in meinen ersten Kinofilmen mit sehr angesehenen Regisseuren gearbeitet habe und diese erfolgreich waren – dadurch habe ich mir dann früh eine gewisse Position geschaffen, nicht alles annehmen zu müssen.

 

Denzel 2Hat Denzel Washington eine Meinung zum bevorstehenden amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf?

 

Er hat eine und ein bisschen kann ich hier auch sicher dazu sagen. Obama hat einige seiner Wahlversprechen erfüllt, z.B. was die Inflationsrate betrifft. Er hat es nicht geschafft, wie angekündigt das Staatsdefizit zu halbieren – weil er absolut Null Unterstützung durch die Opposition bekommen hat, aber er hat es immerhin etwas gesenkt. Veränderungen gehen nur sehr langsam, was einmal lieb gewonnene Gewohnheiten und Subventionen betrifft. Aber das muss ich Euch hier in Deutschland sicher nicht erzählen, wenn man sich den Euro anschaut. Im Ernst, fühlt man sich hier nicht oft wie der Geldgeber für andere, die es nicht selbst hin bekommen? Ich meine: Hallo, Griechenland? Aber zurück zu Obama: Ich denke einfach, er sollte die Gelegenheit bekommen, das fortzuführen was er begonnen hat. Er ist der erste schwarze Präsident unseres Landes und hat alleine deshalb mit großen Widerständen zu kämpfen. Die Ersten sind nicht immer die Besten, aber sie bereiten den Weg.

 

Blicken wir auch noch woanders in die Zukunft: Was sind Deine nächsten Projekte?

 

Zunächst kommt der Film „Flight“, den wir gerade abgedreht haben und der der erste Realfilm von Robert Zemeckis seit „Castaway“ ist. Ich spiele einen Flugzeugkapitän, der drogenabhängig ist. Was ihn nicht gleich automatisch zu einem „Bad Guy“ macht, bevor diese Frage kommt. Er muss gegen seine Sucht kämpfen und auch mit einer Katastrophe, bei der er viele Menschen gerettet hat, aber auch einige umgekommen sind. Danach steht dann der Action-Thriller „2 Guns“ an, in dem ich zusammen mit Mark Wahlberg spiele. Und dann möchte ich auch endlich mal wieder Regie führen.


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