Interview mit "Einfach zu haben"-Regisseur Will Gluck

von Volker Robrahn / 25. September 2011

Filmszene: Will, wer ist denn nun der große Fan von 80er Jahre- und speziell den John Hughes-Komödien, Sie oder doch eher der Autor des Films, Bert Royal?

Will Gluck: Das bin ich. Ich liebe die Filme von John Hughes und ich habe schließlich auch das gesamte Drehbuch umgeschrieben. Ich wollte schließlich keinen weiteren einfachen High School-Film drehen.

Sie werden aber nicht offiziell als Autor in den Credits geführt.

Das gehört sich so. Wenn man der Regisseur ist, nimmt man sich in solchen Fällen nicht auch noch das Verdienst des Autors. Außerdem mag ich es auch gar nicht, wenn mein Name überall kreuz und quer über dem Film geschrieben steht. Nein, Bert hat die Grundstory und die Struktur geschaffen, aber ich hab dann, als wir die Charaktere gecastet haben, schon alles mögliche geändert und später auf dem Set noch viel mehr, so das ich dann letztendlich jede Szene umgeschrieben hatte. Es ist aber für mich ganz normal da zu improvisieren und meinen Darstellern ständig zu sagen "Probier das mal aus, lass es uns mal so versuchen".

 

Wäre es Ihnen also grundsätzlich lieber, nur die eigenen Skripts umzusetzen?

So habe ich mal gedacht, ja. Am liebsten alles selbst und alleine machen. Aber wenn man eine gute Idee angeboten bekommt, wäre es doch dumm, diese dann aus Prinzip abzulehnen. Grundsätzlich sind es aber die Dialoge und die Gags, die mir am meisten Vergnügen bereiten, und am liebsten würde ich mich nur darauf konzentrieren.

Warum sieht sich Olive im Film denn "Der scharlachrote Buchstabe" in der deutschen Fassung an?

Weil ich es liebe, meine Filme mit unzähligen kleinen Dingen auszuschmücken, die vermutlich kaum jemand bemerkt. Dass mit dem "scharlachrot" wird vermutlich nur Euch hier in Deutschland auffallen. Es gibt ja auch jede Menge Anspielungen auf andere Filme, nicht nur auf die von John Hughes. Die Musik von "Grease", der Rasenmäher und der Ghettoblaster. Das macht dann denen, die es erkennen Freude, stört aber auch den Rest nicht weiter. Ich mache also vermutlich so etwas wie High School-Filme für alte Leute.

Die Dialoge sind sehr stark und der Film fließt in einem schönen Rhythmus, der aber ganz anders ist als etwa bei einer Sitcom.

Ich hab ja vorher jede Menge Sitcoms geschrieben. Da läuft wirklich alles in einem ganz festen Rhythmus, so dass man fast automatisch mitlacht, selbst wenn man den Gag gerade nicht verstanden oder verpasst hat. Es hört nie auf, geht immer weiter und weiter mit den Gags. Auch mein Film hat so einen Rhythmus, denn auch im Leben eines High School-Mädchens hört es nie auf mit den Gerüchten, dem Wettkampf und der Show. Es geht jeden Tag, jede Minute weiter.

Aber ist der Druck, ständig neue Lacher produzieren zu müssen, bei einer Sitcom nicht höher?

Nein, denn Sitcoms sind sehr einfach. Ich habe das jahrelang gemacht und es wie ein Muster, eine Blaupause, die man immer und immer wieder abspult. Auch die Geschichten sind äußerst simpel. Irgendetwas passiert, irgendetwas läuft schief, dann wird es aufgelöst. Das ist alles sehr, sehr formelhaft.

Wobei die Dialoge, die Sie ihren Figuren in den Mund legen, ja auch nicht eben aus dem Leben gegriffen sind, denn wer spricht schon so geistreich und schlagfertig? Ich denke da z.B. gerade an die beiden Eltern, herrlich dargestellt von Stanley Tucci und Patricia Clarkson.

Aber wäre es nicht wundervoll, wenn die Leute so sprechen würden? Ich liebe Menschen, die sich intelligent ausdrücken können und ich wünschte, ich selbst könnte das immer so tun. Ich mag nicht, wie flach sonst in High School-Filmen gesprochen wird. Olive in meinem Film weiß aber eines immerhin genau: Dass sie im Grunde keine Ahnung und keine Kontrolle über das hat, was sie da tut. Mein Glück war, dass ich dafür Emma Stone zur Verfügung hatte, die meinen Stil mag und von der ich behaupte, dass sie mindestens sechs Emotionen mit einem einzigen Gesichtsausdruck vermitteln kann.

Sie haben allerdings eine Komödie über Sex gedreht, in der es keinen Sex zu sehen gibt.

Ja, die sexlose Sexkomödie. Ganz schön clever, oder? Dafür habe ich ein paar ziemlich merkwürdige Worte erfunden, die gewisse Dinge schön umschreiben und die schlimme Fantasie des Zuschauers anregen. Ich wollte unbedingt einen jugendfreien Film drehen, den alle sehen können. Mit dem Sex ist das ja so eine Sache in meinem Heimatland. Niemand kennt einen Killer oder Serienmörder oder hat einen in seiner Nachbarschaft, daher kann man sich gewalttätige Filme darüber dann auch ganz entspannt ansehen. Aber niemand redet über Sex und Eltern wollen grundsätzlich nicht, dass ihre eigenen Kinder Sex haben. Das ist viel zu nah am eigenen Leben und daher tabu oder schlicht pfui.

Beklagen könnten sich aber auch die real existierenden Personen, die in Ihrem Film ihr Fett wegbekommen. Haben sich Tom Cruise oder Demi Moore schon bei Ihnen gemeldet?

Nein, bisher gab es da keine Beschwerden. Was mir an den meisten Filmen nicht gefällt ist, dass die in einer Welt ohne Popkultur leben. Die Menschen in diesen Filmen aus Hollywood reden nicht über die Musik, die Filme oder die Stars von heute, als wenn es die gar nicht gäbe. Aber das ist doch völlig unrealistisch, schließlich reden wir in Wahrheit doch alle ständig darüber. Und deshalb ist das also zumindest ein Bestandteil MEINER Filme.

Für einen Mann, der gerade erst seinen zweiten Film gedreht hat, wirken Sie erstaunlich selbstbewusst.

Das stimmt, ich war schon immer recht selbstbewusst. Daher lautet mein Lebensmotte auch: "Oft falsch gelegen, aber nie gezweifelt".


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