#9

Originaltitel
9
Land
Jahr
2009
Laufzeit
75 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 29. Mai 2010

Youtube sei es gedankt, die filmische Visitenkarte in Form von Kurzfilmen hat wieder Hochkultur. Sie hat uns letztes Jahr etwa Neill Bloomkamp und dessen Überraschungshit "District 9" beschert. Und eben auch den jungen Shane Acker, mancherorts als neue Hoffnung im Animationsbereich gehandelt, der mit einem zehnminütigen animierten Kurzfilm namens "9" eine beeindruckende Talentprobe abgab und sich jetzt wie Bloomkamp an die Langfassung seines eigenen Stoffes machen durfte.

"#9" beginnt dabei mit einem Voiceover eines älteren Wissenschaftlers, der uns unheilvoll verkündet: "Die Welt ist am Untergehen, aber das Leben muss weitergehen", während er an kleinen mechanischen Männchen, scheinbar aus Jutesack gefertigt, arbeitet. Dann: Eines dieser Männchen erwacht. Es weiß nicht, wer oder was es ist oder was es hier tut, genauso wie der Zuschauer nicht weiß, wie viel Zeit mittlerweile vergangen ist. Eine große Neun ist auf seinen Rücken gestickt. Also macht sich 9 auf die Erkundung seiner Welt, die - soviel dürfen wir verraten - eine postapokalyptische ist. Was er dort findet, sind neue Freunde und große Gefahren - und vielleicht ein wenig Hoffnung für eine tote Welt.

Apokalypsen haben wieder Hochkultur. Erst durfte Roland Emmerich in "2012" die Welt in Schutt und Asche legen, jetzt kommen die Filme, die das Danach erzählen. Denzel Washington schwingt sich als cooler Endzeitheld Eli durch eine kaputte Erde, Viggo Mortensen macht mit seinem Sohn einen langen beschwerlichen Weg "The Road" entlang und selbst im Animationsbereich wird vor Endzeitstimmung nicht zurückgeschreckt. Das macht "#9" auch in den Anfangsminuten gleich klar, wenn menschliche Widerstandskämpfer (à la "Terminator") von Robotern in Stücke geschossen werden. Womit zwei Dinge gleich klar sind: Lustig wird es hier nicht werden, und für die Kleinsten ist das auch nichts.

Was einen erstmal erfreut, denn das leidige "Zeichentrick ist nur was für Kinder" ist damit erstmal vom Tisch gewischt. Und die ersten Minuten lassen auf Großes hoffen. "#9" ist nicht nur inhaltlich ganz anders als die meisten Animationsfilme, er sieht auch anders aus. Während ja die klassischen Filme dieses Genres auf glatte Oberflächen, klare Linien und bunte Farben setzen, folgt man hier der Optik der Kurzfilm-Vorlage und bildet diese tote Welt als staubigen, unwirtlichen, auch unreal wirkenden Ort ab. Dieser ist in Sepia-Farben gehalten und erinnert damit in seiner Farblosigkeit an "The Road". Details und Landschaften sind wunderbar abgebildet, ohne dabei ganz an den Pixar-Standard heranzukommen, was angesichts des deutlich kleineren Budgets, das Regisseur Shane Acker zur Verfügung stand, auch nicht zu erwarten war. Acker und sein Team haben jedenfalls das Beste aus dem Geld gemacht, das sie hatten. Leider haben sie an genau der Stelle gespart, die am wenigsten Geld kostet, nämlich am Drehbuch. Und das wiegt schwerer als ein Budgetloch in der Computeranimation.

Gerade erst hat ja "Avatar" die alte Inhalt-gegen-Ästhetik-Debatte wieder aufleben lassen, aber es ist eine Debatte, die man genau so gut mit "#9" weiterführen kann. Denn auch hier trifft eine tolle bildliche Umsetzung auf Klischeecharaktere und ein schwaches Storygerüst. Wo man aber "Avatar" seine Effektivität trotz dieser Schwächen nicht absprechen kann, verflacht das Interesse an "#9" nach dem zugegebenermaßen exzellenten Anfang rapide und trotz seiner extrem kurzen Laufzeit von eineinviertel Stunden setzt ziemlich schnell Langeweile ein, die auch die konstanten Actionszenen nicht eindämmen können. In dem Versuch, Ackers Story aus seinem Kurzfilm auf Spielfilmlänge zu strecken, ist Drehbuchautorin Pamela Pettler so gar nichts eingefallen, was auch nur ansatzweise neuartig ist oder zumindest geschickt gestohlen.

Neben den sattsam bekannten Klischees sorgt vor allem die flache Charakterisierung der Figuren für Ernüchterung. Keine der kleinen Sackmännchen haben besondere Eigenschaften oder Charaktertiefe, die über ein paar Stichworte (der große Tumbe, der rührende Alte, das strenge Oberhaupt, das mutige Mädchen) hinauskommen. Gerade unser Titelheld 9, im Original gesprochen von Elijah Wood, ist von extremem Charisma-Mangel betroffen, was besonders schlecht ist, da er uns als Stellvertreter dienen soll in dieser postapokalyptischen Welt, die wir mit ihm zusammen entdecken. Auch macht die Figurendynamik keinen Sinn. Da es eh nur neun Sackmännchen gibt, macht weder die von 1 (Christopher Plummer) entwickelte rigide Gesellschaftsordnung Sinn, noch, dass eben jener wie ein böser Alleinherrscher mit seinem Privatleibwächter daherkommt.

Überhaupt erscheint dieser interne Konflikt aufgesetzt und überflüssig, da der Film aber kaum andere Storydetails sein Eigen nennt, musste wohl auch auf diese olle Kamelle zurückgegriffen werden. Auch, dass 1 seine strenge Herrschaft auf Angst aufbaut und damit begründet, dass schon "zu viele von uns gestorben sind" macht angesichts der Anzahl an letztendlich noch lebenden Sackmännchen schlichtweg keinen Sinn. Dass man trotz eigentlich ständiger Actionszenen Zeit und Muße hat, über derlei Drehbuchschwächen nachzudenken, zeigt schon, wie wenig man hier emotional involviert ist. Sozusagen als Ausgleich soll dann wohl das mystische Finale gemeint sein, das kommt dabei aber einfach unglaublich kitschig daher, so dass sich trotzdem das wohl erwünschte positive Gefühl nicht recht einstellen will. Zu wenig war man involviert, zu unklar ist auch, warum dieses Ende jetzt für die tote Welt, die wir gesehen haben, irgendeiner Art von Neubeginn gleichkommt.

Und so kann "#9" niemanden so richtig überzeugen: Für die Kleinsten ist der Film zu gewalttätig, für alle anderen zu simpel und alsbald langweilig. Das Einzige, was tatsächlich für alle bleibt, ist die zweifellos eindrucksvolle Optik des Films. Zudem gelingen Acker durchaus beeindruckende Szenen, gerade wenn das 'Hypnosemonster' involviert ist, das tatsächlich ein recht furchterregender Gegner für unsere kleinen Männchen ist. Sicherlich auch einer der Gründe, warum "#9" erst der vierte Animationsfilm ist, der in den USA mit einem PG-13 (also etwa einer ab 12-Freigabe) ins Kino gelangte. Das ist an für sich ja schon ein Erfolg und als zweite Talentprobe geht "#9" ja auch in Ordnung, wenn auch leider nicht mehr. Man darf gespannt sein, was Shane Acker in Zukunft abliefern wird, vor allem wenn er neben der Animation auch sein erzählerisches Talent weiter ausbaut und vielleicht auch bessere Mitstreiter beim Drehbuchschreiben um sich sammelt. Somit ist "#9" als Zeichen der Dinge, die da vielleicht noch kommen werden, brauchbarer denn als Filmvergnügen an sich. Aber das ist ja auch schon was wert: Bei so manchem Filmemacher wünscht man sich schließlich nach seinem ersten Versuch, er möge doch bitte von jetzt an einem bürgerlichen Beruf nachgehen.

Bilder: Copyright

Der Trailer macht Lust auf Mehr. Skurill und abseits der durchgekauten Knuddel-CGI Filme.

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Ich bin mal gespannt, bei uns in Stuttgart kommt er ab 04.03. für eine Woche ins Metropol, leider kann man noch nicht reservieren. Ich glaube aber kaum, dass wir uns dieser Rezension anschließen werden.

Ich schreibs euch dann!

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9
9/10

Das Fehlen charakterlicher Tiefe der Jutesäckchen tat dem Film wenig Abruch. Wir haben uns nicht gelangweilt! Das wäre doch eher zu erwarten gewesen, wenn in epischer Breite auf die Details der Teilcharaktere des Wissenschaftlers (dargestellt durch besagte Jutesäckchen)eingegangen worden wäre. Ingesamt eine sehr ungnädige Rezension durch S. Staake. Meine Erklärung: -> Kein Faible für das Genre oder ein schlechter Tag. Ein zweites Mal ansehen hilft da sicher nicht, denn dafür ist die Story wirklich zu dünn.

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8
8/10

tolles design. liebevolle umsetzung und atmosphäre. keine minute langweilig, auch wenn das thema nicht unbedingt neu war. trotzdem sehenswert und allemal mehr wert als manch anderer mist der einem heutzutage um die ohren gehauen wird. nichts für die ganze familie.

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