Alles Geld der Welt

Originaltitel
All the Money in the World
Land
Jahr
2017
Laufzeit
132 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 16. Februar 2018

alles geld 1Wenn das wirklich das Ziel war, dann hat es definitiv nicht funktioniert: Als Ridley Scott sich entschloss, sämtliche Szenen seines aktuellen Films, in denen der unter der Beschuldigung sexueller Übergriffe stehende Kevin Spacey als Milliardär J. Paul Getty auftritt, noch einmal ohne ihn neu zu drehen, war es dem Vernehmen nach die Sorge, die Rezeption von „Alles Geld der Welt“ würde andernfalls von der Diskussion um Spacey überlagert werden, die den Regisseur zu dieser Entscheidung trieb. Das Ergebnis ist nun, dass trotzdem praktisch jeder Artikel und jede Überschrift mit „Der Film, aus dem Kevin Spacey entfernt wurde“ beginnt und Ridley Scott sich zusätzlich noch eine Diskussion um ethische Grundsätze und die Freiheit der Kunst eingehandelt hat. Aus rein kommerzieller Sicht hat das alles auch nicht geholfen, denn die ganzen Hintergrundgeräusche haben ebenfalls nicht dafür gesorgt, dass das Publikum in großer Zahl für diesen Film in die Kinosäle strömt. Womit es weise handelt, da „Alles Geld der Welt“ ein sehr durchwachsener Scott-Film ist, den man für die gebotene Geschichte und die Art der Inszenierung nicht unbedingt gesehen haben muss. Für einige der gebotenen Darstellerleistungen lohnt er sich aber sehr wohl, und das gilt vor allem für den „Ersatzmann“ Christopher Plummer.

alles geld 2Als der erst sechzehnjährige Paul Getty III. (Charlie Plummer, keine Verwandtschaft mit Christopher) eines Abends in Rom von italienischen Kleinganoven entführt wird, entspinnt sich ein über Monate andauerndes Drama, das zum Teil vor den Augen der Weltöffentlichkeit stattfindet. Die Möglichkeit, die Entführung schnell zu beenden, indem er die geforderten 17 Millionen Dollar Lösegeld zahlt, lässt sein Großvater, der Öl-Milliardär J. Paul Getty (Christopher Plummer) ungenutzt, da er mögliche Nachahmer nicht ermutigen möchte mit einem seiner 13 weiteren Enkel das Gleiche zu veranstalten. Pauls verzweifelter Mutter Gail (Michelle Williams) wird als Unterstützung lediglich der ehemalige CIA-Mann Fletcher Chace (Mark Wahlberg) an die Seite gestellt. Es entwickelt sich zwischen den zwei bzw. drei Parteien ein zermürbendes Katz- und Maus-Spiel mit ungewissem Ausgang.

alles geld 3Der reale Entführungsfall zog sich einst über Monate, der Film dazu immerhin über 132 Minuten und das sind eindeutig ein paar zu viel. Was den Kriminalfilm- und Thriller-Anteil angeht ist „Alles Geld der Welt“ nämlich erstaunlich bieder inszeniert, bietet nichts was man nicht schon oft wesentlich packender oder auch beklemmender gesehen hat. Viel Zeit wird den internen Streitereien der klischeehaft entworfenen Entführer oder den (letztlich erfolglosen) Übergabe- und Vermittlungsversuchen gewidmet, bis man dann irgendwann pflichtgemäß zu der berühmten und damals durch alle Zeitungen und Nachrichten gegangenen Episode mit dem abgeschnittenen Ohr des Entführungsopfers kommt. Man bekommt dabei nicht den Eindruck als hätten sich Ridley Scott und sein Drehbuchautor David Scarpa besonders für die eigentliche Story interessiert, viel mehr scheinen sie eine Parabel über die Macht des Geldes und was es aus einem Menschen macht im Sinn gehabt zu haben, worauf ja nicht zuletzt auch der Titel ihres Films hinweist.

alles geld 4Daher steht im Zentrum des Films auch das Duell zwischen der zwar mit einer megareichen Familie verbandelten, im Grunde aber mittellosen Gail als allein an der Unversehrtheit ihres Jungen hängenden Mutter und ihrem zu solchen Gefühlen unfähigen Schwieger-Großvater J. Paul Getty, der sich trotz seines unermesslichen Reichtums nicht aus einer Art „Geiz ist Geil“-Maxime befreien kann und bei allen Aktionen stets berechnet, was für ihn dabei herausspringt - was soweit geht, dass er sich tatsächlich schriftlich garantieren lässt, dass er eventuelle Lösegeldzahlungen dann auch von der Steuer absetzen kann. Die Figur von Michelle Williams ist in ihrer Charakterisierung dabei größtenteils eine als Gegenpol benötigte Fiktion, zu der sich sonst in den historischen Aufzeichnungen zum Fall nur wenig finden lässt. Williams macht ihre Sache gewohnt gut und überzeugend, aber der eigentliche darstellerische Triumphator ist tatsächlich Christopher Plummer, der seinem Charakter – trotz einer in Minuten gezählten eher kurzen Leinwandzeit – eine beeindruckende Tragik verleiht.

Man wird wohl nicht erfahren, wie „Alles Geld der Welt“ in der ursprünglich angedachten Version mit Kevin Spacey ausgesehen hätte, aber es fällt nach Betrachten des nun vorliegenden Werkes sehr schwer sich irgendjemand anders als den Veteranen Plummer in dieser Rolle vorzustellen. Zumindest der ursprüngliche erste Trailer ist ja noch online zu finden, und wer darin sieht wie ein für diese Rolle im Grunde viel zu junger Spacey unter Tonnen von Make-Up mit betont tiefer Stimme spricht, der darf sich schon fragen warum die Casting-Entscheidung zunächst so und damit gegen den auch in der Vorproduktionsphase bereits im Rennen befindlichen Christopher Plummer gefallen war. Der verpasst seiner Figur nun nicht nur eine stets spürbare Autorität, sondern in jedem Moment auch eine absolute Natürlichkeit, die den Schauspieler dahinter verschwinden und vergessen lässt. Ohne damit irgendeine moralische Bewertung der umstrittenen Entscheidung an sich vorzunehmen, kann man kaum umhin die Oscar-Nominierung für Plummer als vollkommen gerechtfertigt zu bewerten, unter welchen Umständen und aus welchen Motiven sie auch immer zustande gekommen sein mag.

alles geld 5Übrigens: Ein gewisser Mark Wahlberg spielt hier auch noch mit und hat sogar deutlich mehr Leinwandzeit. Allerdings zeigt sich bei seinem etwas runtergekommenen aber an sich integren Ex-Geheimdienst-Mann das ganze Dilemma dieses unausgegorenen Films. Denn Wahlberg hat wenig Möglichkeiten seiner kaum ausgearbeiteten Figur Konturen zu verleihen und bleibt daher genauso farb- und reizlos wie die meisten der Szenen, in denen er auftritt.

Nein, um die Krimihandlung geht es hier gar nicht, denn eigentlich wollte Scott einen Film darüber drehen wie verbittert und einsam einen Macht und Reichtum machen können. Hat er aber leider nicht bzw. nur zu einem kleinen Teil. Das erklärt im Nachhinein zwar auch etwas besser die Bedeutung und Wichtigkeit der Besetzung einer bestimmten Rolle, macht „Alles Geld der Welt“ aber leider nicht zu einem wirklich gelungenen Film.

Bilder: Copyright

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.