Der Spion und sein Bruder

Originaltitel
The Brothers Grimsby
Jahr
2016
Laufzeit
87 min
Genre
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Volker Robrahn / 8. März 2016

bruder 1Nicht jeder würde behaupten, dass das Leben von Nobby (Sacha Baron Cohen) in einem ziemlich heruntergekommenen Viertel der Hafenstadt Grimsby besonders erstrebenswert ist. Doch der ist sehr zufrieden mit seiner „wunderschönen“ Freundin Dawn (Rebel Wilson), seinen neun Kindern und einem Alltag, der hauptsächlich daraus besteht mit seinen Kumpels abzuhängen und in der Kneipe Fußball zu schauen. Nur eines bedrückt den simpel gestrickten Mann: Seit vielen Jahren hat er nichts mehr von seinem Bruder Sebastian (Mark Strong) gehört, von dem er einst als Kind unter etwas mysteriösen Umständen getrennt wurde. Als es endlich gelingt Sebastian ausfindig zu machen ist die Freude groß - nicht jedoch bei Sebastian, denn der hat es zum Geheimagenten beim MI6 gebracht und ist gerade dabei ein Attentat zu verhindern, als Nobby ins Geschehen platzt und für pures Chaos sorgt. In der Folge wird Sebastian sogar für einen Verräter gehalten und nun von mehreren Seiten gejagt. Unter großem Widerwillen bleibt ihm schließlich nichts Anderes übrig, als die Hilfe und das Unterschlupfangebot von Nobby und dessen nicht weniger minderbemittelten Kumpanen anzunehmen.

 

bruder 2Nachdem seine ersten Kinofilme im Stil gefaketer Dokumentationen daherkamen und dabei auf erfrischende Weise reale Menschen mit äußerst kruden Sichtweisen vorführten, hat Sacha Baron Cohen bereits mit „Der Diktator“ den Schritt zum reinen Spielfilm vollzogen. Doch wie die Vorgänger enthielt auch dieses Werk immer noch eine ordentliche Portion an gesellschafts-politischen Seitenhieben, mit denen vor allem den USA recht clever der Spiegel vorgehalten wurde. Mit seiner aktuellen Produktion „The Brothers Grimsby“ entfernt sich Cohen aber nun fast vollständig von diesem Anliegen und scheint nur noch darauf aus, eine möglichst wilde und groteske Komödie vorzulegen.

Ein Vorhaben, das auch erreicht wird, denn vor allem in Sachen Fäkal-Humor überholt die Klamotte, die hierzulande unter dem Titel „Der Spion und sein Bruder“ veröffentlicht wird, mühelos jedes Werk auf der nach oben offenen Adam Sandler-Skala. Da muss der eine Bruder dem Anderen das tödliche Gift aus dem Hodensack saugen, und wenn sich beide im Inneren eines Elefantenweibchens verstecken (was für sich genommen eigentlich schon schräg genug ist), dann stehen die männlichen Vertreter der Herde prompt Schlange, um die Beiden mit ihrem gewaltigen Gemächt zu penetrieren und anschließend mit einer Flut von Elefanten-Sperma zu bedecken. Auf sowas darf man sich also einstellen und „freuen“, wenn man einen schönen Partyabend im Kino verbringen möchte, und dass der Film im Prinzip ausschließlich für solche Gelegenheiten bei entsprechendem Alkoholgenuss gedacht ist scheint auch dem Verleih klar, der die Pressevorführung entsprechend als Abendvorstellung mit Gratis-Bier und freier Begleitung ansetzte.

bruder 3Immerhin: Dieses „Normalpublikum“ hatte durchaus seinen Spaß und grölte immer wieder auf bei den beschriebenen Szenen, wobei nicht immer klar herauszuhören war, ob nun aus Begeisterung oder Entsetzen. Um es positiv zu formulieren: Langweilig wird es jedenfalls nicht, bei dem keine neunzig Minuten langen Ritt auf der Klinge des völlig durchgeknallten Irrsinns. Da kann der Kritiker sich im Grunde nur zurückziehen und realisieren, dass er definitiv nicht zur Zielgruppe gehört. Was an sich ja auch soweit okay wäre, wenn dieser Sacha Baron Cohen halt eben nicht schon bewiesen hätte, dass er doch ein wenig mehr draufhat und seinen derben Humor auch mit einer hübschen Doppelbödigkeit versehen kann. Und ab und zu blitzt sie dann auch mal wieder auf, die etwas feinere Klinge, denn ein Film in dem Fußball-Fanatiker Nobby bei der Beschreibung der schlimmsten Verbrecherorganisation der Welt zuerst die FIFA einfällt und bei dem politisch unkorrekt auf scheinheilige Wohlfahrtsorganisatoren oder auch Donald Trump (zugegeben ein leichtes Opfer) eingeschlagen wird, der kann ja irgendwo doch nicht völlig schlecht sein.

bruder 4Am stärksten scheint diese Qualität des „alten“ Cohen noch bei der Darstellung des sozialen Umfeldes der Bewohner von Grimsby durch, die Tourismus-Abteilung (so sie denn existiert) der größten Hafenstadt Englands dürfte jedenfalls nicht allzu begeistert davon sein, wie sie und ihre Bürger hier präsentiert werden. Doch wenn die sich im Film nicht wirklich selbstironisch, sondern eher stolz als „Abschaum“ bezeichnen und mit ihren wabbeligen, vom Bier geformten Oberkörpern zur Rettung der Welt losstürmen, dann hat das schon was. Es sind aber dann doch zu wenige solcher Momente innerhalb eines ansonsten nun mal völlig bescheuerten und geschmacklosen Films, für den es schon eines dicken Elefantenfells bedarf, um ihn halbwegs unbeschadet zu überstehen.

Bilder: Copyright

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