Hostage - Entführt

Originaltitel
Hostage
Land
Jahr
2005
Laufzeit
113 min
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 1. Juni 2010

Jeff Talley (Bruce Willis) ist in Los Angeles DER Mann für Verhandlungen mit psychisch labilen Geiselnehmern. Doch als eine Befreiungsaktion in der Katastrophe endet weil Jeff die Lage falsch eingeschätzt hat, verliert er daraufhin mehr als nur seine zur Schau gestellte Selbstsicherheit. Er verlässt den Moloch L.A. und zieht mit seiner Familie in eine Kleinstadt mit niedriger Kriminalitätsrate. Als jedoch eines Tages drei Jugendliche eher ungeplant in die Villa des wohlhabenden Walter Smith (Kevin Pollack) eindringen, entwickelt sich dort eine dramatische Situation. Von der Polizei entdeckt, nehmen die überforderten Kleinkriminellen die aus Vater, Tochter und Sohn bestehende Familie als Geiseln und verschanzen sich in dem mit allerlei technischen Finessen ausgestatteten Anwesen. Talley bleibt seinen Vorsätzen treu und gibt den Fall daher zunächst an den örtlichen Sheriff ab. Doch der Wohlstand des einfachen Buchhalters Smith hat seine Gründe und liegt in den nicht ganz legalen Arbeiten begründet, die er für seine mächtigen Auftraggeber ausführt. Diese haben ein gesteigertes Interesse an der Unversehrtheit der Geisel und seiner ganz speziellen Besitztümer. Und so hat Jeff Talley nach einer unfreiwilligen Konfrontation mit den unbekannten Hintermännern bald gar keine Wahl mehr: Denn wenn er jetzt nicht doch auf eigene Faust versucht den Fall zu lösen, ist weit mehr als nur sein eigenes Leben in Gefahr.

Bruce is back in Action. So lautet die lapidare und doch bemerkenswerte Erkenntnis nach Betrachten von "Hostage". Denn nachdem er es jahrelang ganz bewusst vermieden hat in Filmen mitzuwirken, die auch nur entfernt an seine Paraderolle aus den "Stirb Langsam"-Filmen erinnern, bewegt sich Bruce Willis nun doch wieder in dem Genre, dass ihm einst zum großen Durchbruch verhalf. Sicher, es gibt schon einige Unterschiede zu den Abenteuern des John McClane (die auffälligsten sind deutlich weniger Humor und trockene Sprüche sowie ein spürbar zurückgefahrener Bodycount), aber allein die Auftaktsequenz, in der Willis einige Minuten lang die vollbärtige coole Sau raushängen lässt, dürfte bereits genügen, um den darbenden Fans ein verzücktes "Endlich!" zu entlocken. Und die darauf folgende Phase als traumatisiertes Weichei dauert dann auch nicht allzu lange, bevor sein Jeff Talley - wenn auch nur durch nicht ganz so sanften Druck von außen - wieder Kommando und Initiative übernimmt.
Wie überhaupt die erste Hälfte des Films die deutlich stärkere ist und fast restlos überzeugen kann. Das beginnt beim grandios konstruierten Vorspann, der den Zuschauer zusammen mit den bald folgenden Kamerafahrten über Straßen und Berge hin zum Ort des dann folgenden Geschehens schön auf eine spannende und bedrohliche Geschichte einstimmt. In diesen frühen Sequenzen macht sich noch am deutlichsten die eigene Handschrift des französischen Wunderkindes Florent Siri bemerkbar, der vor einiger Zeit mit seinem "Tödlichen Wespennest" für Aufsehen sowohl bei Publikum als auch bei Filmschaffenden sorgte. Dies verschaffte ihm auch den Regie-Job für die Hollywood-Produktion "Hostage" und es ist zu befürchten, dass Siri seine eigenen Vorstellungen hier wohl nur zum Teil um- und durchsetzen konnte. Denn leider fällt sein Thriller mit fortschreitender Laufzeit immer stärker zurück in die vorhersehbaren Pfade des Genres und kann die mitreißende Stimmung und Spannung des Auftakts nicht halten, bis er schließlich in einem recht konventionellen Finale sein blutiges Ende findet.

Die in der Werbung für den Film groß angekündigten "zahlreichen Wendungen" reduzieren sich dabei genau genommen auf eine einzige in der Mitte des Films und selbst die dürfte vielen Zuschauern durch die entsprechende Berichterstattung schon vorher bekannt sein. Dass hinter dem biederen Familienvater Walter Smith mehr steckt als zunächst angenommen, wird durch deutliche Hinweise schon recht früh offensichtlich und geht daher auch nicht als großer Clou durch. Obwohl Kevin Pollacks "Mr. Smith" zumindest noch eine einigermaßen vielschichtige Figur ist, was man von den drei jugendlichen Möchtegerngangstern nun wahrlich nicht behaupten kann. Da haben wir den ungestümen Anführer samt besonnenem und deutlich vernünftigerem Bruder sowie als Drittes noch den obercoolen Psychopathen. Mit anderen Worten also einen ganz tiefen Griff in die Klischeekiste samt klassischer Rollenverteilung, wie sie beispielsweise zuletzt auch in dem ebenfalls nur mittelprächtig gelungenen "Panic Room" zu sehen war. Überhaupt weist "Hostage" in Sachen Konzentration auf einen sehr übersichtlichen Raum sowie Ablauf des Geschehens in "Beinahe-Echtzeit" einige Parallelen zum Film von David Fincher auf.

Den großen Unterschied macht dann auch Bruce Willis, der diesen Film ganz klar dominiert - wie sollte es auch anders sein. Serientauglich ist seine neue Figur dabei wohl eher nicht und obwohl "Hostage" letztendlich auch nicht ganz gelungen ist, macht es doch auf jeden Fall einigen Spaß, ihn mal wieder so zu sehen: Als zwar sensible, aber trotzdem unkaputtbare Kampfmaschine. Ein akzeptables Aufwärmtraining für "Stirb langsam 4" - der steht als nächstes auf Willis' Terminkalender. Endlich.

 


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