Hotel Ruanda

Originaltitel
Hotel Rwanda
Jahr
2004
Laufzeit
121 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Simon Staake / 1. Juni 2010

"You cannot possibly think you can kill them all?"
"And why not? Why not? We're halfway there already."

Ruanda, April 1994. Die jahrhundertealten Konflikte zwischen den (von der ehemaligen Kolonialmacht Belgien willkürlich erschaffenen) Völkergruppen der Hutu und der Tutsi explodieren im schnellsten und vielleicht barbarischsten Völkermord aller Zeiten. Der von Hutu-Extremisten zu verantwortende Mord an dem Hutu-Diktator Habyrimana wird zum Anlass genommen, in einer von langer Hand geplanten Aktion gemäßigte Hutu und den Tutsi-Anteil der Bevölkerung zu ermorden. Innerhalb von nur 100 Tagen werden fast eine Million Ruander ermordet. Inmitten des blutigen Chaos: Paul Rusesabagina (Don Cheadle), der Manager des vornehmen Mille Colines Hotels in der Landeshauptstadt Kigali. Er hat als Hutu nichts zu befürchten, seine Familie allerdings schon, denn seine Frau Tatiana (Sophie Okonedo) ist eine Tutsi. Während Paul noch versucht, seine Familie in Sicherheit zu bringen, überschlagen sich die Ereignisse: Pauls Nachbarn und Freunde sowie weitere Tutsi suchen im Hotel Zuflucht. Nur mit Mühe kann Paul sie vor den Übergriffen der extremistischen Hutu-Milizen schützen - und muss als ‚Verräter' bald um sein eigenes Leben fürchten. Unter den fassungslosen Augen des altgedienten UN-Colonels Oliver (Nick Nolte) halten sich die Vereinten Nationen zurück und überlassen die Bevölkerung Ruandas ihrem blutigen Schicksal....

"Hotel Ruanda" ist "Schindlers Liste" in Afrika. So könnte man ganz grob den Plot des Films beschreiben, und man läge auch bei der Klasse des Films nicht falsch.
Und das Erste, was dem Publikum auffallen wird, ist, wie sehr "Hotel Ruanda" Spielbergs Film in Struktur und Zeichnung seiner Hauptfigur ähnelt. Das rief auch gleich schon Kritiker auf den Plan, denen die Konzentration auf den einen Gutmenschen inmitten des Sterbens nicht gefiel, genauso wie die Tatsache, dass angeblich zuwenig auf die Untätigkeit des Westens oder das Ausmaß des Völkermordes eingegangen wurde. Alles Quatsch. Regisseur Terry George hat genau die richtige Entscheidung getroffen, das Schicksal einer kleinen Gruppe von Menschen rund um einen zentralen Charakter zu zeigen. Einen Völkermord kann man nicht darstellen, den Mord an Individuen schon.
Überhaupt ist das Drehbuch von George und Keir Pearson herausragend geschrieben, in dem es zwar konsequent die limitierte Sichtweise Pauls beibehält, dabei aber geschickt in kleinen Szenen die wichtigsten Aspekte des Ruanda-Konfliktes einfließen lässt. Etwa, dass es sich bei den Morden an den Tutsi um einen weit im Voraus geplanten Völkermord handelt und nicht etwa um eine plötzliche Vergeltung für den (von den eigenen Männern als Vorwand durchgeführten) Mord an dem Diktator Habyarimana. Szenen wie das Gespräch zwischen Paul und seinem Bruder oder die Szene, in dem Paul beim Kauf von geschmuggeltem Alkohol Zeuge wird, wie eine Kiste Macheten, später die barbarische Mordwaffe Nummer 1, vor ihm auf den Boden fällt, bieten genug Hinweise auf das drohende Unheil.
Bereits in der Anfangsviertelstunde wird geschickt eine bedrückende und unheilsschwangere Atmosphäre aufgebaut, die bis ans Ende des Zweistundenfilms anhält. Gerade hier kommt die Perspektive des Films voll zur Geltung und beweist nachhaltig die Richtigkeit der gewählten Darstellungsweise: Genau so hilflos und geschockt wie Paul erlebt der Zuschauer das ausbrechende Chaos, wie er sieht auch der Zuschauer nur Bruchstücke der Gewalt, hört Zusammenhänge nur in Fetzen. Pauls Reise durch seine zur Hölle aus Blut und Gewalt werdenden Heimat spiegelt die des Zuschauers und sichert dessen Identifikation und Anteilnahme. So lässt "Hotel Ruanda" niemanden kalt, kann niemanden kalt lassen. Auch der Autor dieser Zeilen, durchaus abgehärtet in seinen Sehgewohnheiten, musste den einen oder anderen Kloß im Hals runterschlucken. Szenen wie jene, in der Paul und ein Angestellter im Nebel über extrem unwegsames Gelände fahren und dann herausfinden, warum der Weg so unbefahrbar ist, sind unvergesslich.

Zu der geschickt und immer spannend erzählten Geschichte kommt eine Hauptfigur, die kein naiver Gutmensch ist, sondern ein guter Mensch, der von den Umständen in eine Art Heldenrolle gezwungen wird und sich mit dieser dann arrangiert, so gut es eben geht. In erster Linie ist Paul ein guter Hotelmanager, der diese unfassbare Krise so zu behandeln versucht wie die üblichen Probleme im Hotelwesen: mit kühlem Kopf und manchmal ungewöhnlichen Methoden tut er das, was eben getan werden muss. Stur hält er auch in der größten Krise daran fest, dass im Mille Colines-Hotel alles nach Vorschrift weitergeht, als würden sich dort noch immer High Society Gäste vergnügen.
Aber all dies wäre vollkommen nutzlos, hätte man nicht auch einen großartigen Hauptdarsteller. Don Cheadle, seit jeher unterbewertet und nicht genug geschätzt für viele großartige Auftritte in Filmen von Könnern wie P.T. Anderson oder Steven Soderbergh bietet hier eine herausragende Leistung, gerade in dem er sich in vielen Szenen mimisch angenehm zurückhält und Paul Rusesabgina nicht als übermenschlichen Supermann zeichnet. Wertvolle Unterstützung gibt es von Nick Nolte als ebenso heldenhaftem UN-Colonel Oliver, Sophie Okonedo als Pauls Frau und Joaquin Phoenix als Journalist. Als kurze Randnotiz: Frechheit, dass eiskalt kalkulierter Kitsch wie "Wenn Träume fliegen lernen" bei den Oscars als bester Film nominiert wird, ein so wichtiger und großartiger Film wie "Hotel Ruanda" aber nicht. Nur soviel: alle drei Nominierungen, die der Film bekam (Drehbuch, Cheadle und Okonedo) waren vollkommen berechtigt.

"Hotel Ruanda" mag "Schindlers Liste" in vielen Aspekten ähneln, man kann aber sicherlich behaupten, dass Georges Film ein noch wichtigerer ist als der von Spielberg, da der Zweite Weltkrieg und das Nazi-Regime alle wichtigen Großmächte betraf und dementsprechend auch neben "Schindlers Liste" in dutzenden Filmen aus diesen Ländern zur Genüge abgearbeitet wurde. Die Konflikte in Afrika - und darunter eben auch so etwas Unvorstellbares wie der Völkermord in Ruanda - werden dagegen hier in den westlichen Industrieländern allerhöchstens als Randnotiz wahrgenommen. Von daher erfüllt "Hotel Ruanda" auch eine Art Bildungsauftrag, und das auf überzeugende, unterhaltsame und mitreißende Weise.
Bedrückend zeigt der Film das Versagen der Vereinten Nationen, die ihr "Beobachtungsmandat" nicht verletzen wollen. Wie die verfolgten Ruander mit ansehen müssen, wie die westlichen Länder ihre Touristen aus dem Land holen und dann Ruanda seinem eigenen Schicksal überlassen, ist schon harter Tobak. Sicherlich hätte George hier auch noch kritischer sein können. So wird kein Wort über die besonders schändliche Rolle der US-Administration Clinton (ja, auch vor George W. war nicht alles rosig) verloren, die sich in einem wochenlangen verbalen Eiertanz geradezu grotesk davor drückte, die Ereignisse als Völkermord zu bezeichnen, inmitten der Krise die Mitarbeit der US-Truppen bei internationalen Friedensmissionen beschränkte und die Abstimmung über einen Einsatz der Friedenstruppen mutwillig verzögerte. Im armen Ruanda gibt's ja schließlich auch keine Bodenschätze und Ölvorkommen. Durchaus verräterisch, dass dieser Film produktionstechnisch keinerlei amerikanische Gelder oder sonstigen Input aufweist: Im Land der Freien und der Heimat der Mutigen möchte man die ganze Angelegenheit wohl auch lieber vergessen. Ist ja auch schlecht fürs selbsterstellte Weltretter-Image. Die Frustration über die Untätigkeit und das Desinteresse der westlichen Staaten kommt in den zerfurchten, besorgten und hilflosen Gesichtszügen Nick Noltes so perfekt zum Ausdruck wie in seinen bitteren Kommentaren. "For them, you're not even a nigger", erklärt er dem fassungslosen Paul, "you're just an African."

Jedoch endet die Brisanz von "Hotel Ruanda" nicht auf dieser Note. Noch immer reiten im Sudan die "Dämonen auf Pferden", die Janjaweed-Milizen, mordend, vergewaltigend und plündernd durch die Darfur-Region, noch immer kämpfen im Kongo und einem halben Dutzend anderer Länder Kindersoldaten blutige und barbarische Guerillakriege. Der demnächst startende, exzellente "Maria voll der Gnade" über Drogenschmugglerinnen in Kolumbien trägt den Beisatz "Basierend auf 1.000 wahren Geschichten". Ähnliches lässt sich auch über "Hotel Ruanda" sagen, denn die zahllosen und scheinbar endlosen Konflikte im dunklen Kontinent gehen fast unbemerkt weiter.
Wenn "Hotel Ruanda" auch nur ein wenig die Sinne schärft, auch derartige Konflikte am anderen Ende der Welt wahrzunehmen, dann hat er schon einiges erreicht. Abgesehen davon, dass er erschüttert und ernüchtert, aber auch Hoffnung zeigt und Hoffnung macht, indem er zeigt, dass auch der Einzelne in schwersten Krisen einen Unterschied ausmachen kann. So ist Terry Georges Film ein Hotelaufenthalt, den man so schnell nicht wieder vergisst.

Bilder: Copyright

8
8/10

der film ganz okay jedoch nimmt man wieder nur anteil an einzelnen schicksalen und vergisst dabei um die 1 milion opfer, finde es zum sehr moviestyle,trotzdem gut dass jemand das thema völkermord in ruanda aufgegriffen hat anstaat hier doof rum zu labbern sollten wir alle was ungerechtigkeit auf der welt tun mache gerade eine homepage fertig die den heissen soll "lost children" spende auch schon solage ich denken kann das was mir möglich ist, um mein teil dazu beizutragen.das sollte jeder hier tun um anderen die grundbedürfnisse zu ermöglichen die jeder mensch verdient hat egal ob schwarz oder weiss denkt mal drüber nach . nicht nur film gucken und oh ist das schrecklich und morgen ist es schon wieder vergessen peace for africa

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