Ich bin dann mal weg

Jahr
2015
Laufzeit
92 min
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Volker Robrahn / 23. Dezember 2015

weg 1Wenn es einem Sachbuch gelingt über mehrere Jahre lang ganz vorne in den Bestseller-Charts zu rangieren und ganz nebenbei dafür zu sorgen, dass ein spezieller Zweig der Tourismusbranche einen neuen Schub erhält, dann ist das schon ziemlich außergewöhnlich. Dem Entertainer Hape Kerkeling gelang mit der Erzählung seines Selbstfindungstrips „Ich bin dann mal weg“ dieses Kunststück, was auch mit dafür sorgte, dass er fortan seine TV-Karriere zugunsten literarischer Aktivitäten stark zurück fuhr. Der Erfolg der Reportage über den Gang auf dem Jakobsweg war derart erfolgreich, dass auch eine Verfilmung unvermeidlich war. Die lange Zeitstrecke zwischen Buch und Film lässt allerdings schon erahnen, dass die Adaption alles andere als leicht fiel. Und nach Fertigstellung krankt diese nun vor allem daran, dass sich Autor Kerkeling nicht zur Verfügung stellen mochte, in seiner eigenen Geschichte mitzuspielen.
 

weg 2Nachdem er auf der Bühne zusammengebrochen ist, steht sowohl für den Künstler Hape Kerkeling als auch für dessen Ärzte fest: So geht es nicht weiter. Eine Auszeit ist angesagt, doch anstatt diese auf der heimischen Couch zu verbringen hat Hape eine andere Idee. Er will versuchen den berühmten Jakobsweg von Frankreich nach Santiago De Compostela zu wandern und dabei nicht nur den inneren Schweinehund überwinden, sondern vor allem auch zu sich selbst finden. Das eigene Übergewicht und vor allem die Bequemlichkeit sprechen zwar eher gegen den Erfolg des Vorhabens, doch trotz anfänglicher Frusterlebnisse auf der Pilgerreise lässt sich der entschlossene Hape nicht entmutigen.
 

weg 3Obwohl er nicht gerade ein vorbildlicher Wanderer war, gelegentlich auch mal den Bus nahm und in einem bequemen Hotel übernachtete, ist es dennoch die Schilderung aus der Feder Kerkelings, welche das Phänomen „Jakobsweg“ so sehr ins öffentliche Bewusstsein rückte, dass sich in der Folge zigtausende dazu berufen fühlten, es dem bekannten TV-Star gleichzutun. Es war die Mischung aus gefühliger Warmherzigkeit, dem Eingestehen der eigenen Unzulänglichkeiten und natürlich dem grandiosen Humor des Entertainers, die zu diesem absoluten Volltreffer führte.

Allzu viel ist davon nun bedauerlicherweise in der Verfilmung von Julia von Heinz („Hannas Reise“) nicht mehr übrig geblieben. Zuallererst leidet die Adaption darunter, dass es eben nicht Kerkeling selbst ist, den wir hier sehen, obwohl das doch genauso naheliegend wie sinnvoll gewesen wäre. Handelt es sich schließlich um die (weitgehend) autobiographische und noch ziemlich aktuelle Geschichte eines der beliebtesten deutschen Fernsehstars, bei der halt jeder genau diesen vor Augen haben dürfte. Doch stattdessen fällt nun Devid Striesow die undankbare Aufgabe zu, hier einen irgendwie ähnlich wirkenden Hape Kerkeling zu geben. Aber so ein guter Schauspieler Striesow auch ist und obwohl seine Physiognomie tatsächlich eine gewisse Verwandtschaft aufweisen kann – es ist und bleibt eine Notlösung, die nicht wirklich überzeugen kann.

weg 4Doch auch was den Inhalt des Pilger-Buchs angeht, muss der Zuschauer hier auf Vieles verzichten, während anderes hinzugedichtet wurde um die ganze Geschichte vermeintlich filmgerechter aufzubereiten. So fokussiert man sich hier nun auf ein Trio, das die Reise quasi gemeinsam bestreitet bzw. sich ständig wieder begegnet. Die eher ungeordnete bis chaotische Struktur des Buchs, die aber genau die halt von vielen Zufälligkeiten geprägte Wanderung ausmacht, mochte man dem Kinozuschauer wohl nicht zumuten, und weil man gerade so schön dabei war, werden auch die beiden (hier nun deutlich zentraleren) Frauenfiguren nicht nur umbenannt, sondern auch sonst fast bis zur Unkenntlichkeit umgeschrieben. Was wir hier dann haben, ist eine Martina Gedeck als vom familiären Trauma geprägte, nur oberflächlich unbeschwerte Stella aus Stockholm sowie Karoline Schuch als leicht anstrengende Journalistin Lena aus Bristol, die nicht nur äußerlich eine Art Karoline Herfurth-Klon gibt.

Diese neue Figurenkonstellation ist zwar dann sehr übersichtlich, aber leider auch ziemlich banal geraten. Wie auch grundsätzlich keine besonders tiefgehenden Erkenntnisse vermittelt werden können, trotz der zahlreichen eingeschobenen Monologe des Erzählers. Da es zudem auch noch an Witz mangelt (und das ist im Zusammenhang mit dem Namen „Kerkeling“ nun wirklich eine Todsünde), bleibt außer ein paar zugegeben schönen Bildern der französisch-spanischen Landschaft nicht mehr viel übrig zur Erbauung. So fällt dann diese Adaption am Ende derart eindeutig gegenüber ihrer Vorlage ab, wie es auch nur selten der Fall ist. Und als Zuschauer bleibt man dann mal lieber weg.

Bilder: Copyright

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