Kubo – Der tapfere Samurai

Originaltitel
Kubo and the two Strings
Land
Jahr
2016
Laufzeit
98 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Matthias Kastl / 28. Oktober 2016

So ein bisschen ist man ja dann doch enttäuscht vom bisherigen Animations-Herbst. “Findet Dorie“ ist für Pixar-Verhältnisse leider nur ganz ordentlich geworden und die Hoffnung auf eine ungewöhnliche “Sausage-Party“ hat sich auch nicht wirklich erfüllt. Glücklicherweise kommt auf leisen Sohlen jetzt doch noch ein überzeugender Vertreter der Gattung daher – auch wenn “Kubo – Der tapfere Samurai“ wohl nur ein Nischenpublikum erreichen wird. Das wiederum ist schade, denn der faszinierende Mix aus Stop-Motion- und Computertechnik bietet nicht nur eine ungewöhnliche und wundervoll anzuschauende Optik, sondern kommt auch noch mit einer Riesenportion Herz und Charme daher.

Jede Menge Charme versprüht vor allem der Held der Geschichte, der junge Kubo (im Original gesprochen von Art Parkinson). Nach dem Tod seines Vaters kümmert er sich liebevoll um seine kranke Mutter und verdient dazu Geld als Geschichtenerzähler in einem kleinen japanischen Dorf. Dabei nutzt er die ungewöhnlichen Fähigkeiten seiner Schamise, einem dreisaitigen Musikinstrument, mit der er auf magische Weise Papier zum Tanzen bringen kann. Dass diese magischen Kräfte mehr als nur Spielerei sind, beginnt Kubo aber erst zu ahnen, als er gegen den Rat seiner Mutter eines Abends nicht vor Sonnenuntergang nach Hause kommt. Dies weckt die Aufmerksamkeit einer dunklen Macht und schon bald sieht sich Kubo auf der Flucht vor alten Göttern und Monstern. Gut, dass er auf dieser Reise schon bald auf den weisen Affen Monkey (Charlize Theron) und den nicht ganz so seriösen Samurai-Käfer Beetle (Matthew McConaughey) trifft. Deren Hilfe kann er im Kampf gegen den bedrohlichen Mondkönig (Ralph Fiennes) mehr als gut gebrauchen.

 

Bei einem Blick auf den Titel und die Handlung möchte man eigentlich meinen, dass es sich bei “Kubo – Der tapfere Samurai“ um eine japanische Produktion handelt. Da hat man die Rechnung aber ohne das Kreativ-Team des US-Animationsstudios Laika gemacht. Bereits “Coraline“ und “ParaNorman“ waren ja schon durchaus ungewöhnliche Stoffe für das oft so “verniedlichte“ Animationsgenre. Mit seinem neuesten Streich untermauert das Studio nun durchaus eindrucksvoll, dass man es mit seinem künstlerischen Anspruch wirklich ernst meint. Das bezieht sich vor allem auf die ungewöhnliche Optik des Films, denn mit der Mischung aus Stop-Motion-Technik und moderner Computeranimation gelingt dem Film ein sehr eigenständiger und faszinierender Look. In Kombination mit dem exotischen Setting des alten Japans erschaffen die Macher dabei immer wieder geradezu magisch wirkende Bilder, die vielleicht nicht die Detailtiefe eines Pixar-Werkes erreichen, aber eine unglaublich starke emotionale Wirkung erzeugen und den Zuschauer wahrlich in eine andere Welt transportieren. Wie viel Aufwand hinter dem Ganzen steckt lässt übrigens ein kleiner Blick hinter die Kulissen während des Abspanns erahnen – sitzen bleiben lohnt sich also.

 

Das der Film eine derart überzeugende Atmosphäre aufbaut liegt auch an der gefühlvollen Inszenierung von Travis Knight und der Tatsache, dass der Film nie überladen sondern eher ruhig und minimalistisch daherkommt. Dank der überschaubaren Anzahl an Charakteren können sich diese umso besser entfalten und, wenn man die Action-Sequenzen mal außen vor lässt, dann ist der Film meist doch sehr ruhig aufgebaut und gibt uns auch die Zeit, um seine schönen Bilder zu genießen. Die Geschichte wiederum beginnt richtiggehend düster und besitzt auch im weiteren Verlauf eine gewisse Tragik, die dann doch eher ungewöhnlich für das Genre ist.

Spätestens jetzt muss natürlich ein Name fallen, der schon die ganze Zeit über dieser Kritik und dem Film schwebt. Der Rückzug des Studio Ghibli-Gründers Hayao Miyazaki (" Chihiros Reise ins Zauberland") aus dem Filmgeschäft war ein schmerzvoller Verlust für die Branche, und bei den hier durchaus vorhandenen Parallelen könnte ja die Hoffnung bestehen, dass mit “Kubo - Der tapfere Samurai“ genau rechtzeitig jemand in die Fußstapfen des Meisters tritt.

 

Diese Fußstapfen sind dann wiederum aber doch noch ein bisschen zu groß. Denn im Gegensatz zu den Bildern kann die Geschichte hier nur gelegentlich wirkliche emotionale Wucht und Tiefe erreichen. Nach dem eindrucksvollen Beginn entwickelt sich diese nämlich doch zu einer eher klassischen Heldenreise mit witzigen Sidekicks, die im Zweifel dann doch lieber einen Gag mehr bringt als weitere Wunden in den Hauptfiguren aufzureißen. Das ist für den Unterhaltungsfaktor nicht unbedingt abträglich, schließlich funktionieren die meisten der Gags richtig gut und haben das Herz am rechten Fleck. Dabei haben wir es weniger mit dem klassischen Schenkelklopfer als viel mehr mit charmanten Sticheleien zwischen den Figuren zu tun, die immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Insbesondere der etwas trottelige Beetle ist dabei ein Garant für gute Laune. Dazu gesellen sich einige wundervoll charmante visuelle Gags, zum Beispiel wenn Kubo spielerisch seine magischen Fähigkeiten trainiert. So charmant die Figuren und ihre Interaktion aber auch daherkommen, letztendlich schafft der Film es eben nicht bis ganz unten in die Seele seiner Figuren zu blicken.

Doch auch wenn die emotionale Tiefe eines Hayao Miyazaki oder eines richtig guten Pixar-Films vielleicht nicht ganz erreicht wird - “Kubo – Der tapfere Samurai“ ist ein durchaus gelungenes Ausrufezeichen in der Animationslandschaft und eine gute Wahl für einen kalten und ungemütlichen Herbstabend.

Bilder: Copyright

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