Mahana - Eine Maori-Saga

Originaltitel
Mahana
Land
Jahr
2016
Laufzeit
103 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Matthias Kastl / 4. September 2016

Ehrliche und mutige Geschichten abseits vom Mainstream – genau das schätzen Filmliebhaber am Independent-Kino. Alleine die Tatsache, dass dabei Filmemacher ihr Projekt ohne großes Studio auf die Beine stellen lässt einen ja schon automatisch Respekt zollen. Genau deswegen passiert es auch oft, dass man diesen Filmen offensichtliche Schwächen deutlich leichter verzeiht als bei einer großen Blockbusterproduktion. “Mahana – Eine Maori-Saga“ ist so ein Beispiel. Das neuseeländische Drama kann zwar eine interessante Grundthematik und schöne Landschaftsaufnahmen aufweisen, kommt aber mit einer viel zu oberflächlich gestrickten Geschichte daher, der es vor allem gegen Ende an einer gehörigen Portion Subtilität mangelt.

Da man es mit einem kleinen Film zu tun hat, sieht man sich schon ein wenig versucht deutlich milder mit den offensichtlichen Storyschwächen umzugehen, aber ein derartiger Sympathiebonus ist letztendlich doch unfair. Eine gut geschriebene Geschichte ist nun mal eine gut geschriebene Geschichte, ob nun Blockbuster oder Indie-Kino. Und so können wir für Neuseelands neuesten Film-Export leider nicht wirklich die Werbetrommel rühren, denn ein paar wunderschöne Naturaufnahmen und interessante Einblicke in eine fremde Kultur machen alleine noch keinen guten Film.

Die fremde Kultur ist in diesem Fall die einer neuseeländischen Schafscherer-Familie in den 1960er Jahren, die noch tief in den alten Traditionen der neuseeländischen Ureinwohner, der Maori verwurzelt ist. Das Oberhaupt der Mahana-Familie ist der alte Patriarch Tamihana (Temuera Morrison), der gleich mehrere Generationen der Familie unter seiner strengen Fuchtel hält. Seine Frau Ramona (Nancy Brunning) hat ebenso wenig zu sagen wie seine Söhne und Enkel, von denen aber ausgerechnet der junge Simeon (Akuhata Keefe) anfängt die Regeln der Familie, und damit die dominante Rolle von Tamihana, in Frage zu stellen. Woher kommt der Hass auf den konkurrierenden Clan der Poatas? Wieso muss Tamihanas Meinung immer blind gefolgt werden? Als Simeon dann auch noch erste Anzeichen für ein tragisches Familiengeheimnis entdeckt, geht er endgültig auf Konfrontationskurs mit dem alles überragenden Familienoberhaupt. Ein Duell, das schon bald droht die komplette Familie zu zerstören.

 

“Mahana“ mag eine kleine neuseeländische Produktion sein, ihr Regisseur ist jedoch ein alter Bekannter. Mit dem Maori-Drama “Die letzte Kriegerin“ gelang Lee Tamahori 1994 der internationale Durchbruch, den dieser dann auch prompt dazu nutzte um in Hollywood Fuß zu fassen. Die Ergebnisse dort waren aber vor allem aus kreativer Sicht äußerst bescheiden (“Stirb an einem anderen Tag“, “xXx 2: The Next Level“) und so kehrt Tamahori nun nach Jahren des Hollywood-Exils wieder zu seinen Wurzeln zurück. Nichts erinnert in “Mahana“ nun mehr an die Effektorgien manch seiner Hollywood-Filme, stattdessen haben wir es hier mit einem ruhig inszenierten Familiendrama zu tun, das vor allem in schönen Landschaftsbildern schwelgt und viel Zeit dem harten Arbeitsalltag der Schafscherer-Sippe widmet. Man merkt dabei durchaus, dass Tamahori hier mit dem Herz bei der Sache ist und dem Film gelingt es auch überzeugend das Alltagsleben der Maori unter diesen harten Bedingungen darzustellen. Atmosphärisch überzeugt der Film, auch wenn den Bildern ein bisschen weniger Weichzeichner-Optik gut getan hätte.
 

Der Einsatz dieses Stilmittels passt aber irgendwie ganz gut zur Handlung des Films, denn so richtig fokussiert wirkt das, was auf der Leinwand passiert nicht wirklich. Zu Beginn kann die Geschichte noch durchaus Neugier wecken, was vor allem an der starken Präsenz des Patriarchen Tamihana liegt, dessen Ausstrahlung man sich nur schwer entziehen kann. Hier baut Temuera Morrison, der schon in “Die letzte Kriegerin“ nicht gerade eine sympathische Rolle innehatte, eine wirklich interessante Figur auf – doch dann lässt ihn das Drehbuch mit dieser allein. Kaum ist der Grundkonflikt der Geschichte etabliert, treten die Figuren nämlich auf der Stelle und auftretende Konflikte wirken eher künstlich konstruiert als natürlich. Dazu gesellen sich oft etwas hölzerne Dialoge, bei denen lediglich Offensichtliches ausgesprochen wird, die Figuren aber nur selten wirklich interessante Facetten dazugewinnen.
 

Dazu wirft man dann auch noch eine kleine Liebesgeschichte zwischen Simeon und einem Mädchen der Poatas und einen aus dem Nichts auftauchenden Wettbewerb der Schafscherer mit in den Story-Topf. Auch wenn beide Nebenstränge eigentlich den Konflikt zwischen Simeon und Tamihana verstärken sollen, wirken diese doch eher wie Fremdkörper. Die Liebesgeschichte wird derart vernachlässigt, dass nicht einmal ansatzweise so etwas wie Chemie zwischen den beiden Liebenden entstehen kann. Das Duell der Schafscherer taucht wiederum komplett unvermittelt auf, so dass es eher wie eine spontane Idee des Autors wirkt als ein wirklich durchdachter Ansatz um die Figuren zu stärken. Der Verlauf des Wettbewerbs soll zwar für eine Portion Feel-Good-Kino sorgen, ist aber dann doch zu platt konstruiert um wirklich mitreißen zu können.
 

Lange Zeit ist das alles trotzdem noch ganz nett anzuschauen. Das liegt an den wirklich sehr schönen Landschaftsaufnahmen und den interessanten Einblicken in das Alltagsleben der Familie. Man freut sich, wenn die Familie endlich fließendes Wasser bekommt oder nach einem harten Arbeitstag ums Lagerfeuer tanzt. Auch der junge Akuhata Keefe entwickelt in seiner Rolle als Simeon durchaus Charme. Aber mit laufender Dauer merkt man immer deutlicher, dass es mit der Tiefe bei dieser Geschichte wohl nichts mehr werden wird. Stattdessen werden immer wieder Storyelemente hinzugefügt, wie ein Arbeitsunfall oder ein tragische Familiengeheimnis, deren eher plumpe Umsetzung oft eher an eine schlecht gemachte Daily-Soap erinnert. Man hat immer mehr das Gefühl, dass die Figuren nicht aus ihrem Inneren handeln, sondern von oben gesteuert in möglichst emotionale, aber eben doch nicht natürlich erscheinende Szenarien geworfen werden.
 

Genau dieses Gefühl wird am Ende dann leider mehr als deutlich bestätigt, und das ist dann auch der Moment, in dem der Film seinen Sympathiebonus verspielt. Der Versuch, ein möglichst emotionales Ende zu erschaffen, geht nämlich gehörig daneben, da hier jegliche Subtilität nun endgültig über Bord geworfen wird. In wenigen Minuten werden Konflikte künstlich überhöht nur um unter vielen Tränen dann in Sekunden gelöst zu werden. Es ist dann auch irgendwie bezeichnend, dass auch mal eben schnell der berühmte rituelle Haka-Tanz mit in das völlig überfrachtete Finale geworfen wird. Das wirkt dann eher wie die Anbiederung an ein internationales Publikum als ein wirklich ehrliches emotionales Storyelement. Und so klingt das Fazit nach diesem Indie-Film dann eben gar nicht so unterschiedlich wie bei manch großem Blockbuster: Tolle Bilder, seichte Geschichte.

Bilder: Copyright

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