Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler

Jahr
2006
Laufzeit
90 min
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 21. Juni 2010



Ob man über Adolf Hitler lachen kann und darf, diese Frage hat sich eigentlich nie gestellt: Charlie Chaplin nutzte in seinem "Der große Diktator" schon 1940 die entwaffnenden Mittel des Humors, um den "Führer" der Lächerlichkeit preis zu geben. Das war nicht nur brüllend komisch, sondern seinerzeit auch psychologisch von Bedeutung: Als es noch so aussah, als könnte Hitler mit seinem Feldzug durch Europa tatsächlich Erfolg haben, war das befreiende Lachen über diese Angstfigur auch ein Weg, sich seiner Verletzbarkeit bewusst zu werden: Solange man noch über ihn lachen kann, kann man ihn auch aufhalten.
Wie weit man mit der Verballhornung einer der größten Schreckensgestalten der Geschichte gehen kann und darf, ist ebenfalls spätestens durch Walter Moers' Comic "Adolf, die Nazi-Sau" geklärt worden. Und fürs Kino schien es nach der extremen filmischen Annäherung an den wahnsinnigen Diktator in "Der Untergang" fürs Erste genug zu sein mit dem "Führer". Ein bisschen wundern konnte man sich da schon, dass Dani Levy - für seinen letzten Film "Alles auf Zucker" mit Publikumserfolg und deutschen Filmpreisen überschüttet (zurecht) - sich für sein nächstes Projekt ausgerechnet Hitler vorknöpfte. Diese Verwunderung wich dann allerdings einer noch größeren Neugier durch die Besetzung von niemand anderem als Helge Schneider in der Rolle des faschistischen Schnauzbarts. Das roch nach einer köstlich versponnenen, respektlos-satirischen Abrechnung in bester Moersscher Tradition - großartig.

Was es wurde, ist (leider) etwas anderes. Levy versucht sich an der tragikomischen Tradition des "Großen Diktators" und Ernst Lubitschs nicht minder genialem Klassiker "Sein oder Nichtsein" (1942), und erzählt eine Geschichte, deren komödiantische und tragische Elemente für sich nur bedingt überzeugen und zusammen kein harmonisches Ganzes ergeben.
"Mein Führer" ist die aus der Ich-Perspektive erzählte, fiktive Geschichte von Adolf Grünbaum ("Lola"-Preisträger Ulrich Mühe, "Das Leben der Anderen"), dem früheren Schauspiellehrer Hitlers, der an Weihnachten 1944 aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen zurück nach Berlin gebracht wird, um dem von Selbstzweifeln geplagten Führer die nötige Überzeugungskraft für seine anstehende Neujahrsansprache zurückzugeben. Nach dem Willen von Propagandachef Goebbels (Sylvester Groth) und Reichsinnenminister Heinrich Himmler (Ulrich Noethen, der dieselbe Rolle schon in "Der Untergang" spielte) soll der Jude Grünbaum nun dem Diktator helfen, den "Volkssturm" anzuschieben und das bevorstehende Ende der Nazi-Herrschaft und des Holocausts abzuwenden.

Die Grundsituation ist mutig und absurd - vielversprechend, möchte man meinen. Doch die Probleme werden offensichtlich, wenn man sich vor Augen führt, dass hiermit ja keine Sketch-Parade inszeniert, sondern ein Film erzählt werden soll. Und kann (oder möchte) man die Beziehung zwischen Hitler und Grünbaum tatsächlich so tief ausleuchten, dass sich daraus eine tragende Dramaturgie entwickeln ließe? Dani Levy jedenfalls hat es nicht getan, und orientiert seine Struktur an dem Plot um Grünbaum und seine Familie (Ehefrau Elsa und vier Kinder), die er als Gegenleistung für seine Dienste ebenfalls aus dem KZ holen lässt. Während er tagsüber in der Reichskanzlei mit Hitler Schauspielübungen macht, debattiert er nachts im Keller mit seiner Frau darüber, wie er die Situation nutzen sollte.
Die entscheidende Szene kommt nach einer guten halben Stunde, nachdem Grünbaum sich entschlossen hat, Hitler umzubringen. Er bittet ihn bei einer Übung, die Augen zu schließen und an eine schöne Erinnerung zu denken, setzt bereits zum tödlichen Schlag auf den Kopf an - und verharrt, als Hitler auf einmal beginnt, eine rührende Vater-Sohn-Anekdote aus seiner Kindheit zu erzählen. Der humanistische Schauspieler erkennt auf einmal den Menschen im Monster - und weigert sich von nun an, Hitler zu töten.
Spätestens an diesem Punkt hört "Mein Führer" auf, wirklich witzig zu sein. Das liegt zum einen an den ethischen Debatten, die Grünbaum und seine Familie führen, und seinen zusehends tragischen Bemühungen, seine kleine Macht gegenüber Hitler und Goebbels auf andere Art zu nutzen - beides ist überhaupt nicht zum lachen, und soll es natürlich auch nicht sein. Zum anderen - und das ist das entscheidende Manko - versucht Levy im Folgenden, die grotesk-absurden Szenen mit dem "Führer" gleichzeitig zur Verballhornung und zur (durchaus ernst gemeinten) Psychologisierung zu nutzen. Und das funktioniert leider nicht.

Sinnbildlich für diese Widersprüchlichkeit ist die Vorstellung von Helge Schneider: Einerseits ließ man den Komiker in täglichen, dreistündigen Sitzungen fast vollkommen hinter einer dicken Maske verschwinden, andererseits bricht in seinem ambitionierten Spiel aber auch immer wieder der wahre Helge Schneider durch, kämpfen die Bemühungen um einen authentischen Akzent mit Schneiders eigenwilligem, typischem Sprachstil - und verlieren. In diesen Momenten ist der Film dann tatsächlich so Schneider-artig witzig, wie man es erwartet (und vielleicht auch erhofft) hat.
Gelungener Humor findet sich auch anderswo: Sylvester Groths hervorragende Vorstellung als Goebbels ist mit seinem kölschen Akzent und den absurden Propaganda-Phrasen (wie man sie so ähnlich zuletzt vom irakischen "Informationsminister" vor dem Sturz Saddam Husseins gehört hat) genauso bitter-komisch wie die grotesken Pläne, das zerbombte Berlin mit Filmkulissen für die Neujahrsveranstaltung wieder auferstehen zu lassen. Und die Seitenhiebe auf die preußische Pedanterie der nationalsozialistischen Vernichtungs-Organisation sind ebenfalls für mehrfaches Schmunzeln gut. Doch sie bilden das Beiwerk einer moralisch-tragischen Haupthandlung, die im Laufe des Films derart an Gewicht gewinnt, dass man sich fast schon schämt, im Anschluss an manche dramatische Szene über jetzt irgendwie unpassend wirkende Gags zu lachen.

Irgendwie unpassend erscheint letztlich auch der Umgang mit der Figur Hitler, denn in gewisser Weise gehen Levys Absichten hier nach hinten los. Spätestens mit dem (schwachen) Schluss und der abschließenden Moral von der Geschicht' wird deutlich, dass Levy hier auf seine Art mit Hitler abrechnen wollte, das Schreckgespenst zurückstutzen auf ein erbärmliches, lächerliches Männchen. Das ist im Prinzip dasselbe, was auch Chaplin 1940 gemacht hat - mit dem Unterschied, dass es zu Chaplins Zeiten wie oben erwähnt psychologisch wichtig war, aber 60 Jahre nach Kriegsende längst abgegriffen ist.
Mehr noch: Levy macht Hitler zwar als durchgeknallten, impotenten Bettnässer lächerlich, doch wie er dann das gesamte machtbesessene, hasserfüllte Wesen des Diktators mit einer Handvoll Kinderzimmer-Psychologie über schlechte Erziehung zu erklären versucht, das wirkt in seiner "Der Mensch im Monster"-Analyse weitaus verharmlosender als das Hundegetätschel in "Der Untergang", bei dem die Kulturjournaille noch in Massen die Barrikaden stürmte und von unakzeptabler Vermenschlichung krakeelte.
Man darf gespannt sein, ob sie Levys neuen Film angesichts seiner letzten Großtat (der Revitalisierung der deutsch-jüdischen Komödie in "Alles auf Zucker") freundlicher aufnehmen werden. Wahrscheinlich schon. Das ändert aber nichts daran, dass "Mein Führer" für eine Komödie zu tragisch, für ein Drama zu absurd und für die angestrebte Mischform zu unausgewogen ist. Wer sich unbedingt an der Feuilleton-Debatte beteiligen will, bitte schön. Wer einen wirklich gelungenen Film sehen will, schaut sich besser noch mal "Der große Diktator" an.

Bilder: Copyright

Ich denke auch wie "Ratloser" meint, dass manchen Kritiker dem Regisseur zu viel Psychoanalyse an der Person Adolf Hitler unterstellen, und so zu dem Urteil "Verharmlosung" kommen, während Levy wohl nicht Hitler erklären wollte, sondern ihn einfach nur der Verarschung preisgeben wollte. Das hat schon während des 2.Weltkrieges Chaplin mit dem genialen "Der große Diktator" und Lubitsch mit der grandiosen Komödie "Sein oder Nichtsein" gemacht. Man sollte den Film also nicht nach falschen Maßstäben messen, d.h. nicht danach, ob die Person Hilter richtig oder falsch analysiert und charakterisiert wurde (worauf Levy wohl gar icht abzielte), sondern danach, ob es eine gelungene Komödie ist oder nicht. Wenn Chaplin nach den Erfahrungen des Holocaust sagte, er hätte "Den großen Diktator" nicht gedreht, so kann ich ihn als jüdischen Regisseur voll und ganz verstehen. Nur mindert das die Qualität seines Filmes nicht in geringster Weise. So kann ich auch heute jeden verstehen, der aus Gründen der Betroffenheit eine Komödie über Hilter prinzipiell ablehnt. Andererseits muss diese für jeden anderen Zuschauer erlaubt sein, sofern keine Opfer beleidigt werden.

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1
1/10

Es tut mir leid, aber dieser Film ist eine Mischung aus zuvielen Genres und leidet insbesondere unter der unausgegorenen Kombination von Drama und ,der dadurch schwachsinnig wirkenden, Komik.
Absolute Zeitverschwendung und zudem auch noch sehr langweilig. Tut mir leid für die Leute, die sich viel von diesem Film erwarteten oder Helge Schneider vergöttern.

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8
8/10

Ich stimme der Kritik von F.-M. Helmke zu, jedoch finde ich trotzdem dass es ein guter Film ist. Helmke hat vergessen die Seitenhiebe gegen die Hitlerfixierten Geschichtsdokumentationen zu erwähnen, die ein wesentlicher Bestandteil des Filmes sind - was man spätestens am Schlusswort merken sollte!
Die erwähnte "Unausgewogenheit" dieses Films brachte mir eher die Unerträglichkleit dieser ganzen Nazizeit auf einer Emotionalen Ebene 'rüber, wie es kaum ein anderer Film(oder Doku) geschafft hat.
Es ist in sich schon eine geschlossene Sache, dieser Film, dessen Zentrales Thema für mich nicht Hitler, sondern die Judenvernichtung ist. Ich finde, solange es Nazis gibt, solange muss man Hitler Lächerlich machen. Und das eine kompetente Psychologisierung nicht ganz leicht ist, sollte jedem seit "Der Freie Wille" klar sein.
Der Film ist sehenswert, wenn man der ganzen Nazikacke noch nicht überdrüssig geworden ist. - Ich sage das, weil zum einen der Film selbst über diese Hitlerverherrlichung in den Dokus moniert, und ich zum anderen im Geschichtsunterricht fast ein ganzes Jahr nur Dokus über diese Zeit zu sehen bekam...

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10
10/10

Ich begreife einfach nicht, dass es immer noch Menschen gibt, die diese abgedroschene Floskel: "wir müssen uns immer unserer Geschichte bewusst sein" immer noch nicht über haben...

Leute, wir befinden uns über 60 Jahre nach Hitler... Es ist echt schon lange Zeit endlich mal aus dem Schatten der Geschichte zu treten! Daher... Ein echt lustiger Film, der NICHTS verharmlosen will und auch nichts verharmlost, wenn man endlich mal die Brille der "Mießmacher" und "Geschichtsrumreiter" absetzt!

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8
8/10

Ein großartiger Film, der in seiner ursprünglichen Fassung noch viel deutlicher seine Botschaft des Besinnens darauf, dass das Böse nicht nur ein Gesicht, und die Schuld nicht nur zwei Schultern hat, herüberbringen konnte. Beide Daumen hoch!

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9
9/10

toller film ! goebbels einfach göttlich :-))
++

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5
5/10

Der Film ist zwar in gewisser Weise interessant, da er die Geschehnisse um Hitler aus einer völlig anderen, neuen, Perspektive zeigen - allerdings trotzdem eher im durchschnittlichen bis schwachen Bereich anzusiedeln.

Ich hatte mir mehr Humor erwartet. Es ist zwar gewagt, humorvolle Filme über das Nazi-Regime zu machen, aber wenn man es schon versucht, dann sollte es wirklich zum Lachen sein. Hitler wurde zwar wie ein Weichei dargestellt, aber ich finde er wirkt viel zu sympathisch für das breite Publikum. Er wird nicht wirklich durch den Kakao gezogen, sondern eher vermenschlicht. Das ist schon eine ziemliche Gradwanderung.

Alles in allem war der Film mehr langweilig als amüsant. Man kann ihn sich ansehen, aber er reißt einen sicher nicht vom Hocker.

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8
8/10

Ich fand ihn klasse und nochwas...es müssten alle Nazis verschwinden damit Deuschland auch wieder in Frieden leben kann!!

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