Ein neuer Anfang und der Anfang vom Ende - "Die wilden Siebziger!" - Staffel 7 auf DVD

von Simon Staake / 27. August 2011

Ein neuer Anfang ist die nun endlich auf DVD erschienene siebte Staffel der "wilden Siebziger" deshalb, weil man sich bei Sunfilm fast anderthalb Jahre Zeit gelassen hat, um diese zu veröffentlichen und Fans der Serie mit gutem Grund Angst hatten, es würde nicht weiter gehen mit den Abenteuern der Clique aus Point Place, Wisconsin. Dafür geht es jetzt nach der Synchronisierung und TV-Ausstrahlung der Staffeln Sieben und Acht ganz schnell, die Veröffentlichung der achten und letzten Staffel folgt schon in ein paar Wochen. Diese siebte Staffel ist gleichzeitig auch der Anfang vom Ende, denn es sind die letzten Folgen, bei denen noch die komplette Besetzung mit an Bord ist und die die bisher gebotene Qualität beibehalten. Man merkt der Serie allerdings auch hier so langsam an, dass sie ihren Zenith nicht nur erreicht, sondern auch überschritten hat. Allerdings ist der Gagfaktor und die Spielfreude immer noch sehr hoch, so dass sich auch diese siebte Staffel qualitativ nahtlos in die Reihe der bisher erschienenen Boxen einreihen kann.
Dabei darf man feststellen, dass die Serie ein paar Folgen braucht, um so richtig auf Touren zu kommen. So werden etwa die Cliffhanger der letzten Staffel eher lustlos aufgelöst. Da entscheiden sich Eric und die erblondete Donna nach der Ende der letzten Staffel geplatzten Hochzeit ohne größere Probleme, eine Beziehung ohne Diskussionen und Erwartungen zu führen, einhergehend mit Erics Entscheidung,

Die wilden Siebziger

ein Jahr lang einfach gar nichts zu tun. Selten hat eine Serie so offensichtlich und ohne für überflüssig empfundenen Erklärungsfirlefanz ihre Hauptdarsteller aus einer immer weiter ins Ernste driftenden Beziehung zurückgeholt, wie es hier mit Eric und Donna geschieht. Wohl gewahr der Tatsache, dass man langsam kaum noch sinnvolle Beziehungskrisen aufbauen kann, wird der Hebel einfach auf Anfang gelegt. Auch die Entscheidung Bobs zwischen Exfrau Midge und Jackies Mutter Pam wird vollkommen undramatisch und abseits des Geschehens entschieden und nach ein paar Folgen fehlt dann auch Tanya Roberts als Midge, die sich endgültig aus der Serie verabschiedet.
Um das Leben der Freunde dennoch zu komplizieren, hat man Hyde einen schwarzen (und reichen) Vater verpasst sowie eine heiße Halbschwester, für die sich zwangsläufig Frauenheld Kelso interessiert, und zudem noch einen Job. Und dem Liebespaar Hyde und Jackie wird auch so manche Prüfung während dieser Staffel auferlegt. Auch Fez wird auf dem Arbeitsmarkt tätig, und zwar als Shampoo Boy in einem Friseursalon. Kelso hat als frisch gebackener Vater eine kleine Glaubenskrise und will Frauen respektvoller behandeln.

Wie gesagt, so richtig zur Höchstform läuft die Serie erst zum Mittelpunkt der Staffel auf, mit der famosen Episode "Aufgeraucht", in der sich Eric, Hyde und Kelso nach einem danebengegangenen Anruf im Weißen Haus vom Geheimdienst verfolgt sehen, und zur Vernichtung der Beweise ihr gesamtes Marihuana aufrauchen, was freilich noch mehr zu ihrer Paranoia beiträgt. Direkt danach kommt ein weiteres Highlight, die im Deutschen etwas seltsam "Käse an der Hose" betitelte Folge, in der Erics Clique mit Red ein Footballspiel der Green Bay Packers besucht. Hier sorgen Fez und Kelso wieder mit ihrer grenzenlosen Idiotie für Vergnügen, zudem darf Eric seinem Vater mal zeigen,

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dass er nicht nur ein verweichlichtes "dumbass" ist. Auch "On the Road" mit Eric als verhindertem Dokumentarfilmer sorgt für so manche Lacher und die unverhoffte und frohe Rückkehr von Lieblingshippie Leo (Tommy Chong) und die Wohnungssuche von Fez und Kelso in den nachfolgenden Episoden ist auch für manch Schmunzler gut.

Tja, und dann kommen die letzten vier Folgen der Staffel, bei der alle Zeichen auf Abschied gestellt werden, genauer: auf die Abschiede von Topher Grace und Ashton Kutcher aus der Serie. Beide verabschiedeten sich von ihren Paraderollen hier, um dem laut rufenden Hollywood zu folgen. Wobei man in Graces Fall durchaus darüber streiten kann, ob die 20 Minuten Leinwandzeit, die man seiner Figur Eddie Brock in "Spiderman 3" letztlich zugestand, es nun wert waren, die Serie zu verlassen. Plottechnisch wird Erics Abwesenheit durch ein Jahrespraktikum in Afrika erklärt, das dieser annimmt, um sein Studium zu finanzieren. Dazu wird in diesen Schlussfolgen ziemlich überhastet und wenig organisch mit der Figur des tollpatschigen Charlie ein inoffizieller Eric-Nachfolger eingeführt. Immerhin gibt man Topher Grace und seiner Figur einen schönen, ja fast rührenden Abschluss, wenn er in seinem geliebten aber unzuverlässigen Vistacruiser von Freunden und Familie aus Point Place (und der Serie) geschoben wird.
Gaststars gibt es auch in dieser Staffel wieder ein ganzes Sammelsurium, etwa Eliza Dushku als biestige Radiokollegin von Donna, Lindsay Lohan als Mädchen, das sich zwischen Kelso und Fez entscheiden muss und der zurückkehrende Luke Wilson als Casey Kelso. Deutlich heruntergefahren hat man dagegen die in den ersten Staffeln noch obligaten Fantasy- und Traumsequenzen, ganze zwei hat der Rezensent hier zählen können. Aber auch das ist sicherlich keine schlechte Idee, schließlich lief man auch hier langsam Gefahr, in die Selbstparodie abzugleiten.

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Die DVD-Umsetzung bleibt der eingeschlagenen Linie treu: Bild und Ton sind okay, die Extras sind wieder mal eher mäßig. Selbst die mitgelieferten TV-Spots sind lustloser als in den Vorjahren, David Trainers Audiokommentare dazu auch wieder weitestgehend frei von Interesse. Interessant allerdings, dass er in seinem Kommentar zur Abschlussfolge "So long, Eric" indirekt zugibt, dass die achte Staffel ein Fehler war, wenn er diese Folge als "letzte wirkliche Folge" der Serie und die achte Staffel als "Coda" (soll wohl letztlich heißen: überflüssiger Nachklapp) bezeichnet. Eine Featurette mit den Autoren der Serie liefert neben diversen Plattitüden kaum Konkretes, auch der immer wieder gern gesehene Don Stark alias Bob kann in seinem "Seventies Flashback" nur wenig wirklich Erhellendes beitragen und über den vollkommen nutzlosen Szenenzusammenschnitt "That Seventh 70s Show Season" legen wir lieber den Mantel des Schweigens.
Da Fans der Serie schon gewohnt sind, dass die DVDs ihrer Lieblinge sie nicht gerade verwöhnen (andererseits hat eine Serie wie "Friends" ja bis zur letzten Staffel gewartet, um überhaupt mal richtige Extras beizupacken), die Serie aber hier größtenteils nochmals beste Unterhaltung bietet, sprechen wir hier dann letztmals eine Kaufempfehlung aus. Erics letztes Abhängen mit seinen Freunden, inklusive der üblichen Katastrophen und Absurditäten, sind noch mal aller Ehren wert, bevor diese wunderbare Serie dann leider mit einer deutlich schwächeren Schlussstaffel in Rumpfbesetzung zu ihrem Ende kam.

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