Elephant

Originaltitel
Elephant
Land
Jahr
2003
Laufzeit
81 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Anna Sola / 31. Mai 2010

 

Ein (fast) ganz normaler Tag an einer High School in Oregon. John kommt zu spät zum Unterricht, Nathan spielt Football, drei Mädchen schwärmen von ihm, Eli entwickelt Photos - und Alex und Eric veranstalten ein Blutbad. Nach Michael Moore ("Bowling for Columbine") wagt sich nun Regisseur Gus Van Sant an die filmische Verarbeitung der High School-Schießerei von Columbine, und kehrt damit nach einem längeren Ausflug in den Mainstream ("Good Will Hunting", "Finding Forrester") wieder zu seinen Independent-Wurzeln ("My Own Private Idaho") zurück.
Wie "Bowling for Columbine" wurde auch "Elephant" bereits mit Preisen reich belohnt (er erhielt u.a. die Goldene Palme der Filmfestspiele von Cannes), jedoch könnten die beiden Werke nicht unterschiedlicher sein. Van Sants Film ist frei von Polemik, Anklagen und Statistiken. Keine Interviews mit Prominenten und Betroffenen, sondern ausschließlich Laienschauspieler. Van Sant sucht nicht nach Antworten oder Schuldigen, sondern zeigt dem Zuschauer eine mögliche Variante, die sich zwar an viele Details von Columbine hält, aber keinen dokumentarischen Anspruch erhebt. Machen wir uns nichts vor, Columbine ist überall, in Portland und in Erfurt.
Ohne weiteren Kommentar schickt Van Sant uns in die Schule, wo die Kamera teilweise minutenlang einem der Hauptdarsteller durch Routine und Banalitäten des Alltags folgt. Die Kamera verweilt hier und dort, aber man sieht nicht unbedingt wer spricht oder hört was im Vorbeigehen gesprochen wird. Als Zuschauer treibt man förmlich im Geschehen hin und her. Dies ist anfangs gewöhnungsbedürftig, aber nach einer Weile wird einem klar, dass man mit den Schülern durch die kahlen, klaustrophobischen Korridore gehen muss, um an ihrem Schicksal teil zu haben, um den ewig gleichen Alltagstrott zu verstehen, der am Ende auf solch erschreckende Weise zerrissen wird.
Wie in jedem High School-Film trifft man hier auf bekannte Typen: den erfolgreichen Footballspieler mit der hübschen Freundin, Bulimie-kranke Mädchencliquen, Künstler, Außenseiter, Sozialos und - Mörder. Dabei sind alle wichtig, keiner wird bevorzugt, manche Szenen werden sogar mehrmals aus verschiedenen Perspektiven gezeigt. Dann allerdings verlassen wir die Schule, um Alex und Eric näher zu beobachten.
Die Sequenz ist zugleich unglaublich bewegend aber auch problematisch: Alex spielt "Für Elise" (Deutsch, aber zum Glück nicht Wagner!) auf dem Klavier, während Eric am Laptop einen brutalen Ego-Shooter spielt. Zwar werden Nazikult und Computerspiele oft mit Verbrechen dieser Art in Zusammenhang gebracht, jedoch hatte Michael Moore doch gerade gezeigt, dass diese Verbindung oft nur in den Medien hochgespielt wird. Van Sants Andeutung homosexueller Neigungen ist ebenfalls fraglich: Ist dies nun Zufall, Motivation, oder nur die 'Handschrift' des Regisseurs, der sich schon oft filmisch mit seiner eigenen Sexualität auseinandergesetzt hat? Van Sant weigert sich, eine definitive Antwort zu geben.
Seine Figuren sind Typen, nicht wirkliche Individuen. Trotzdem ist sein Film bewegend und schockierend. Obwohl die eigentliche Schießerei kaum 10 Minuten der Spielzeit einnimmt, überschattet einen die Gewissheit, dass eben diese Minuten irgendwann kommen, zunehmend. "Elephant" - benannt nach Alan Clarks gleichnamigem Film über Rachetaten in Nordirland und als Metapher zu verstehen für eine Sache, die man eigentlich nicht übersehen kann (wie einen Elefanten im Wohnzimmer, oder eben Gewalt in den Schulen) - bietet uns keine Analyse von Tatsachen oder Vorschläge für die Zukunft. Vermutlich wird dieser Film keine einzige Gewalttat verhindern. Ansehen sollte man ihn trotzdem, denn er ist allein formal jetzt schon einer der sehenswertesten Filme des Jahres. 

Bilder: Copyright

8
8/10

Zum teil etwas lahm aufgrund der langen Kamerafahrten,aber gut gespielt und interessant umgesetzt

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10
10/10

Zusammen mit Straw Dogs einer der absolut schockierendsten Filme aller Zeiten und ich meine nicht schockierend im Sinne der "Saw" Reihe.

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die person unter mir sollte sich erstmal mit der thematik, und wie sie dann im film umgesetzt wurde, auseinander setzten bevor er hier derartig dumme bemerkungen abgibt. danke

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