Indiana Jones-Trilogie

Originaltitel
Raiders of the lost Ark, Indiana Jones and the Temple of Doom, Indiana Jones and the last crusade
Land
Jahr
1981
Laufzeit
115 min
Genre
Bewertung
von Frank-Michael Helmke / 20. Juni 2010
Wer konstant über den Niedergang des modernen Kinos dank einer unendlichen Welle reizüberfluteter aber sinnentleerter Bombast-Filme lamentiert, sollte vorsichtig sein, mit wem er sich hier anlegt. Denn genau genommen sind an dem Ganzen vor allem zwei Herren Schuld: Steven Spielberg und George Lucas. Ersterer erfand quasi im Alleingang mit "Der weiße Hai" den modernen Blockbuster-Film inklusive allen medien-, werbe- und Merchandise-technischen Nebenwirkungen, letzterer verfeinerte mit seiner "Star Wars"-Serie diese Methodik und addierte das Element des vorbehaltlosen Eskapismus - die Herstellung eines Filmes also, dessen Eigenanspruch nicht mehr (und nicht weniger) beinhaltet als die perfekte Unterhaltung des Publikums durch die Entführung in eine durch und durch aufregende Welt, die mit dem normalen Leben nichts zu tun hat. Kino als Alltagsflucht - in der von Spielberg und Lucas zelebrierten Extremform war dies Ende der 70er ein völlig neues Phänomen, das sich als derart lukrativ erwies, dass sich zwanzig Jahre später die gesamte Industrie beinahe nur noch in Variationen dieses Prinzips verdingt - sinnentleerte Unterhaltung eben, im Fließband-Verfahren hergestellte Wegwerf-Produkte ohne Herz. Das ewige Scheitern dieser heutigen Epigonen ist am deutlichsten im Vergleich mit dem nach wie vor unbestrittenen Höhepunkt des modernen Eskapismus-Kinos, von seinen beiden Schöpfern zur Perfektion getrieben mit der Erschaffung des wohl markantesten und legendärsten Kino-Helden überhaupt: Indiana Jones.

Die Trilogie um den Archäologen mit dem unverwechselbaren Outfit aus Lederjacke, Hut und Peitsche steht im Kino-Olymp unantastbar als der einsame Höhepunkt des Subgenres Abenteuerfilm, welches Spielberg und Lucas durch die geschickte Wiederbelebung eines verstaubten historischen Vorbildes zu ungeahnten neuen Höhen führten. Inspiriert durch eine Serie von Abenteuer-Geschichten in Schundroman-Manier aus den 30er Jahren entwarf man hier eine Filmwelt, die in ihrer anachronistischen Verfremdung schon genug Distanz zum Hier und Jetzt erzeugte, um Alltagsflucht neu zu definieren: Da waren Männer noch echte Männer, schöne Frauen warteten auf Rettung und Beglückung, und man reiste stilvoll in Wasserflugzeugen und Zeppelinen. Ob das alles historisch so stimmt, ist ganz egal. Es sieht toll aus, und es erzeugt eine Fantasiewelt, in der man sich nur allzu gerne verliert. Eine Welt mit einem Helden, der in all seiner Stereotypisierung, trotz seiner Erhebung zur Ikone des Actionkinos, immer noch menschlich, greifbar und sympathisch blieb.
Die Kreation der Figur Indiana Jones ist ein wahrer Geniestreich, das Paradebeispiel aus dem Lehrbuch für Actionhelden, und beinhaltet par excellence ausgeführt die drei entscheidenden Zutaten für einen Helden, den das Publikum lieben muss: Als erstes die Erfindung spezifischer "character moves", Eigenheiten und Details, die sich mit der Figur verfestigen und - sofern sie denn funktionieren - auf ewig mit ihr verschmelzen. Welcher auf Populärkultur erzogene Mensch kann heutzutage noch eine Peitsche in die Hand nehmen, ohne an Indi zu denken? Wer denkt bei "Der Mann mit dem Hut" noch an Charlie Chaplin? Es sind diese kleinen Dinge, die einen Filmcharakter unvergesslich machen (man denke z.B. an Travoltas unsterbliche Pose aus "Saturday Night Fever").
Zum zweiten ein unabdingbares Maß an Menschlichkeit. Das Kinopublikum kann sich nicht mit überlebensgroßen Superhelden identifizieren, die in ihrer Kraft und/oder Brillanz jeder Situation stets überlegen zu sein scheinen. Indiana Jones hat einige der größten Abenteuer der Kinogeschichte überstanden, aber er stolpert mehr hindurch, als das er läuft. Bezeichnend hierfür Indi's Reaktion auf die Frage Marions in "Jäger des verlorenen Schatzes", wie er den abfahrenden Konvoi mit der Bundeslade aufzuhalten gedenkt. Achselzuckend antwortet der Held: "I don't know, I'm making this up as I go." Indiana Jones ist kein Mann großer Pläne. Konfrontiert mit einem Problem wird dieses auf die einfachste mögliche Art gelöst, Konsequenzen spielen keine Rolle in den Überlegungen des Helden. Reine Intuition, die manchmal zu größeren Problemen führt, als sie beseitigen sollte (was in vielen Fällen als angenehme Nebenwirkung die nahtlose Verquickung mehrerer Action-Sequenzen mit sich bringt). In seinen besten Momenten wirkt ein Indiana Jones-Film wie kaum kontrolliertes Chaos, aus dem der Held irgendwie - er weiß selbst nicht wie - wieder herauskommt, unversehrt und mit der Frau im Arm. Jones poltert durch seine Abenteuer wie seine Zuschauer durch ihr Leben: Ohne festen Plan, nur ausgestattet mit dem Willen, ans Ziel zu kommen. So einen Typen muss man lieben.
Doch das alles wäre nichts wert ohne einen Darsteller der in der Lage ist, eine solche Figur angemessen zum Leben zu erwecken, und der Anteil von Harrison Ford am immensen Erfolg der Jones-Trilogie kann nicht hoch genug geschätzt werden. Wie eminent wichtig ein hervorragender Darsteller auch für eine Actionrolle ist, wird hier eindrucksvoll demonstriert. Allein Ford's überzeugende Art, mit erstauntem Entsetzen die immer wieder über ihn hereinbrechenden Bedrohungen zu begrüßen, ist unverkennbar und auf sehr charmante Art lebensecht. Ford erwies sich als derart großartig in dieser Rolle, dass sie für ihn gleichzeitig Segen und Fluch wurde: seit gut zwei Jahrzehnten ist er einer der populärsten Schauspieler der Welt, dessen Ruhm und Verehrung sich direkt auf seinen Part als Indiana Jones zurückführen lassen. Ähnlich lange schon kämpft er aber auch um die Anerkennung als dramatischer Darsteller, die ihm aus dem selben Grund konsequent verwährt bleibt: Auf ewig abgestempelt als "gewöhnlicher" Actionheld wurde Ford über Jahre hinaus massiv unterschätzt, und all seine Versuche, wirklich ernst genommen zu werden, scheiterten an seiner Identifikation mit dem populären Actionkino.

Nicht weniger als der richtige Darsteller war natürlich auch der richtige Regisseur entscheidend. Spielberg begab sich hier auf relativ dünnes Eis, weil die konsequente Überhöhung des gesamten Szenarios schnell zusammenbrechen konnte. Sieht man sich einzelne Szenen der Jones-Filme an, ist es fast unverständlich, wie man eine derartig überzogene Theatralik in der Inszenierung vorbehaltlos akzeptieren kann, doch im Gesamtkontext wirkt alles harmonisch wie aus einem Guss, nur in eine überproportional große Form geschüttet. Das Prinzip des gewöhnlichen Menschen in einer übernatürlichen Umgebung wird an jeder Ecke durchgesetzt, von Beginn an konditioniert Spielberg sein Publikum auf eine Filmwelt, die ganz bewusst nichts mit der Realität zu tun hat, und in der ergo schlussendlich auch alles möglich ist - ein simples Prinzip, das kaum jemand seiner zahllosen Nachahmer auch nur halb so gut hinbekommen hat.
Was auch wiederum daran liegt, dass kaum ein Filmemacher der heutigen Zeit die Magie des Kinos so gut versteht wie Spielberg, der schließlich nicht umsonst der begnadetste und beste Regisseur unserer Tage ist (und wer dieses Urteil zu hoch gegriffen findet, der soll erstmal überzeugend dagegen argumentieren). Während sich uninspirierte Actionfilmer mit einer steten Steigerung von Materialvernichtung zu überbieten suchten, inszenierte Spielberg zum Beispiel für den dritten Teil "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" einen Showdown, der gleichermaßen hochdramatisch, höllisch spannend, wahnsinnig clever, faszinierend und schlichtweg atemberaubend ist - und für das alles nur einen einzigen Pistolenschuss braucht, um alles in Gang zu setzen.
Dass ein durch und durch guter Film vor allem eine Frage des richtigen Handwerks ist, diese einfache Weisheit scheint Spielberg wie kein Zweiter begriffen zu haben. Kaum ein Filmemacher versteht seine Werke derart als Kollaboration einer kongenial harmonierenden Gruppe an Einzelgenies - ein Aspekt, der in dem nun erschienenen, hervorragend bearbeiteten DVD-Set der Jones-Trilogie in den umfangreichen Bonus-Dokumentationen besonders deutlich wird. Nicht umsonst arbeitet Spielberg seit Jahren mit der immer gleichen kreativen Bande zusammen, die in ihrem jeweiligen Feld zu den Besten gehören wie Spielberg dies bei den Regisseuren ist: Cutter Michael Kahn, Komponist John Williams, Produzent Frank Marshall und Kameramann Douglas Slocombe sind nur eine Auswahl der Herren, die sich unter Spielbergs Führung wieder und wieder selbst übertrafen. Und wenn man in der Extra-Dokumentation über die Trickaufnahmen dann mit staunenden Augen zuschaut, wie das Set für die legendäre Achterbahn-Verfolgungsjagd durch Bergwerkstollen aus "Tempel des Todes" aus simpler Aluminium-Folie gebaut wurde, dann begreift man auch Spielbergs Präferenz für "handgemachte" Spezialeffekte anstelle von Computeranimationen: Ihnen fehlt vielleicht die Brillanz im Detail, dafür fließt Herzblut in ihre Herstellung, das man einfach nicht ersetzen kann, und das Endergebnis wirkt immer "gefühlsechter" als eine Computeranimation, die zwar nett ausschaut, aber ihre kalte Künstlichkeit nie wird ablegen können. Der Unterschied zwischen diesen beiden Effekte-Philosophien manifestiert sich überdeutlich in den Karrieren der beiden Väter von Indiana Jones: Spielberg ist nach wie vor einer der bedeutendsten und kreativsten Regisseure der Welt. George Lucas inszeniert nur noch peinliche, zu Tode digitalisierte Vorlagen für Computerspiele.

Das angesprochene DVD-Set erweist sich in der Tat als unverzichtbar für jeden atmenden Filmfreak im allgemeinen und Indi-Fan im speziellen: eine ganze Generation von Zuschauern, welche die Jones-Filme nur von ausgelaugten Videocassetten und qualitativ oft minderwertigen und gekürzten TV-Fassungen kennen, kommt nun endlich in den Genuss dieser Meilensteine in atemberaubend scharfer Bild- und Tonqualität, für deren Restaurierung man wahrlich keine Mühen gescheut hat. Mit dem im THX-Verfahren neu abgemischten Ton wird selbst das einfachste Heimstereo-System zum adäquaten Kino-Ersatz, und der ewig ausgeleierte Satz "So haben Sie Ihren Lieblingsfilm noch nie gesehen!" trifft diesmal wirklich voll und ganz zu. Die anfängliche Enttäuschung, dass es zu den Filmen keinen Audiokommentar der Macher gibt, löst sich beim Betrachten der Bonus-Disc schnell in Wohlgefallen auf: neben einem Satz eigenständiger Featurettes zu den technischen Aspekten Stunts, Sound, Musik und Spezialeffekte (allesamt höchst sehenswert und faszinierend - gerade der Beitrag über die Toneffekte ist unglaublich) gibt es zu jedem der drei Filme eine ausführliche MakingOf-Dokumentation, die sich dank geschickter Struktur als mehr denn adäquater Ersatz für einen Audiokommentar erweisen: In jeder Doku wird der jeweilige Film Sequenz für Sequenz durchgegangen und die interessanten Einzelheiten und Anekdoten erläutert, was dank Originalaufnahmen von den Drehs und Interviews mit zahlreichen Beteiligten nicht nur abwechslungsreicher als ein Kommentar ist, sondern auch die dort kaum vermeidbaren Pausen eliminiert. Speziell für dieses DVD-Set produziert, kann das dokumentarische Bonusmaterial ohne Übertreibung als absolut vorbildlich eingestuft werden. Ein nicht anhaltender Strom an lustigem Detailwissen (Indiana Jones wurde tatsächlich nach einem Hund benannt, nämlich dem von George Lucas) und denkwürdigen Dreh-Aufnahmen (Spielberg beim ersten Betrachten des Sets für die "Quelle der Seelen" aus dem ersten Teil: "Ich brauche mehr Schlangen. Ungefähr 7000.") kreieren ein wahres Fest für Indi-Fans. Einziger Makel: Bei einer Länge von bis zu 50 Minuten sind die Dokumentationen trotzdem nicht in Kapitel unterteilt. Bei all dem Spaß, den man beim Betrachten hat, ist dieses Manko aber noch schneller vergessen als verziehen.

Schon so viel gesagt, und doch ist so vieles noch unerwähnt: Die Sonderstellung des zweiten Teils "Indiana Jones und der Tempel des Todes" mit dem symbolischen Abstieg in die Hölle als dunkelste Episode, so finster und nervenzerrend, dass eigens für diesen Film eine neue Altersfreigabe in den USA erfunden wurde; das unübertroffene Casting von Sean Connery als Vater Jones für Teil 3; die subtile Note von "Jäger des verlorenen Schatzes", in dem das ewige Kind Steven Spielberg seiner Wut gegen die Nazis freien Lauf ließ (so gebührt der finale Showdown-Sieg bezeichnenderweise auch nicht dem eigentlichen Helden, sondern dem Zorn Gottes, der die nationalsozialistische Inkarnation des Bösen im wahrsten Sinne des Wortes hinwegfegt); doch dies alles wird in angebrachter Form auch in den DVD-Specials besprochen, so dass auf eine wiederholende Erwähnung hier verzichtet werden kann, was auch für die besondere "Tradition" der Serie, in jedem Film eine Szene mit Unmengen ekliger Tiere unterzubringen, gilt.
Diese Tradition wiederum wirft ein interessantes Dilemma für einen möglichen vierten Teil auf, denn nach Schlangen, Käfern und Ratten gehen den kreativen Köpfen langsam die Möglichkeiten aus. Jaja, überhaupt der vierte Teil: Gerüchte um eine weitere Fortsetzung existieren schon seit über einem Jahrzehnt, mit immer wiederkehrenden Bezeugungen von Spielberg "Ja, wir machen den Film auf jeden Fall! Wir brauchen nur noch ein gutes Drehbuch …". Nachdem diverse Story-Ideen bereits für (zugegebenermaßen exzellente) Computer-Adventures verwendet wurden, soll es nach Dutzenden von Entwürfen und verworfenen Konzepten jetzt tatsächlich ein von Frank Darabont (Regisseur und Autor von "Shawshank Redemption" und "The Green Mile") geschriebenes Skript geben, dass fast filmreif ist. Reif genug, als dass der momentane Stand der Dinge von einem angeblichen Drehbeginn innerhalb der nächsten 18 Monate ausgeht. Über den Sinn eines weiteren Jones-Films kann man geteilter Meinung sein, vor allem da dieser angesichts des nicht mehr ganz taufrischen Harrison Ford fast zwangsweise eine Reflexion über einen alternden Helden werden muss, womit viel des lockeren Charmes der Serie verloren gehen könnte.

Skepsis ist angebracht, aber Spielberg wäre nicht Spielberg, wenn er nicht auch diese Herausforderung mit Bravour meistern würde. Bis es soweit ist besteht jetzt jedenfalls die Möglichkeit, sich den vielleicht populärsten Helden der Kinogeschichte in einer ihm würdigen Aufarbeitung zu Hause in den Schrank zu stellen. "Indiana Jones" ist ein moderner Mythos, der in keiner Heim-Videothek fehlen sollte. Wie viele Filme gibt es schon, die in derart zeitloser Weise den Standard für ein gesamtes Genre definierten und (womöglich auf ewig) als seine perfektionierte Verwirklichung gelten? Eben.

 

10
10/10

Indy ist und bleibt einfach Kult!
Da kommen andere Abenteuerfilme nicht mal annähernd ran.Die Indy Filme haben zusammen mit Star Wars den Begriff Blockbuster definiert.Ich hab die Filme einmal als ich jünger war gesehen, und sie haben mich nicht mehr losgelassen.Jetzt besitze ich auch den DVD-Schuber mit allen 3 Filmen plus Bonus und bin stolz solch Meisterwerke im Regal stehen zu haben.
Spielberg ist wirklich fast der beste Regisseur aller Zeiten. (wenn man mal von Peter Jackson absieht, den ich für seine Arbeit an LOTR verehre)
Auf den 4.Indy kann ich kaum mehr warten.
Schade das er erst im 2008 anläuft in den Kinos, aber gut Ding will Weile haben nicht wahr?
Schade das John Rhys-Davies nicht dabei sein wird.

Die Filme werden noch bis in alle Ewigkeit zeitlos sein.
Wer Indy nicht mag ist selber schuld.

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10
10/10

Nicht nur die besten Abenteuer-Filme aller Zeiten, sondern auch vor allem die besten Action-Filme aller Zeiten, sogar noch deutlich vor einen Terminator 2.

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