Der alte Militärdetektiv Hank Deerfield (Tommy Lee Jones) ist besorgt. Von seinem Sohn Mike, ebenfalls Soldat in der Armee, hat er seit Tagen nichts gehört und dieser ist scheinbar unerlaubt von der Militärbasis abwesend. Während seine Frau Joan (Susan Sarandon) zuhause die Stellung hält, macht sich Hank auf den Weg, um selbst Mikes Verschwinden zu untersuchen. Mikes Kameraden, wie er gerade von ihrem Irakeinsatz zurückgekehrt, sind erstmal keine große Hilfe. Und auch die ehrgeizige Polizistin Emily Sanders (Charlize Theron) unterstützt Deerfield nur widerwillig. Bis der Fall eine neue, erschreckende Wendung nimmt und die Suche nach Antworten immer mehr zur Suche in den zerbrochenen Seelen junger Veteranen wird…
Paul Haggis meint es doch nur gut mit uns allen. Aber weil der liberale Humanist mit den großen Themen bisweilen ähnlich subtil vorgeht wie Michael Moore wird ihm von mancher Seite böse in die Beine gegrätscht. Sicherlich war nach dem Überraschungscoup mit dem Oscargewinn letztes Jahr auch Neid dabei, aber was man nachträglich dem formell fabulösen "L.A. Crash" inhaltlich unterstellte, war schon dreist. Seinem kunstvoll verwobenen, dabei aber eben nicht sehr subtilen Plädoyer für mehr Verständnis und weniger Vorurteile im täglichen Miteinander bescheinigten einige Meinungsmacher dann einen eigenen Rassismus, weil Haggis angeblich nur Stereotypen zeige und sein Film Vorurteile bediene denn bekämpfe. Auf so was muss man auch erstmal kommen.
Einfacher wird es Haggis seinen Kritikern mit seinem neuesten Film auch nicht machen, dafür ist er eben zu sehr er selbst, for better or worse. Somit gibt's neben einer stilistisch sicheren Inszenierung eben auch wieder den einen oder anderen symbolischen Moment, der überdeutlich des Autors Intentionen präsentiert, besonders die die Hauptstory ummalende Episode mit der US-Flagge sticht da heraus. Haggis winkt eben nicht mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl, er schlägt ihn seinen Zuschauern beizeiten über den Kopf.
Aber damit muss man nicht nur, damit kann man auch sehr gut leben. Denn die Thesen mögen noch so plakativ sein, grundsätzlich falsch sind sie deswegen noch lange nicht. Und von der enormen Qualität seiner Arbeit als Autor und Regisseur lenken sie schon gar nicht ab. "Im Tal von Elah" ist ein weiterer starker Film geworden, weil Haggis das macht, was er sehr gut kann: Personen präzise charakterisieren, ihnen realistische Verhaltensweisen und gute Dialoge mit auf den Weg geben und das Ganze unaufgeregt aber elegant in Szene setzen.
Seine auf einem wahren Fall beruhende Kritik am amerikanischen Heimatland und seiner Politik, die tausende junger Menschen verstört und zerbrochen zurücklässt, ist nur einer in einer Reihe von Filmen, die sich mit dem veränderten Amerika nach dem 11. September auseinandersetzen, im Gegensatz zu wohlmeinenden aber wenig überzeugenden Plädoyers wie "Von Löwen und Lämmern" oder "Machtlos" hat Haggis aber auch ein Thema gefunden, das genau den richtigen Rahmen bildet. Das weder zu groß ist, um ins Generalisierende abzugleiten, noch zu speziell, um auch ein größeres - und vor allem auch ein nichtamerikanisches - Publikum zu interessieren.
Was der Irakkrieg mit der Psyche der jungen Menschen macht, die ihn austragen müssen, darum geht es Haggis. Dass dort eine Regierung emotional und psychisch nicht darauf vorbereitete Soldaten ihre Drecksarbeit machen lässt und sie dann mit ihren Traumata zurücklässt. Unter dem Deckmantel eines Kriminalfilms schildert Haggis hier das Schicksal der Veteranen. Das Augenmerk liegt freilich darauf, wie absurd der Begriff "Veteran" erscheint, wenn man diese jungen Leute betrachtet: halbe Kinder noch, die mit Anfang 20 nicht nur ihre Unschuld verloren haben, sondern oft auch einen moralischen Kompass. Die nirgendwo ihre Verwirrung, ihre Scham und ihre Wut loswerden können, außer in Akten sinnloser Gewalt.
Davon erzählt "Im Tal von Elah" und benutzt die eben dort stattfindende biblische Geschichte von David und Goliath. "Wer würde heutzutage noch Kinder nur mit Steinen bewaffnet gegen einen Riesen antreten lassen" sinniert Tommy Lee Jones, und die Antwort die er findet, trifft ihn noch tiefer als der Tod seines Sohnes. Er, der alte Soldat, muss anerkennen, dass es seine alte Wirkungsstätte ist, die Kinder mit Steinen in der Tasche in einen ausweglosen Kampf schickt, in dem hier immer Goliath gewinnt.
Kaum etwas kann dieser Tage stille Trauer und unterschwellige Wut so gut ausdrücken wie die zerklüftete Landschaft, die Tommy Lee Jones sein Gesicht nennt. Das hat er jüngst in "Three Burials" bewiesen, und er tut es auch hier. Die Mischung aus seinem üblichen Raubein-Image mit einer neu gefundenen elegischen Emotionalität macht das mittlerweile angetretene Alterswerk des knurrigen Knochens zu einer wahren Freude. Kongenial wird er unterstützt von Susan Sarandon als seine Ehefrau, deren Rolle allerdings viel zu klein ausgefallen ist. Trotzdem holt Susan Sarandon aus ihren wenigen Szenen das Meiste raus. Da will dann auch Charlize Theron nicht nachstehen und liefert neben ihrem hübschen Gesicht auch eine gute Leistung, auch wenn ihre Polizistinnenrolle am meisten über ihre Plotfunktion bestimmt wird. Dies versucht Haggis mit einem kleinen Subplot über die fehlende Anerkennung der Kollegen und die Schwierigkeiten einer alleinerziehenden Mutter abzumildern, was auch recht gut gelingt.
"Im Tal von Elah" bedient sich strukturell des Kriminalfilms, in dem zwei ungleiche Partner einen mysteriösen Kriminalfall lösen, aber es ist kein Krimi. Dazu ist der Ausgang zu offensichtlich, selbst wenn man die wahren Begebenheiten, auf denen der Film fußt, nicht kennt. Und auch die roten Heringe, die die Story auswirft (etwa die "Drogenhandel mit mexikanischen Gangs"-Theorie) werden eher halbherzig und unüberzeugend eingebracht. Aber es geht Haggis eben nicht darum, einen wirklichen "Whodunit"-Thriller zu machen, sondern ein Psychogramm der zerbrochenen jugendlichen Helden Amerikas, die die Propaganda-Maschinerie als Freiheitsbringer feiert, derweil sie ihre Freiheit längst verloren haben. Und der Generation vor ihr, die sich von ihrem komfortablen Vertrauen in "richtig" und "falsch" verabschieden muss.
Hier geht es um die Dinge, die man verliert: Unschuld, moralische Sicherheit, Vertrauen in das eigene Land und seine Institutionen. Natürlich wird ihm dafür von den üblichen Stellen unpatriotisches Verhalten vorgeworfen, aber Paul Haggis ist lediglich ein enttäuschter Patriot, der sorgenvoll sieht, was in seinem Land schief läuft und diese Missstände anprangert, egal wie ungern sie gehört werden. Und er erschafft nebenbei ein bewegendes Drama, das sich vor allem aufgrund seiner
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