Zu diesem Film müßte man eigentlich zwei Kritiken schreiben: Eine für den unvorbelasteten Erstseher, und eine für den Vergleich mit dem Original. Für die, die es nicht wissen: „The Thomas Crown Affair“ ist ein Remake des gleichnamigen Klassikers von 1968, damals entstanden mit Norman Jewison als Legende hinter sowie Steve McQueen und Faye Dunaway als Legenden vor der Kamera. Nun zählt dieser Film nicht unbedingt zu den ganz bekannten, und da er nun schon 31 Jahre auf dem Buckel hat, riskiere ich es jetzt einfach mal und schreibe eine Kritik für diejenigen, die das Original nicht kennen. Also, von vorne:
Thomas Crown führt die Art Leben, von dem jeder Mann träumt. Ein Selfmade-Millionär, seine Geschäftspartner fürchten ihn, die Frauen lieben ihn. Doch wo liegt der Reiz, wenn man alles hat? Crown ist nunmehr 42 Jahre alt, hat alles und kann alles haben. Nur seine große Liebe hat er nicht gefunden. Seiner Psychiaterin gegenüber gesteht er, daß eine Frau, in die er sich verlieben könnte, vor allem eins aufbringen müßte: Vertrauen. Das soll sich sehr bald als sehr schwierig erweisen.
Aus lauter Langeweile klaut der Kunstfetischist Crown aus dem Metropolitan Museum einen unbezahlbaren Monet. Der genial eingefädelte Coup gelingt perfekt, und der selbstzufriedene Dieb scheint sich schon entspannt zurücklehnen zu können, als die Versicherungsagentin Catherine Banning auftaucht. Ihre Gesellschaft schreibt nicht gerne Schecks über 100 Millionen aus, und da Catherine bei Wiederbeschaffung satte fünf Prozent zustehen, ist sie bereit, so einiges dafür zu leisten. Sie begibt sich auf die Pirsch, entdeckt schnell eine Verbindung zu Crown, und nach zehn Minuten Konversation weiß sie bereits, daß er das Bild hat. Jetzt muß sie es nur noch wiederkriegen. Und hier beginnt das Katz-und-Maus-Spiel, in dessen Verlauf die beiden Hauptakteure sich dermaßen häufig gegenseitig verladen, daß man bald nicht mehr weiß, wer jetzt eigentlich wirklich was will.
Besonders interessant ist hier der Charakter der Versicherungsagentin, von Rene Russo mit herrlicher Coolness und Undurchsichtigkeit gespielt. Beim ersten Auftreten hält man sie für ein Vamp, mit viel Lidschatten und strähnigen Haaren. In Rekordzeit wickelt sie Crown um den Finger, stibitzt seine Schlüssel und hat alsbald das Bild in den Händen. Ganz schön clever. Oder auch nicht, denn Crown hat sie ganz mächtig verladen. Erste Reaktion: Sie geht mit ihm tanzen, in einem Kleid, durch das man nicht nur ihre Nippel sehen kann. Da gibt es natürlich bald kein Halten mehr. Und schon erscheint Catherine in einem anderen Licht: Sie tut anscheinend alles, um an das Bild zu kommen. Oder hat sie sich etwa doch in Crown verliebt?
Es ist die herausragendste Leistung dieses Films, den Zuschauer konstant im unklaren darüber zu lassen, was Catherine eigentlich will: Crown, oder das Bild? Das ist nur konsequent, denn ganz offensichtlich weiß sie es selber nicht. Das rückt diese Figur natürlich gnadenlos in den Mittelpunkt, und da ist dann nicht mehr viel Platz für Thomas Crown. Macht aber nix, denn Pierce Brosnan ist ohnehin der Schwachpunkt des Films: Als der Mann, der James Bond ist, wird man mit dieser Rolle des frauenverzehrenden Playboys schon irgendwie identifiziert, und da zeugt es nicht gerade von Innovation, in den Bond-Pausen einen frauenverzehrenden Playboy zu spielen. Dementsprechend blaß wirkt Brosnan dann auch die meiste Zeit, und so bedarf es schon der immer mal wieder eingeworfenen Psychiaterbesuche, um ein wenig Tiefe in den Charakter zu bekommen. Wie das bei Psychiater-Szenen so Usus ist, geschieht das dann auch gleich per Holzhammer, so daß der Hauptcharakter selbst eigentlich die größte Enttäuschung ist.
Dafür haben wir auf der anderen Seite aber besagte Rene Russo, und die reißt alles wieder raus. Mal abgesehen von der Tatsache, daß sie relativ unpikiert (für eine Major-Produktion) des öfteren den blanken Busen ins Bild hält, hat sie (schauspielerisch) eine Menge zu bieten, und macht schon mit wenigen Szenen klar, wer hier der eigentliche Star des Films ist. Brosnan kann froh sein, wenn er wieder Bond spielen darf, da sind die Frauen nur willig, nicht eigenwillig.
Zentral für den Erfolg eines Kunstraub-Films ist natürlich die Qualität des Raubs selber. In „The Thomas Crown Affair“ gibt es zwei großangelegte Raub-Sequenzen, eine am Anfang, eine am Ende. Beide sind virtuos inszeniert, warten mit netten Gimmicks (Pferde waren schon immer die besten Verstecke) und großen Überraschungen auf, bringen den Zuschauer zum staunen und haben die erwartete, geniale Schlußpointe. Im Vergleich zu der eher lahmen „Verlockende Falle“ bekommt man hier Einbrüche vom feinsten geliefert, und die Auflösung des Schlußcoups ist wirklich unglaublich. Keine Schwächen in dieser Beziehung.
Trotz alledem muß man ein paar Worte zum Original verlieren. In Jewison’s „Thomas Crown Affair“ ging es nicht um einen Kunst- sondern um einen Bankraub, und die Sicherheitssysteme in Museen der Neunziger zu überlisten ist sicherlich aufregender. Des weiteren wurde in der Vorlage vor allem wert auf Stil gelegt, so viel Stil, daß man teilweise das Gefühl bekam, der Look war wichtiger als die Story. Aber das Original hatte Steve McQueen, und das ist eine Ikone, an der man nicht so schnell vorbei kommt. Von daher hat man beim Remake sicherlich gut daran getan, das Hauptaugenmerk auf die weibliche Hauptrolle zu lenken. Bei einem direkten Vergleich zwischen Brosnan und McQueen hätte es nur desaströs enden können. Ach ja, und Faye Dunaway, die im Original die Versicherungsagentin spielte, tritt in der Neuauflage als Crowns Psychiaterin auf. Netter Gag.
Apropos netter Gag. In einer Szene gibt es eine wunderschöne Chance für ordentliches Product Placement, als Catherine eine Coladose wegext. Die Dose ist eindeutig von Pepsi, doch als Markenname prangt ein fiktives „One“ auf dem Weißblech. In einer späteren Szene sehen wir ein Halscollier in einem passenden Kästchen, auf dem gut lesbar das Firmenlogo eines namhaften New Yorker Juweliers abgebildet ist. Ein unauffälliges, aber amüsantes Statement zur Frage des Stils: Es ist ja nicht so, daß wir das nicht machen würden. Wir machen es nur nicht mit jedem.
„The Thomas Crown Affair“ bleibt ein Film mit zwei Gesichtern. Zum einen der Vergleich mit dem Original, wo er ganz klar den kürzeren zieht. Zum anderen aber auch das berechtigte Dasein als eigenständiges Werk, und in dieser Beziehung ist der Film eindeutig gelungen. Die Raub-Sequenzen sind virtuos inszeniert, Rene Russo ist brillant, und das ewige Verwirrspiel darum, wer jetzt eigentlich wen verschaukelt, bleibt spannend bis zum Schluß.
„The Thomas Crown Affair“ ist ein überraschend tiefgehendes Drama über Vertrauen unter Dieben, das dank überzeugender Charaktere auch auf der Beziehungsebene funktioniert. Wer das Original nicht kennt und lieber ins Kino geht, statt einen Sechziger-Klassiker aus der Videothek zu holen, wird sicherlich nicht enttäuscht werden. Dies ist zwar einer dieser Filme, die genau eine Minute zu lang sind, aber das ist schließlich Geschmackssache.
P.S.: Das Supermodel Esther Canadas gibt hier ihr Filmdebüt. Clevererweise hat man ihr eine Rolle ohne Text gegeben. Sie werden schon gewußt haben, warum *g*.
Originaltitel
The Thomas Crown affair
Land
Jahr
1999
Laufzeit
110 min
Regie
Bewertung
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