"Entdecken Sie die Wahrheit hinter der Legende" tönt die Tagline von Ridley Scotts neuestem Epos, das ihn erneut mit Russell Crowe aus seligen "Gladiator"-Zeiten zusammenführt. Nun ja, zumindest eine Wahrheit ist es, die Drehbuchautor Brian Helgeland hier erzählt, aber ob er mit dieser Geschichte nun wirklich die echten Hintergründe hinter der wohl populärsten Volkslegende aller Zeiten aufgedeckt hat? Zumindest ist die hier erzählte Geschichte das Interessanteste am ganzen Film, denn es wird hier so ziemlich alles anders gemacht als in den bisherigen Streifen um den mittelalterlichen Waldguerilla und Meisterschützen. Keine Angst, es gibt hier noch einen mutigen Helden namens Robin (Russell Crowe), seine Herzensdame Marion (Cate Blanchett), seine Bande rund um den hünenhaften Raufbold Little John (Kevin Durand), den trinkfreudigen Mönch Tuck (Mark Addy), Pfeilschützenkollege Will Scarlet (Scott Grimes) und den Barden Allan A'Dayle (Alan Doyle). Es gibt auch noch einen seine Bewohner unterdrückenden Sheriff von Nottingham. Aber da enden dann auch die Parallelen zu den bisherigen Robin Hood-Filmen wie etwa Michael Curtiz' früher Klassiker mit Errol Flynn oder Kevin Reynolds' 90er Jahre-Klassiker "Robin Hood - König der Diebe" mit Kevin Costner im - wie manch Spötter meint - wohl längsten Bryan Adams-Musikvideo aller Zeiten. Denn die Frage, wie man eine nun wirklich sehr wohl bekannte Geschichte mit eben so bekannten Figuren auf noch halbwegs interessante Art noch einmal erzählen kann, lösen Scott, Helgeland und dessen Helfer bei der Storyentwicklung Ethan Reiff und Cyrus Vorris auf ihre Weise: Sie erzählen kurzerhand die Geschichte, wie Robin Hood zu dem wurde, was er ist. Und das nicht wie die meisten bisherigen Hood-Filme in der ersten halben Stunde, sondern über die ganze wieder mal epische Laufzeit von knapp 135 Minuten. Andere Dinge sind so überraschend wie interessant: Lady Marion ist zum ersten Mal weder jung noch eine ausgesprochene Schönheit, sondern in Gestalt von Cate Blanchett eine in einer arrangierten Ehe gelandete, selbstbezeichnete alte Jungfer, die nun als Dame in den besten Jahren freilich viel besser zum ja auch schon nicht mehr ganz taufrischen Russell Crowe passt. Der trägt hier Maximus-Gedächtnis-Frisur und Bart und zeigt, dass er als waffenschwingender Rebell doch am Besten besetzt ist, zumindest bis jemand einen Film über Telefonwerfer macht. Insgesamt ist der Cast wie eigentlich immer bei Scotts Filmen ohne Schwächen. Die zweite kleine Kritik ist dann, dass diese Action- und Kampfszenen doch einigermaßen spärlich auf die Laufzeit verteilt sind, und sich Scott hier wieder alle Zeit der Welt nimmt. Anders als in "Königreich der Himmel", der erst im längeren Director's Cut seine volle Wirkung entfachte, hätte man in diesem Fall sogar noch ein paar Minuten wegschnippeln können, denn es geht hier ziemlich gemächlich zu. Da wir Robin am Anfang des Films auf dem Rückweg von den Kreuzzügen erleben, dauert es eine Dreiviertelstunde bis der Held überhaupt erstmal in Nottingham ankommt, und danach dann nochmal fast eine ganze Stunde, bis das Scharmützel so richtig los geht. Dem Rezensenten wurde es angesichts der Schauwerte hier zu keinem Moment langweilig, aber eine Garantie kann er nicht dafür geben, dass der eine oder andere ungeduldige Zuschauer nicht doch nach anderthalb Stunden anfängt, auf seinem Stuhl hin- und herzurutschen. "Robin Hood" ist so gut, wie man es von Ridley Scott mindestens erwartet, aber nicht so genial, wie man es von diesem immer mal wieder zu Meisterwerken fähigen Regisseur erhofft hatte. Wer Lust hat, einmal eine ganz andere Robin Hood-Geschichte - oder mal wieder einen Russell Crowe in Paraderolle - zu sehen, der sollte hier trotz dieser kleinen Einwände nicht zögern. Denn Dreck wie "Kampf der Titanen" zeigt Scott hiermit allemal, wo in Sachen episches Abenteuerkino der Hammer hängt. |
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