Nun also Trolle. Nachdem die letzten Jahre ganz im Zeichen des Vampirs standen und vor allem die "Twilight"-Filme, aber auch TV-Serien wie "Vampire Diaries" oder das hervorragende, auch und gerade "Twilight"-Verächtern zu empfehlende "True Blood" für einen nicht enden wollenden Vampirboom sorgten, schickt sich nun ein kleiner norwegischer Film an, dieses Ungleichgewicht zu beheben und die Aufmerksamkeit der Menschheit auf eine andere Spezies der fantastischen Literatur zu richten, die bisher meistens nur als Nebenfigur auftauchte: den Troll. Wobei es DEN Troll eigentlich gar nicht gibt, schließlich unterscheiden Fachleute zahlreiche Unterarten, die sich etwa deutlich in ihrer Größe oder auch der Anzahl ihrer Köpfe unterscheiden.
Moment mal - Fachleute? Für Trolle?? Richtig gelesen: Ein solcher Troll-Experte ist Hans (Otto Jespersen), der im Auftrag der norwegischen Regierung Jagd auf die nachtaktiven Kreaturen macht, die immer wieder für Unruhe im Land sorgen, indem sie Waldgebiete verwüsten oder auch schon mal ein paar deutsche Touristen verspeisen. Offiziell macht Hans zwar nur Jagd auf Bären, doch die Studenten Thomas, Kalle und Johanna sind - bewaffnet mit Filmkamera und Mikrofon - der Wahrheit auf der Spur und bleiben Hans so lange auf den Fersen, bis der bereit ist, vor laufender Kamera auszupacken. Im Laufe der Dreharbeiten für ihre Dokumentation kommen sie nicht nur einer groß angelegten Vertuschungsaktion der norwegischen Regierung auf die Spur, sondern auch in weit engeren Kontakt mit Hans' Arbeitsgebiet, als ihnen lieb ist. Infizierte Trollbisswunden und heftige Auseinandersetzungen mit Hans' um Geheimhaltung bemühtem Vorgesetzten gehören da bald zu ihren kleineren Problemen. All diese Ereignisse zeichnet "The Troll Hunter" anhand eines Rohschnitts des von Thomas, Kalle und Johanna gefilmten und nicht weiter bearbeiteten Materials nach - so kündigt es zumindest eine Texttafel zu Beginn des Films an.
Mit dieser Ausgangssituation eines aus vermeintlich realem Doku-Material zusammengestellten Films gehört "The Troll Hunter" in die Kategorie der so genannten "found footage"-Filme, denen wir vom "Blair Witch Project" bis hin zu J.J. Abrams' "Cloverfield" schon allerlei unterhaltsame Kinostunden zu verdanken haben. Regisseur André Øvredal mischt hier aus Elementen der nordischen Mythologie - Trolle vertragen kein Sonnenlicht und sind in der Lage, das Blut von gläubigen Christen zu riechen - und klassischen Actionfilmelementen einen äußerst gelungenen Cocktail zusammen, der auch die Aufmerksamkeit des nicht-norwegischen Kinopublikums verdient hat.
Wichtigstes Element des Films sind dabei aber nicht die durchaus beeindruckend gestalteten und vollkommen überzeugenden Trolle, sondern ihr vom norwegischen Comedian Otto Jespersen dargestellter Jäger, der genau so aussieht, wie man sich einen Trolljäger vorstellen würde: Ein Bär von einem Mann, kein Freund vieler Worte, mit Vollbart und einem ganzen Arsenal an hilfreichen Waffen und Werkzeugen ausgestattet, um die ihm an Kraft und Größe überlegenen Kreaturen zur Strecke zu bringen. Ohne Jespersen, der seine Rolle mit der perfekten Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor spielt, ginge dem Film sehr schnell die Luft aus, denn letztendlich ist es seine Figur, die dem Zuschauer hier den Zugang zu der mysteriösen Welt der Trolle ermöglicht und den größten Teil zur Glaubwürdigkeit der Geschichte beiträgt.
Ergänzt wird dies noch durch zahlreiche kleine, kreative Einfälle, die Hans' Beruf real wirken lassen, wie beispielsweise die Tatsache, dass er in seinem Wohnwagen Solarium-Lampen installiert hat, die die ganze Nacht brennen, um Trolle fernzuhalten. Sehr schön ist auch eine an "Jurassic Park" erinnernde Szene, in der Hans versucht, einen Troll mithilfe einer wehrlosen Ziege anzulocken. Weiterhin glänzt der Film mit seinem sehr guten Sounddesign, das viel zur spannungsgeladenen Atmosphäre der nächtlichen Szenen beiträgt, in denen sich Hans und die drei Studenten auf Trollsuche begeben.
Zwar hat "The Troll Hunter" in der Mitte die eine oder andere Länge und fordert dem Zuschauer zu Beginn etwas Eingewöhnungszeit ab (von übermäßigem Kameragewackel wird man allerdings zum Glück verschont), steht aber was Spannung, Effekte und Actionszenen betrifft vergleichbaren Hollywood-Produktionen in nichts nach (ein amerikanisches Remake ist allerdings trotzdem bereits in Planung). So kann man "The Troll Hunter" wirklich allen Kinofreunden empfehlen, die mal einen etwas anderen Popcorn-Movie sehen wollen und nichts dagegen haben, dabei auch noch eine ganze Menge über die Geschichte, Lebensweise und Biologie von Trollen zu lernen.
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