Dogma. Jenes mysteriöse Manifest, dass sich vier dänische Regisseure - der bekannteste unter ihnen Lars von Trier - im Jahre 1995 erdachten. Vier Filme hat es seither gegeben, die dem ausgearbeiteten "Keuschheitsgelübde" unterworfen waren, darunter "Das Fest" und "Idioten". Gleich waren ihnen zwangsläufig die vorgeschriebenen Restriktionen, sich aufs Natürliche und Minimalistische zu reduzieren: Aufnahmen nur am Drehort mit den vorgefundenen Requisiten (nichts darf hinzugefügt werden!), keine Musik aus dem Off, Handkamera, Farbfilm, und ein halbes Dutzend weiterer Regeln. Im Jahre 2001 hat sich das Dogmafilmen von seinen Urvätern gelöst, oder diese von ihnen. Der heimliche Dogma-Chef Lars von Trier etwa, löste sich im Vorjahr mit seinem Neomusical "Dancer in the Dark" von all zu strengen Vorgaben, und der ein oder andere ließ augenzwinkernd auch schon mal ein ganzes Orchester wie zufällig im Raum sitzen, um das Gesetz der Onscreenmusik zu umgehen.
"Italienisch für Anfänger" hat denn mit den hauptsächlich ernsten Vorgängern denn auch so viel gemein, wie das Dogmafilmen mit Hollywood. Klar, der Stil ist unverkennbar "dogmatisch", aber inhaltlich wagt sich Lone Scherfig, die erste Frau in der Dogmariege, in unbekanntes Terrain hervor: die romantische Komödie. Genauer eigentlich: die komische Romanze. Denn Witze oder plumpen Slapstick überläßt sie denn doch Hollywood, der Witz von "Italienisch für Angänger" ist subtiler, schlagfertiger, bisweilen auch traurig und melancholisch, findet jedoch immer seinen Weg ins Ziel. Nicht umsonst heißt der Untertitel "…und Liebe für Verlierer".
Sechs dieser vom Leben gebeutelten Menschen führt Scherfig hier zusammen: Den verwitweten Pastor Andreas (Anders W. Berthelsen), die ständig alles fallen lassende Olympia (Anette Stovelbaek), den unablässig pöbelnden Exfußballer Halvinn (Lars Kaalund), die ihre kranke Mutter pflegende Karen (Ann Eleonora Jorgensen), den freundlichen Portier mit Potenzproblemen Jorgen Mortensen (Peter Gantzler) und die kesse italienische Kellnerin Giulia (Sara Indrio Jensen). Jede der Figuren hat ihren Teil an Schicksalsschlägen mit sich herumzutragen, ihre Annäherung ist oft unbeholfen und umständlich, die Dialoge voller wahrheitsgetreuer Merkwürdigkeit. Das alles getragen von einem hervorragenden Ensemble. Die spritzige, witzige, traurige, anrührende und ansprechende Inszenierung lässt einen nach spätestens einem Drittel des Films die leicht gestelzte Form des Dogmafilmens vergessen.
"Italienisch für Anfänger" funktioniert nach den Regeln eines Märchens: Jedem Prinz seine Prinzessin, jeder Prinzessin ihren Prinzen. Oder auch ihren Frosch, aber selbst das ist ja besser als gar nichts. Nein, auch beim Happyend wirkt nichts gelackt oder gestelzt, alles passt. Irgendwie. Und am Ende die Erkenntnis: Das Glück wartet auf jeden von uns. Irgendwo. Und falls wir es nicht finden, findet es wahrscheinlich uns. Tröstlich. Irgendwie.
Originaltitel
Italiensk for Begyndere
Land
Jahr
2000
Laufzeit
108 min
Regie
Release Date
Bewertung
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