Lebt denn der alte Jigsaw noch? Jaaa, er lebt noch! Zwar siecht der unumstrittene Fachmann für sadistische Fallen und eine soziale Erziehung mit implizierter Todesgarantie bereits seit dem Beginn von "Saw II" auf dem Krankenbett dahin, aber das hindert ihn nicht wirklich am Ersinnen neuer Gemeinheiten. Für deren praktische Umsetzung steht schließlich die Schwester im Geiste und treue Assistentin Amanda zur Verfügung. Und weil wir uns jetzt schon in Teil Drei befinden und man da eben schon etwas klotzen muss, um sich weiterhin der Aufmerksamkeit des Publikums zu erfreuen, wickeln die beiden Tüftler in der neuesten Ausgabe ihrer Show "Hast Du denn Dein Leben auch verdient?" gleich zwei Projekte auf einmal ab: Jeff, der seinen Sohn durch einen Autounfall verlor, bei dem der Täter davon kam, weil Passanten nicht geholfen und Richter nicht verurteilt haben, bekommt die Gelegenheit Rache zu nehmen, sammelt aber Pluspunkte wenn er sich beherrscht und Gnade walten lässt. Die Gehirnchirurgin Lynn befindet sich ebenfalls gerade in einer Lebenskrise und wird von Jigsaw erpresst, ihn am Leben zu erhalten. Aber im "Saw"-Universum gibt es bekanntlich keine unabhängigen Handlungsstränge und deren überraschende Zusammenführung durch das raffinierte Drehbuch ist daher nur eine Frage der Zeit.
Die von Tobin Bell gespielte "Jigsaw"-Figur ist mittlerweile so bekannt, dass man dem Markenzeichen der Serie von Teil zu Teil mehr Raum und Leinwandzeit einräumt. Die bemerkenswerte und eigentlich unnötige Länge von 107 Minuten erreicht "Saw III" allerdings in erster Linie durch den rätselhaften Kunstgriff, das obligatorische Auftaktspielchen gleich zweimal in nahezu unveränderter Form abzuspulen, einmal mit einem Unbekannten und dann erneut mit der bereits aus Teil Zwei bekannten und von Dina Meyer gespielten Ermittlerin Kerry. Da das hier verwendete Ganzkörper-Folterinstrument aber auch tatsächlich besonders hübsch gelungen ist, geht das schon in Ordnung. Da wir über die aktuelle Fallenkollektion und die boshaften Prüfungen dieses Jahrgangs ansonsten aber natürlich nicht all zu viel verraten wollen, bleibt eigentlich nur eine Frage im Raume stehen und zwar die, warum diese Besprechung bisher eigentlich nur aus belanglosem Unsinn besteht?
Antwort: Weil sich ansonsten nur noch eine Variante anbietet, bei der man den Film ernst nimmt und sich dann ganz gepflegt aufregen könnte oder sogar müsste. Über den unglaublichen Zynismus beispielsweise, mit welchem Westentaschen-Philosoph Jigsaw seine Lebenslektionen erteilt, die insbesondere beim wirklich unschuldigen und vom Schicksal bereits mehr als genug gebeutelten Jeff noch ein ganzes Stück unangebrachter sind als sowieso schon. Oder über die absolute Boshaftigkeit, mit der in Filmen dieser Reihe jeder vermeintliche Hoffnungsschimmer erbarmungslos zerstört wird, nach dem schadenfrohen Motto "Ätsch, Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass Du eine echte Chance hast, oder?". Das kann und darf ja in solcher Art "Unterhaltungsfilmen" an sich auch gemacht werden, doch macht die Rechtfertigung der schlicht als menschenverachtend zu bezeichnenden Methoden durch eine pseudo-moralische Philosophie das Ganze wesentlich ärgerlicher als z.B. die ähnlich gelagerte, aber im Vergleich harmlos-spaßige "Final Destination"-Reihe.
Und selbst diejenigen, die all das überhaupt nicht stört und die sich vom dritten Aufguss der Sägesaga eigentlich nur einen kleinen Adrenalinstoß versprechen, dürften sich ebenfalls ein kleines bisschen aufregen. Über die Dreistigkeit nämlich, mit der hier ein freudig entdeckter Goldesel so konsequent und gnadenlos ausgepresst wird, wie man es selten erlebt hat, indem man wirklich jedes Jahr (auch Folge vier ist bereits fest) eine Fortsetzung produziert, die Brutalo-Schraube dabei Schritt für Schritt noch weiter anzieht und die Story dafür in immer abstrusere und sinnlosere Gefilde driften lässt.
Denn das konnte man ja dem Ersten und mit Abstrichen auch noch dem zweiten Teil nicht absprechen: Eine clever konstruierte Ausgangssituation, inklusive netter Schlusspointe. Davon ist nun aber auch nicht mehr viel geblieben und so bleibt der "Saw"-Reihe mittlerweile lediglich noch das Gütesiegel, zumindest handwerklich und bezüglich der soliden Schauspielerleistungen den allermeisten Genreproduktionen überlegen zu sein. Manchen mag das bereits genügen, aber alle Anderen lehnen sich ob des hier gebotenen Unfugs lieber ein Stück zurück und sortieren ihre Salzstangen der Länge nach.
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