Frauen sind wie Autos. Das glaubt zumindest Kalle Grabowski. Und zur Unterstützung dieser These liefert er in der ersten Minute dieses Films eine ganze Menge Vergleiche. Er hat auch sonst nicht viel zu tun, als darüber nachzudenken, denn Kalle (Ralf Richter) sitzt im Knast. Bei einem Ex-Knacki bestellt er von da aus einen Mercedes, in dem seine Frau ihn abholen soll, wenn er in zwei Jahren rauskommt. Bezahlen soll den Wagen sein Kumpel Keek (Oliver Korritke), denn der hat Kalles Kohle aus dem letzten Coup. Dummerweise hat Keek, die Inkarnation des Wortes Dauerkiffer, die meiste Kohle schon verspielt, und braucht jetzt erstmal 40.000, um das Auto zu bezahlen. Und bald noch viel mehr, den Kalle bricht aus dem Knast aus und will den ganzen Batzen. Da kommt der vorlaute und strunzdumme Alki Schlucke (Martin Semmelrogge) gerade recht, der Keek und seinem Freund Andi (Markus Knüfken) großspurig von einem „todsicheren Ding“ erzählt hat. Schlucke arbeitet bei dem ekligen, kriminellen Spediteur Kappmann (Dieter Krebs), Vater eines Proleten-Sohnes (Christian Karmann), Chef der dauerdrangsalierten Melanie (Alexandra Neldel) und Präsident des örtlichen Fußballvereins, für den auch Andi spielt. Kappmann hat gerade eine Ladung Laptops schwarz verscherbelt, und will nun einen Einbruch vortäuschen, um die Versicherung abzuzocken. Diesen fingierten Überfall soll Schlucke durchführen: Das „todsichere Ding“, bei dem leider jetzt noch andere mit drinhängen, die wirklich was rausholen wollen. Neben einer gnadenlos genialen Story bietet der Film vor allem absolut brillante Charaktere, die in Deutschland nur in einer Gegend wohnen können: Im Ruhrpott. Nicht nur, weil man nur hier das Nummernschild DO-PE 69 haben kann. Oder weil es nur hier Leute gibt, die sich in der Videothek allen Ernstes Didi Hallervorden-Filme ausleihen. Der schrullige Charme von Gegend und Leuten erfüllt jede einzelne Szene dieses kleinen Meisterwerks. Einen ganz großen Anteil haben daran sicherlich die kongenialen Darsteller, denn in der mit großen Namen gespickten Besetzungsliste findet man nicht eine schlechte Vorstellung. Oliver Korritke, der wirklich in jeder Szene einen Joint in der Fresse hat, und Markus Knüfken brillieren natürlich in den Hauptrollen, aber auch Dieter Krebs als schmieriger Unternehmer und Christian Karmann (Benni Beimer aus der Lindenstraße) dürfen endlich mal wieder zeigen, daß sie durchaus in der Lage sind, zwei Sätze geradeaus und auch noch überzeugend rüberzubringen. Die größten Überraschungen sind jedoch Martin Semmelrogge und Alexandra Neldel. Semmelrogge, für gewöhnlich auf profillose Kleinganoven festgelegt, liefert als bemitleidenswerter Looser Schlucke die wahrscheinlich beste Vorstellung seiner Karriere ab, und Neldel, bekannt geworden durch ihre Rolle in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, widerlegt erfolgreich das Vorurteil, daß gutgebaute Blondinen aus hirnlosen Daily Soaps ganz sicher alles besser können als schauspielern. Dazu gibt es Gastauftritte von Ruhrpott-Original Willy Thomzyk (der Typ aus den legendären Nike-Spots), Ingolf Lück und Til Schweiger, der zur Abwechslung mal ordentlich auf die Fresse kriegt. „Bang Boom Bang“ könnte sich als ein extrem wichtiger Film entpuppen, denn hier ist der Streifen, den man als der deutsche „Pulp Fiction“ bezeichnen könnte, und das macht Thorwarth zu Germany’s Tarantino. Denn was seinen Film von Thomas Jahn’s „Knockin of Heaven’s Door“ unterscheidet: Jahn hat seinen Film einfach aus unzähligen Versatzstücken Tarantinos zusammen geflickschustert, in der Hoffnung, niemand würde merken, daß im gesamten Drehbuch nicht eine eigene Idee steckte. Thorwarth hingegen verdient den Vergleich nicht, weil er gnadenlos kopiert, sondern weil er wie der große Quentin einen Film gemacht hat, für den es in seinem Land eigentlich nichts vergleichbares gibt. Einen Film, in dem aus todernsten Dingen auf groteske Art und Weise eine Komödie wird. Einen Film, in dem Charaktere rumlaufen, die man so schnell nicht wieder vergessen wird, ohne daß sie künstlich auf cool getrimmt werden. Und ein Film, der neue handwerkliche Ansätze verwendet, die man hierzulande noch nicht gesehen hat. Der Soundtrack (von den H-Blockx) rockt gewaltig, der Regisseur beweist bei mancher Einstellung und diversen genialen Schnitten seine Kreativität, und am Ende erwarten den Zuschauer ein paar Wendungen, die selbst „Wild Things“ alt aussehen lassen. Ein paar weniger inspirierte Szenen im Mittelteil, die mit romantischen oder ernsthaften Ansätzen irgendwie deplaziert wirken, lassen den Film knapp an der Höchstwertung vorbeischrammen. Trotzdem sei gesagt: Wer diesen Film nicht guckt, ist selber schuld. Denn nächstes Jahr werden alle versuchen, so zu drehen. Und dann sollte man schon mitreden können. P.S.: Wer den Trailer gesehen hat, mag sich wundern, warum die beiden den Safe mitnehmen. Nur soviel: Ihr könnt euch ausdenken, was ihr wollt. Es ist auf keinen Fall nur halb so bizarr-genial wie das, was tatsächlich der Grund ist. |
Land
Jahr
1999
Laufzeit
120 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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