Es geht um "eine deutsche Legende" und es ist eine knifflige Sache. Denn inszeniert wird das Biopic über den einzigen Weltmeister im Schwergewicht, den Deutschland je hatte, vom bei Kritikern - vorsichtig ausgedrückt - nicht allzu beliebten und sonst für seine günstig produzierten Videospieladaptionen bekannten Uwe Boll, und dargestellt wird dieser Max Schmeling von Henry Maske, einem der bekanntesten Deutschen unserer Tage, der allerdings bisher keinerlei Schauspielerfahrung besaß. Diese Kombination sorgte bereits im Vorfeld für mehr als nur Skepsis, und als die Produktion dann auch noch finanztechnisch ins Stocken geriet und sich der Kinostart immer weiter verschob, sahen viele in "Max Schmeling" bereits eine unvermeidliche Totgeburt.
Trotz Bolls öffentlich ausgetragener Scharmützel über die seiner Meinung nach fragwürdigen Kriterien der Verteilung von Fördergeldern deutscher Filmfonds und nicht zuletzt dank der Hilfe zweier, laut Presseheft "ungenannt bleibend wollender" Investoren ist der Film nun also doch fertig geworden. Wenn er nun tatsächlich anläuft ist es daher auch kein so großes Medienereignis, wie man es aufgrund der Strahlkraft der Namen "Schmeling" und "Maske" vielleicht trotz allem erwarten dürfte, denn der erst nach länger Suche gefundene Verleih besitzt nicht die Mittel für eine große Marketingkampagne. Nun ist es nicht so, dass alle die hiervon nichts mitbekommen ein neues Meisterwerk verpassen, das befürchtete Desaster ist es allerdings ebenfalls nicht geworden, auch wenn einige fast schon reflexartige Verrisse früherer Boll-Geschädigter dies behaupten.
Als Max Schmeling nach seinem Kampf gegen Jack Sharkey in New York mit dem Titel "Weltmeister im Schwergewicht" nach Hause zurückkehrt, wird er keineswegs wie ein Held empfangen. Denn das Berlin der ausklingenden goldenen Zwanziger Jahre kann sich nur mäßig begeistern für einen Champion, der seinen Titel nur durch die Disqualifikation des Gegners verliehen bekam. Doch als Schmeling bald darauf seinen Titel verteidigt, steigt auch seine Popularität, und vor allem die kurz danach die Macht übernehmenden Nationalsozialisten sehen in dem Boxer eine hervorragend für Propagandazwecke zu nutzende Galionsfigur. Daher sieht man auch zunächst über die tschechische Herkunft seiner Frau, der Schauspielerin Anny Ondra (Susanne Wuest) und über seinen jüdischen Manager Joe Jacobs (Vladimir Weigl) hinweg. Als Schmeling und sein Trainer Max Machon (Heino Ferch) jedoch beschließen, gegen den ungeschlagenen "braunen Bomber" Joe Louis anzutreten, ist die Furcht vor einer Blamage der "Herrenrasse" in den Führungsetagen groß. Aber der Außenseiter gewinnt und wird damit so populär, dass er es wagen kann den Nazis zu trotzen. Doch nur Sieger sind unantastbar und als Schmeling schließlich den Rückkampf blamabel verliert, lassen die Mächtigen ihn fallen und scheuen sich auch nicht, den ehemaligen Volkshelden an die Front des zweiten Weltkriegs zu schicken.
Dort begegnet der Kinozuschauer dann im Jahr 1943 zum ersten Mal der Titelfigur und wird dessen Karriere anschließend im Rückblick erfahren, als Schmeling einem von ihm eskortierten englischen Kriegsgefangenen recht unvermittelt seine Geschichte erzählt. Kein überzeugender Kunstgriff, wirkt doch diese "Rahmengeschichte" arg konstruiert.
Ansonsten gilt die erste Aufmerksamkeit aber natürlich der Person Henry Maske und relativ schnell wird dabei klar, dass die Entscheidung den früheren Halbschwergewichtsweltmeister für diese Rolle zu engagieren sowohl positive als auch negative Ergebnisse zur Folge hat. Schauspielerisch muss der gegenüber gestandenen Darstellern wie etwa einem Heino Ferch fast zwangsläufig abfallen und dass seine sehr bekannte Stimme und sein Akzent hier praktisch unverändert und ungefiltert in einem völlig anderen Setting eingesetzt werden, ist sicher einer der Schwachpunkte des Films. Andererseits macht sich Maske auch in einigen Szenen sehr gut und das gilt nicht nur für die Boxkämpfe, bei denen man das natürlich erwarten durfte. Nein, dem Nicht-Schauspieler gelingen vom Ausdruck her und mit seinen Blicken einige starke Momente, und auch physisch zeigt er angemessene Präsenz. Kurz gesagt: Immer wenn Henry Maske nicht mit seinem Text kämpfen muss, ist er eigentlich ziemlich gut. Und dass sich ein einfacher Boxer im Licht der plötzlichen öffentlichen Aufmerksamkeit gelegentlich etwas steif und unbeholfen gibt, dürfte ja durchaus der damaligen Realität entsprechen.
Ebenso erfolgreich um Realismus bemüht inszeniert der Hobbyboxer Boll die Kämpfe, die sich daher stark von den wesentlich dramatischeren Momenten in entsprechenden Hollywood-Produktionen unterscheiden. Am ehesten bietet sich hier ein Vergleich mit "Das Comeback" an, in dem Russell Crowe vor ein paar Jahren zum Teil sogar gegen die gleichen Gegner antrat. So schlecht schneidet diese deutsche Produktion dabei dann gar nicht ab, mit Einschränkungen allerdings. Denn da man aus Kostengründen alle Kämpfe hintereinander in einer kroatischen Arena drehte, sieht nun also der New Yorker Madison Square Garden genauso aus wie eine Nachkriegsveranstaltung in der norddeutschen Tiefebene von Kiel.
Eher bieder, aber immerhin solide die visuelle und auch inhaltliche Umsetzung der "Drittes Reich"-Elemente, denn da sehen die Überzeugungstäter, willfährigen Schergen und die Feste der eitlen Elite auch nicht viel anders aus als in unzähligen anderen Produktionen. Und wer hätte gedacht, dass der neue Uwe Boll in diesem heiklen Punkt freier von Peinlichkeiten ist als das aktuelle Oskar Roehler-Werk "Jud Süß"?
Insgesamt betrachtet pendelt sich "Max Schmeling" produktionstechnisch auf dem Niveau einer ordentlichen TV-Produktion ein. Ein nicht uninteressanter, nett anzuschauender Bilderbogen, der allerdings von der Vielschichtigkeit und emotionalen Wirkung anderer Sportlerfilme oder Bio-Pictures doch ein ganzes Stück entfernt bleibt. Denn auch erzählerisch holpert es doch hier und da ein wenig und auch die Entscheidung, sofort mit den großen Kämpfen des Max Schmeling einzusteigen ohne auch die Vorgeschichte zu erzählen, trägt nicht unbedingt zur Bindung an die Figur bei.
Henry Maske jedenfalls, so betont er stets, wollte nur diese eine Rolle seines Idols unbedingt spielen. Uwe Boll wollte schon seit langem diesen Film drehen und das Herzblut, welches die Beteiligten in diesen Film gesteckt haben, ist dann auch durchaus zu spüren. "Max Schmeling" besitzt einige Schwächen und bietet allemal ausreichend Raum für Kritik. Anlass zum Ausschütten von Häme und Spott besteht jedoch nicht.
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