Lebt denn der alte Jigsaw noch... fragten wir vor gut zwei Jahren anlässlich des dritten Teils der Never Ending Story "Saw". Und obwohl diese Frage mittlerweile ganz eindeutig mit "Nein" beantwortet werden muss, geht die blutige Spielchen-Tüftelei nun bereits in die fünfte Runde. Das mag man ärgerlich finden, schließlich darf diese Serie, die mit ihrem erfrischenden Erstling einst so viel versprechend begann, inzwischen als derzeit am Eindeutigsten zu durchschauende Geldmacherei im Genre bezeichnet werden. Doch bei aller Kritik am System gebietet es die Fairness, auch zu erwähnen, dass der aktuelle "Saw" nicht so schlimm geraten ist wie man es von einem fünften Teil einer Horrorfilm-Reihe erwarten durfte. Im Gegenteil: Es zeigt sich sogar eine kleine positive Tendenz. Die natürlich dennoch kein Grund dafür ist, in Jubelschreie auszubrechen.
Jigsaw (Tobin Bell) tot, Amanda tot, doch die grausamen Spiele setzen sich fort. Detective Hoffman (Costas Mandylor) ist der neue, bereits aus dem Vorgänger bekannte Mann, der nun die Fäden zieht. Von den Kollegen und Medien wird er als derjenige gefeiert, der die Akte "Jigsaw" zum Abschluss gebracht hat. Doch FBI-Agent Strahm (Scott Patterson), der selbst aus einer Falle nur knapp mit dem Leben davongekommen ist, ahnt, dass etwas gewaltig faul ist, und ist Hoffman bereits auf den Fersen. Derweil erwachen fünf Menschen (darunter Julie Benz, bekannt aus "Dexter" oder "Buffy") fest gekettet in einem Verlies. Wie immer gilt: Sie haben etwas gemeinsam, sie haben etwas falsch gemacht und sie haben fiese Spielchen zu durchstehen. Blut wird fließen und einige werden grausam zu Tode kommen. Verpackt in eine völlig verquere Moral. "Saw" eben.
Seit
dem zweiten Teil gehört es quasi zum guten Ton, gleich mit
einer äußerst unangenehmen und alles andere als leicht
verdaulichen Falle, wahlweise Autopsie, zu eröffnen. In
diesem
Punkt steht auch "Saw V" seinen Vorgängern
in nichts nach: Ein armer Tropf droht von einem hin- und
her pendelnden,
sich langsam nähernden Beil zerstückelt zu werden, wenn
es ihm nicht gelingt, sich innerhalb von 60 Sekunden zu
befreien.
Eine andere, seit Teil zwei erkennbare und zurecht häufig
kritisierte
Tendenz ist die zunehmende Abkehr weg vom psychologischen
und hin
zum leichter zu erzeugenden, sehr graphischen Horror.
Leicht verdaulich
war auch das Original nicht, doch erst in den Folgejahren
hat sich
der jährliche "Saw"-Spross zu einer Bewerbung um
den blutigsten Film des Jahres entwickelt.
Dass mit dem vierten Teil in dieser Hinsicht der
vorläufige
Höhepunkt erreicht war, ließ sich in Deutschland sehr
gut daran erkennen, dass für eine FSK-Freigabe erstmals
die
Schere angesetzt werden musste. Die durfte nun wieder
zurück
in die Schublade wandern. Zur Familientauglichkeit ist es
zwar noch
ein gutes Stück, doch das im Vorfeld gegebene Versprechen,
sich wieder stärker auf die Story zu fokussieren, erweist
sich
in der Tat als weniger leer als zunächst angenommen.
So erfährt der geneigte Zuschauer nun einige mehr oder
weniger
interessante Details: Zum Beispiel wie aus Detective
Hoffman der
neue Jigsaw werden konnte. Neben der diesjährigen großen
Falle und dem Plot um den misstrauischen FBI-Mann Strahm
stellt
dies den dritten größeren Handlungsstrang dar. Die Antwort
auf die Frage, warum Hoffman denn nun auch das Verlangen
verspürt,
den Menschen "helfen" zu wollen, fällt allerdings
erwartungsgemäß bescheuert aus. Aber immerhin spannen
die Autoren hier einen Bogen bis hin zum ersten Teil und
einige Aspekte, die schon zu Beginn der Reihe merkwürdig
erschienen,
erhalten nun eine recht zufriedenstellende Korrektur. Hier
lässt
sich dann auch nicht verleugnen, dass die "Saw"-Filme
nicht zuletzt aufgrund ihrer verschachtelten
Erzählstruktur
mittlerweile ein fiktionales Universum von im
Genre-Vergleich durchaus
beachtlicher Komplexität erschaffen haben.
Doch trotz der durchaus positiven Erkenntnis, dass die
Gewichtung
von Gewalt und Story nun wieder etwas stärker Richtung
Letzterem
tendiert, kann die Qualität der Reihe nicht spürbar
zulegen.
Von der einst größten Stärke, eine nicht immer logische,
aber spannende und wendungsreiche Geschichte zu erzählen,
ist
mittlerweile nicht mehr viel übrig geblieben. Abgesehen
von
einigen kleinen Überraschungen ist der grobe Verlauf in
beiden
Gegenwart-Storylines erschreckend vorhersehbar. Die
Pointen zünden
nicht. Die eine nicht, weil sie bereits frühzeitig
absehbar
ist. Und die andere entbehrt jeglicher Logik. Jigsaws
Moral und
die seiner Jünger waren ja schon immer mehr Witz als
irgendetwas
sonst. Die Opfer sollten die Chance erhalten, sich zu
bessern, etwas
in ihrem Leben zu ändern. Doch diese Chancen waren sehr
häufig
eben nicht wirklich welche, sondern vielmehr eine sichere
Reise
in den qualvollen Tod. Im aktuellen Teil werden nun
jegliche Prinzipien
über den Haufen geworfen und das eigene Überleben liegt
für einige der Opfer nun überhaupt nicht mehr in den
eigenen
Händen.
Dass dieses Mal das Ende so überhaupt nicht zu überzeugen
weiß, überrascht umso mehr, wenn man sich daran erinnert,
dass dieses laut Produzenten-Aussage schon feststand,
bevor überhaupt
am Drehbuch geschrieben wurde. Da hätte doch
irgendjemandem
in all der Zeit mal auffallen
müssen, dass diese Ideen einfach schlecht sind und für
den denkenden "Saw"-Zuschauer schon fast eine Beleidigung
darstellen.
"Saw V" ist ein weniger ärgerlicher Film als seine
beiden unmittelbaren Vorgänger, aber andererseits auch
kein
Film, den die Welt braucht oder der die Reihe mit frischen
Impulsen
auf die Erfolgsspur zurückführen könnte. Die etwas
stärkere Fokussierung auf die Story ist im Ansatz löblich,
bringt nur nicht viel, da der Film an seiner schlecht
durchdachten
Handlung scheitert. Die Fallen wirken nicht ganz so
selbstzweckhaft
wie sonst und erfordern wie gewohnt einen festen Magen.
Und auch
bei den Darstellern ein gewohntes Bild: Neben soliden
Leistungen
(Tobin Bell, Julie Benz) liefern andere so genannte
Schauspieler
Performances ab mit absolutem Trash-Charakter (Costas
Mandylor,
Scott Patterson).
An den amerikanischen Kinokassen läuft die Reihe nach wie
vor
äußerst erfolgreich. "Saw 6" stand bereits
fest, bevor Teil 4 überhaupt an den Start ging. Für Lacher
in den Web-Foren sorgt mittlerweile die Besetzung auf dem
Regie-Stuhl.
Nachdem in Teil 5 David Hackl, bis dato Set-Designer,
Darren Lynn
Bousman als Regisseur abgelöst hat, muss dieser in Teil 6
nun
wiederum für Kevin Greutert, bislang in der Funktion des
Cutters
tätig, Platz machen. Und bis die gesamte "Saw"-Familie
mal zum Zug gekommen ist, könnten noch so einige Jahre ins
Land ziehen. Das ist vermutlich frohe Kunde für die feste
Schar
an "Saw"-Jüngern. Der Rest belächelt es, ärgert
sich darüber oder ignoriert es, denn ein triftiger Grund
zum
(Wieder-)Einstieg liegt auch weiterhin nicht vor.
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