Dream Scenario

Land
Jahr
2023
Laufzeit
102 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Matthias Kastl / 19. März 2024

Eigentlich hatte man Nicolas Cage ja bereits abgeschrieben. Aufgrund großer finanzieller Probleme hatte der Oscar-Gewinner von 1996 (für “Leaving Las Vegas“) seit etwa 2010 gefühlt einfach jede halbwegs lukrative Rolle angenommen, die ihm so vor die Flinte kam. Qualitätschecks waren bei diesem Vorgehen wohl eher hinderlich und so war Cage in dieser Zeit vor allem in teils gruseligen Direct-to-video-Produktionen anzutreffen. In den letzten Jahren war dank ein paar originellerer Indie-Werke, wie “Pig“ und “Massive Talent“, aber zumindest ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen und genau dieser setzt sich mit “Dream Scenario“ nun erfreulicherweise fort. Unterstützt von einer cleveren Grundidee und einer einfallsreichen Inszenierung gelingt Cage nicht nur eine sehr überzeugende Schauspielleistung, sondern auch sein bester Film seit Jahren – auch wenn dem Drama gegen Ende ein klein wenig die Puste ausgeht.

Cage (“Adaptation“, “Das Vermächtnis der Tempelritter“) gibt in “Dream Scenario“ den biederen Professor für Biologie Paul Matthews, der ein denkbar unaufgeregtes Leben mit seiner Frau Janet (Julianne Nicholson) und seinen beiden Töchtern Sophie (Lily Bird) und Hannah (Jessica Clement) führt. Gerade seine beiden Töchter halten ihren Vater für ziemlich uncool, was sich aber schlagartig ändert, als Paul auf einmal in den Träumen fremder Menschen auftaucht. Schon bald spricht sich das merkwürdige Phänomen im ganzen Land herum und der unerwartete Ruhm beginnt das Selbstbewusstsein von Paul zu beflügeln. Stellt sich nur die Frage, ob dieses Phänomen nicht vielleicht doch auch so seine Schattenseiten haben könnte?


Hat es natürlich, doch in der ersten Hälfte von “Dream Scenario“ herrscht erst einmal eine eher fröhliche Stimmung. Die Geschichte hat ihren Spaß damit die etwas abgedrehte Grundidee liebevoll und mit einem sympathischen Augenzwinkern zu etablieren, um Stück für Stück ihrem eigentlich langweiligen Protagonisten den unerwarteten Ruhm zu bescheren. Cage geht wiederum sehr überzeugend in der Rolle des biederen Nerds auf, der zu Beginn erst einmal nichts wirklich auf die Reihe bekommt und mit seiner plötzlichen Bekanntheit auch erst völlig überfordert ist. Mit vielen kleinen Eigenheiten, gerade in Sachen Gestik und Mimik, schafft es Cage hier eine zwar irgendwie bemitleidenswerte aber nie lächerliche Figur zu etablieren, die man trotz ihrer Biederkeit dann doch irgendwie verstehen und durchaus mögen kann.

Dass “Dream Scenario“ gerade in der ersten Hälfte so gut funktioniert liegt aber auch an der Inszenierung. Regisseur und Drehbuchautor Kristoffer Borgli ruht sich nämlich nicht alleine auf einer coolen Grundidee und einem gut aufgelegten Hauptdarsteller aus, sondern sorgt auch mit seiner Inszenierung immer wieder für interessante Momente. So ist die Wahl mancher Kameraeinstellungen ziemlich clever und verstärkt geschickt den “Traumfaktor“ der Geschichte, dazu gesellt sich dann auch noch die eine oder andere wirklich kreativ umgesetzte Montage. Es wäre jetzt zwar zu viel behauptet, dass diese Kreativspritzer gleich zu einer meisterhaften Atmosphäre führen würden, aber sie verleihen dem ganzen Geschehen allemal eine interessante zusätzliche Ebene.


So kommt “Dream Scenario“ ziemlich schnell in einen sehr guten Flow, bei dem nur eine Frage dann doch im Hinterkopf immer wieder aufploppt: Wie schafft man es diese High-Concept-Idee zu einem halbwegs zufriedenstellenden Ende zu bringen? Bei der Beantwortung dieser Frage kommt der Film hintenraus leider ein klein wenig ins Schleudern. Dass man mit zunehmender Spieldauer in deutlich düstere Gefilde abdriftet ist dabei immer noch interessant und gut gelöst. Allerdings entscheidet man sich dann für ein Ende, das zwar an sich gut ist, allerdings nur über den Umweg eines neuen Storykniffs zu erreichen ist. Und genau dieser Kniff wirkt wie aus einem anderen Film, wird nicht wirklich überzeugend und ausführlich genug etabliert und beraubt dem Film so doch deutlich seinem bisher so angenehmen Flusses.  

Das ist gerade angesichts der starken ersten Hälfte und dem interessanten Potential des zweiten Abschnitts schon sehr schade, da die eigentlich gelungene letzte Einstellung so einfach etwas an Wirkung verliert. Doch abgesehen von dieser Fehlentscheidung macht “Dream Scenario“ über weite Strecken viel richtig und so geht der Daumen am Ende dann doch deutlich nach oben. Und mit ihm hoffentlich auch die Karriere von Nicolas Cage. Der hatte 2022 übrigens verkündet endlich wieder schuldenfrei zu sein, und wenn das zu einer solchen deutlich überlegter wirkenden Rollenwahl führt, dann darf man einem möglichen größeren Comeback durchaus freudig entgegenblicken.

Bilder: Copyright

7
7/10

Ja, kann der Kritik zustimmen, wirklich guter Film, der am Ende ein Gimmick reindengelt, dass da irgendwie nicht passt. Aber Cage spielt den biederen Prof hervorragend.
Hinsichtlich Rollenwahl scheints wohl so zu sein, dass er selber so viel wie möglich macht, um nicht auf andere dumme Gedanken zu kommen. Aber wenn der finanzielle Druck kleiner ist, ist die Rollenauswahl hoffentlich überlegter.

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