Es geht immer weiter. Nach den Kollegen Arnold und Sylvester kehrt nun auch der immerhin noch ein wenig jüngere Action-Veteran Bruce Willis wieder mit einem Genrekracher auf die Leinwand zurück. Das ist schon mal deshalb etwas erfolgversprechender, weil sich der Kahlkopf dabei auf die Marke verlässt, die ihn einst groß gemacht hat. Mit anderen Worten, es ist wieder mal Zeit langsam zu sterben für John McClane, den Mann der zuverlässig zur falschen Zeit am falschen Ort auftaucht. Das ist zwar in gewissem Sinne auch diesmal wieder der Fall, doch trotzdem ist vieles ganz anders als gewohnt in „Ein guter Tag zum Sterben“. Was aber bedauerlicherweise keine positive Nachricht ist, denn die meisten Ideen dieses Films erweisen sich als höchst fragwürdig und unsinnig.
Detective McClane verlässt dabei sein amerikanisches Umfeld um nach Moskau zu eilen, wo sein Sohn Jack (Jai Courtney) vor Gericht steht, der offenbar einen Mord in einem Nachtclub begangen hat. Doch kaum ist der von seinem Sprössling schon lange entfremdete Vater dort angekommen, gerät er auch schon mitten in eine wilde Verfolgungsjagd und Schießerei, bei der Jack gemeinsam mit dem russischen Häftling Komarov (Sebastian Koch) zu fliehen versucht. Jack ist vom Auftauchen seines alten Herrn nur wenig begeistert, hat er doch eine Mission zu erfüllen von der John nichts ahnt, denn Komarov ist ein politischer Gefangener und im Besitz von brisanten Informationen. Angesichts ihrer brutalen Verfolger bleibt den Beiden jedoch nichts anderes übrig als sich zusammen zu tun und ein großes Verbrechen zu verhindern – und das direkt vor Ort in Tschernobyl.
Die trostlose Gegend um das ehemalige Atomkraftwerk in der Ukraine ist nun in der Tat nicht der Platz an dem man sich unseren alten Kämpen als Erstes vorstellen mag. Die Entscheidung, McClane aus seiner vertrauten Umgebung heraus nach Russland zu versetzen, ist dabei aber nicht das Problem des nunmehr bereits fünften Aufgusses der „Stirb Langsam“-Reihe. Das ist zunächst einmal die wirklich haarsträubend konstruierte Ausgangssituation der Geschichte, bei der man sich schon fragen muss, welchen „genialen“ Plan der Agent Jack da eigentlich verfolgt, indem er erst mal einen Mord begeht um sich anschließend bewusst inhaftieren zu lassen und so Komarov nahe zu kommen. Wundersamer weise wird Freund Jack aber dann tatsächlich im gleichen Fahrzeug und zum gleichen Zeitpunkt wie der vom CIA begehrte Dissident Richtung Gericht befördert. Was er dort dann allerdings weiter getan hätte, wenn nicht zufällig und für ihn unvorhersehbar eine Terrortruppe das Justizgebäude in die Luft gesprengt und ihm so die gemeinsame Flucht ermöglicht hätte, wäre doch mal interessant zu erfahren. Dass sich in dem völlig zerstörten Gebäude dann auch niemand außer den beiden relevanten Personen aus den Trümmern erhebt, kommt der weiteren Handlung ebenfalls sehr gelegen.
So geht es noch eine Zeitlang weiter und der Plausibilitätsfaktor des Geschehens wird schmerzfrei in Richtung Null gedreht. Zudem erweist sich der Spionagefall, den man sich hier zusammengeschustert hat, nicht nur als untypisch für die Reihe sondern leider auch als leidlich uninteressant. Die Jagd auf eine Akte mit belastendem Material gegen einen korrupten russischen Politiker? Been there, done that. Wobei man zugutehalten muss, dass es da im Verlauf immerhin noch einen Twist gibt, der die Geschichte vor der kompletten Belanglosigkeit bewahrt.
Nun könnte man über die zwischen banal und absurd hin und her springende Handlung vielleicht noch großmütig hinwegsehen, wenn denn der Rest wenigstens stimmig wäre. Doch ein vertrautes „Stirb Langsam“-Gefühl stellt sich diesmal allerhöchstens bei den zahlreichen Schießereien und Explosionen ein, die immerhin handwerklich ordentlich inszeniert sind. Für den bemühten Vater-Sohn-Konflikt und die oft unwitzigen Sprüche gilt das jedoch nur bedingt, selbst den Tribut an die „Schweinebacken“ sondert Willis eher beiläufig und lustlos ab. Warum man für die Rolle des Komarov nicht einfach einen russischen Schauspieler genommen, sondern stattdessen Sebastian Koch Bart, Akzent und ein auf alt geschminktes Make-Up verpasst hat, mag ebenfalls nicht so recht einleuchten (auch wenn es gegen Kochs Leistung ansonsten nichts einzuwenden gibt).
Am aller Befremdlichsten wirkt jedoch die Erkenntnis, dass man so ganz nebenbei das Grundprinzip eines jeden „Stirb Langsam“-Films ins Gegenteil verkehrt. War es bisher doch stets so (und ja auch die bewusste Ironie an der ganzen Sache), dass McClane völlig ungewollt und durch die Verkettung unglücklichster Umstände immer wieder dazu gezwungen wurde einzugreifen, so begibt er sich hier nun vorsätzlich in Gefahr, sucht ganz bewusst den Schauplatz eines Konfliktes auf, von dem er keinerlei Ahnung hat, und richtet dabei dann zunächst auch deutlich mehr Schaden als Nutzen an. Der „alte Mann“ benimmt sich hier (zumindest in der ersten Filmhälfte) derart unvernünftig und nervtötend, dass man den Ärger seines Sohnes durchaus nachvollziehen kann.
Nur 95 Minuten lang kommt diese „Die Hard“-Runde daher und damit eine gute halbe Stunde kürzer als sämtliche vorhergehenden. Dass es sich am Ende trotzdem anfühlt als hätte man gerade einen Zwei-Stunden-Film gesehen ist ein weiteres Indiz dafür, wie zäh und angestrengt der Versuch wirkt, eine Franchise irgendwie am Leben zu halten, die doch einst völlig neue und innovative Wege im Action-Kino ging. Der „Gute Tag zum Sterben“ ist daher schon lange verpasst und wir haben es mittlerweile eher mit einem lahmen Untoten zu tun, der aber einfach keine Ruhe geben mag.
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