England 1945: In dem alten Landhaus, dass die Kriegswitwe Grace (Nicole Kidman) mit ihren Kindern Anne (Alakin Mann) und Nicholas (James Bentley) bewohnt, herrschen seltsame Regeln. Eine Tür darf erst geöffnet werden, wenn die vorherige geschlossen ist, und die Vorhänge müssen immer geschlossen bleiben. Das, so erklärt Grace dem neuen Hauspersonal, sei notwendig um das Leben ihrer Kinder zu schützen, die unter einer starken Sonnenallergie leiden. Doch es sind nicht nur die Regeln, die in diesem Haus seltsam sind. Irgend etwas Mysteriöses geht vor sich: Anne redet von einem Geisterjungen, Türen werden scheinbar von selbst geöffnet und geschlossen, man hört Stimmen oder Weinen. Grace verzweifelt fast. Hat das neue Personal, die resolute Bertha Mills (Fionna Flannigan), der uralte Gärtner Mr. Tuttle (Eric Sykes) und die stumme Lydia (Elaine Cassidy), etwas damit zu tun? Oder sind hier weitaus dunklere, gefährlichere Mächte am Wirken?
Geisterhausgeschichten haben immer mindestens eine/n Tote/n am Start, der/die einfach nicht ruhen will, und genauso wenig will diese im Rahmen des (Teenie-) Horror- und Mystery-Revivals der letzten Jahre wieder aufgekommene Subkategorie des Horrorfilms nicht ruhen, sondern den verwunschenen Kinobesucher per Zelluloid heimsuchen. "Manche Dinge bleiben besser begraben", und daher stellt sich auch die Frage, ob dieses in den 40er und 50er Jahren boomende Subgenre eine Zukunft hat. Nimmt man Hollywoods neuesten Beitrag zum Thema "huch, was poltert da so mysteriös auf dem Dachboden?", Alejandro Amenabars "The Others", als Maßstab, sollte besser tot bleiben, was schon halb vermodert ist. Dabei kann man "The Others" eine gewisse Klasse nicht absprechen, jedoch überschätzt Regisseur und Drehbuchautor Amenabar gnadenlos seine Fähigkeit, das Publikum bei Laune zu halten.
Optisch und inszenatorisch folgt er dabei weitgehend dem Muster, dass M. Night Shyamalan mit dem genialischen "The Sixth Sense" vorgegeben hat. Einzig: Im Gegensatz zu diesem hat Amenabar (noch) keinen eigenen Stil, der allein durch seine Bildkompositionen fesselt, zudem verpatzt er bei "The Others" das Timing ganz entsetzlich. M. Night Shyamalans Verdienst bei "The Sixth Sense" war es, mitten in das meditative, in sich ruhende Erzähltempo genug Kleinigkeiten (und auch Schockeffekte) einzubauen, die das Publikum in ständiger Erwartungshaltung hielten, und das Ganze mit einer grandiosen Schlusspointe zu krönen. Beides versucht auch Amenabar und beides geht hier ziemlich daneben.
Zumindest einen Mangel an Atmosphäre kann man diesem Film nicht vorwerfen, aber auch hier drückt sich der Regisseur ein wenig vor eventuellen Schwierigkeiten, indem er das Setting eh so auswählt, das eine mysteriöse Atmosphäre nahezu unumgänglich ist (Altes Haus im dichten Nebel Englands, das reicht mancherorts schon für Schauer überm Rücken). Aber dann fangen die Dinge an, bergab zu gehen. Das größte Problem von "The Others" ist das Erzähltempo. Gemächlich ist hier das Credo und das kann ohne Zweifel funktionieren. Tut es hier aber gar nicht, denn über eindreiviertel Stunden bietet der Film dem Zuschauer lediglich schön fotografierte Langeweile, von gelegentlichen hysterischen Ausbrüchen Nicole Kidmans, ein bißchen mysteriösem Flüstern und so ziemlich genau zwei gelungenen Schocks mal abgesehen. Der Film manövriert so langsam auf seinen Höhepunkt zu, dass man diesen im Ernstfall aufgrund von Tiefschlaf verpasst.
Und dann, und dann, dann kommt die große Schlusspointe, die zwar recht gewitzt ist, aber nicht gewitzt genug um den Zuschauer für die vorrausgegangene Spannungsarmut zu entschädigen. Zudem die Pointe bei genauerem Hinsehen nicht recht schlüssig ist, zumindest je nach Geschmack zwischen einem "Nette Idee" und "Blödsinn" schwankend . Es scheint, als hätte Amenabar seinen Film jedoch nur um diesen einen zugegebenermaßen recht innovativen Einfall herumkonstruiert, was dann auch die Trägheit des Restfilms erklären könnte.
Erschwerend kommt hinzu, dass weder der zentrale Charakter genug ausgearbeitet wurde, noch von Nicole Kidman ausreichend mit Leben gefüllt wird. Miss Kidman wirkt in dieser One Woman Show irgendwie gehemmt, als wüsste sie, das sie als einziger Star diesen Film auf ihren schmalen Schultern trägt und dass dies vielleicht ein wenig zuviel Gewicht ist. Im Gegensatz dazu bietet die starke Alakina Mann als ihre Tochter eine wirklich tolle Leistung, der herausragende Aspekt in diesem mittelmäßigen Film. Richtig bedauerlich wirds für jemanden wie Christopher Eccleston als Graces Mann Charles, der sich für eine Viertelstunde ohne Sinn und Verstand durchs Bild schleppen darf. Was genau er darstellen soll? Hmmm, einen verwirrten Kriegsheimkehrer? Vielleicht einen Geist? Eher einen unfreiwilligen Edelstatisten durch ein verkorkstes Drehbuch.
"The Others" ist der Beweis dafür, dass eine gute Idee allein halt nicht reicht, vor allem wenn man nicht die künstlerische Fähigkeit hat, das ohnehin vernachlässigte Drumherum ausreichend zu kaschieren. Schade um diesen Film. Denn sowohl Fotographie als auch die stellenweise grandios dichten Dialoge können überzeugen. Und dass sowohl Regisseur als auch Hauptdarstellerin bei besserem Material zu mehr fähig sind, davon kann man ausgehen. Sie müssen halt erst die eigenen Dämonen vertreiben.
Originaltitel
The Others
Land
Jahr
2001
Laufzeit
104 min
Regie
Release Date
Bewertung
Bilder: Copyright
Senator Film
Neuen Kommentar hinzufügen