Seit gut einem Jahr wird das Kino von Verfilmungen diverser Romane von Cornelia Funke förmlich überschwemmt. "Hände weg von Mississippi" ist nach "Herr der Diebe" und "Die wilden Hühner" bereits die dritte Umsetzung eines Werkes der Kinderbuch-Autorin, im April folgt mit der Fortsetzung "Die wilden Hühner und die Liebe" die Nummer 4 und für 2008 ist sogar eine Star-gespickte US-Verfilmung des ersten Teils der "Tintenherz"-Trilogie angekündigt, die mit bekannten Namen wie Brendan Fraser und Paul Bettany sowie den Oscar-Preisträgerinnen Helen Mirren und Kathy Bates aufwarten können wird.
"Hände weg von Mississippi" - im Vergleich zur 1997 veröffentlichten Roman-Vorlage um einige Handlungsstränge erweitert - erzählt von Sommerferien in unberührter Natur, einer dickköpfigen Stute, Freundschaft und einem bösen Neffen, der von all dem rein gar nichts hält: Für die 10jährige Emma (Zoe Charlotte Mannhardt) bedeuten die "großen Ferien" den alljährlichen Ausflug aufs Land zu Großmutter Dolly (Katharina Thalbach) und ihrem Freund Leo (Karl Alexander Seidel) sowie dessen Bruder Max (Konstantin Kaucher). Kurz nach ihrer Ankunft erfährt sie vom Tod des alten Klipperbusch und dem Eintreffen von dessen Neffen Albert Gansmann (Christoph Maria Herbst), auch "Der Alligator" genannt. Zu seinen ersten Handlungen gehört der Verkauf der Stute Mississippi an einen Schlachter, den Emma und Dolly jedoch im letzten Moment noch abwenden können, indem sie ihm die Stute kurzerhand selbst abkaufen. Emma, der das Pferd nun gehört, setzt sich ehrgeizige Ziele und möchte "Missi" eines Tages reiten. Zur allgemeinen Verwunderung ist Albert Gansmann jedoch plötzlich - und sicherlich nicht aus reiner Tierliebe - wieder daran interessiert, das Pferd zurückzubekommen, so dass ihm schon bald jedes Mittel Recht ist, um dieses Ziel zu erreichen. Doch woher kommt dieser Sinneswandel eigentlich? Emma und ihre Freunde sind darum bemüht, es herauszufinden.
In Anbetracht vermeintlicher Kinderfilme wie den "Wilden Kerlen", die sich mit jedem weiteren Teil stärker von der Realität entfernen und damit bedauerlicherweise auch noch Unmengen an Kohle scheffeln, stellen bodenständige und realitätsbezogene Filme wie "Hände weg von Mississippi" eine wohltuende Abwechslung dar. Erstaunlich, dass sich ausgerechnet Detlev Buck (mit kleinem Auftritt als Dorfpolizist Otto) dieser Umsetzung angenommen hat, da sein letzter Film, das Sozial-Drama "Knallhart", zwar auch von Kindern handelte, sich jedoch als nachdenklich stimmende und richtig schwer verdauliche Kost erwies.
"Mississippi" hingegen strotzt nur so vor Lebensfreude und Menschlichkeit. Nach etwa zehn Minuten beginnt der Zuschauer, den Kinosessel zu verlassen und Landluft schnuppernd in die Film-Welt einzutauchen. Er kommt dabei nicht umhin, die Charaktere, selbst die als Bösewichte angelegten, ins Herz zu schließen. Deren Handeln bleibt zu jeder Zeit nachvollziehbar, was einen ebenso sympathischen Eindruck hinterlässt wie der Verzicht auf unsinnige Plot-Ideen, mit deren Hilfe in anderen Kinderfilmen regelmäßig der Mangel an Kreativität oder schlichtweg Herzblut überdeckt werden soll. Dem Endprodukt ist förmlich anzusehen, dass alle Beteiligten mit Begeisterung bei der Sache waren, so dass "Mississippi" tatsächlich zu den wenigen Filmen gehört, die gleichermaßen Kinder begeistern und Erwachsene erfolgreich bei der Stange halten können.
Auch die Hauptdarsteller gefallen durchweg: Die 9jährige Hauptdarstellerin Zoe Charlotte Mannhardt, bislang lediglich aus "Die wilden Kerle 3" bekannt, entpuppt sich als fähig, im Mittelpunkt eines Films zu stehen. All die Eigenschaften der kleinen Emma wie Neugierde, Cleverness und Schlagfertigkeit kauft man ihr mühelos ab. Katharina Thalbach begeistert als schrullige Großmutter Dolly und Christoph Maria Herbst, der momentan scheinbar in fast jeder deutschen Kino-Produktion auftaucht, reißt diesen Film praktisch schon an sich, bevor er überhaupt das erste Mal zu sehen ist. Nach seinem ersten Satz als fieser Neffe ist bereits klar: Herbst als sympathischer Antagonist, ironisch gespielt - das wird ein Hochgenuss.
Einzig die turbulente letzte Szene ist des Guten dann vielleicht doch ein wenig zu viel. Davon abgesehen gibt es an "Hände weg von Mississippi", musikalisch stimmungsvoll unterstützt von der aus der Kino-Eis-Werbung bekannten Band "The Boss Hoss", nicht ernsthaft etwas auszusetzen. Besser lässt sich ein Film, der in erster Linie auf Grundschüler als Publikum schielt, kaum umsetzen. Und für den Volljährigen empfiehlt sich dieser Sommerferien-Spaß, wenn es mal nicht die größte Explosion, die dunkelste Verschwörung oder der übelste Liebes-Kitsch sein muss. Abgerundet wird der gute Gesamt-Eindruck schließlich durch einen originellen und liebevoll animierten Abspann. So sieht man sich auch Kinderfilme gerne an.
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