Das
Hauptproblem vieler dieser typischen Sommer-Blockbuster sind
ja gar
nicht mal unbedingt die flachen Figuren oder die dünne
Story.
Auf beides sollte man bei derartigen Produktionen eigentlich
vorbereitet
sein. Wesentlich störender wirkt oft der selbstauferlegte
Anspruch,
etwas in jeder Hinsicht überlebensgroßes zu präsentieren
und den Zuschauer mit wirklich allen zur Verfügung stehenden
Mitteln in den Sitz zu pressen. Herausforderungen, bei denen
es (mindestens!)
um das Schicksal der Menschheit geht, sind als Thema daher
besonders
beliebt, man erinnere sich an die beiden pompösen
Asteroidenschmonzetten
„Deep Impact“ und „Armageddon“, die vor zwei Jahren mit
einer Mischung
aus spektakulären Effekten und drei Überdosen Pathos auf
Publikumsfang gingen. Für letzteren Film war bekanntlich
Hit-Produzent
Jerry Bruckheimer verantwortlich, der auch im Jahr 2000
wieder versucht,
ein möglichst großes Stück vom sommerlichen
Box-Office-Kuchen
abzubekommen. Dieser Versuch nennt sich „Nur noch 60
Sekunden“ und
entpuppt sich erfreulicherweise als deutlich bescheidener
und vor
allem auch wesentlich vergnüglicher als Michael Bays
cineastischer
Zuckerschock von 1998.
Memphis
Raines war früher mal ein berüchtigter Autodieb, der sich
jedoch aus dem Unterwelt-Milieu zurückgezogen hatte, um
seinen
kleinen Bruder Kip nicht in kriminelle Kreise zu locken.
Genützt
hat’s wenig, denn während Memphis heute Kindern das
Kart-Fahren
beibringt, klaut Kip Luxuswagen. So gut wie sein Bruder
scheint er
das Geschäft jedoch nicht zu beherrschen, denn ehe er sich’s
versieht, steckt er ganz tief in der Tinte bzw. in einer
Schrottpresse.
Memphis kann ihn zwar in letzter Sekunde retten, muß dem
Gangster
Raymond Calitri aber versprechen, für ihn innerhalb von 72
Stunden
50 Nobelkarossen zu stehlen. Während sich Detective
Castlebeck
- ein alter Bekannter aus seinen kriminellen Glanzzeiten -
erneut
an seine Fersen heftet, trommelt Memphis sein altes Team
wieder zusammen
und macht sich an die Arbeit...
Soviel
zur Story. Eher dünn, gell? Entsprechend flach dann auch die
Figuren, die aber - fast schon ein Bruckheimer-Trademark -
immerhin
von einer gutklassigen Besetzung verkörpert werden.
Darstellerische
Höchstleistungen gibt’s hier natürlich nicht zu bewundern.
Besonders Angelina Jolie hat in diesem Film genau genommen
überhaupt
nichts zu tun, außer ganz toll auszusehen, aber da sie für
eine derartige Aufgabe nun wirklich nicht die schlechteste
Wahl ist,
geht das schon in Ordnung. Nicolas Cage scheint der Dreh
auch Spaß
bereitet zu haben, was man schon allein daran erkennt, daß
er
seine patentierte Leidensmiene nur ungefähr die Hälfte der
Laufzeit zur Schau stellt. Auch solche verdienten
Schauspieler wie
Robert Duvall oder Delroy Lindo werden sich wegen ihrer
Auftritte
in „Gone in Sixty Seconds“ (so der mal wieder deutlich
wohlklingendere
Originaltitel) noch keine neuen Smokings für die nächste
Oscarverleihung bestellen müssen, werten den Film aber schon
allein durch ihre Anwesenheit noch weiter auf.
Für den Regieposten hat Bruckheimer den schon fast
verschollen
geglaubten Dominic Sena ausgegraben, der vor sieben Jahren
mit dem
Serienkiller-Thriller „Kalifornia“ sein Spielfilmdebut
feierte. Da
der gute Mann zuvor Werbespots und Videoclips gedreht hat, verwundert
es kaum, daß auch „Gone in Sixty Seconds“ sehr
augenschmeichelnd
in Szene gesetzt wurde und - mit fetzigen Elektrorhythmen
unterlegt
- sehr dynamisch daherkommt. Die Actionszenen sind
allerdings nicht
ganz so zahlreich ausgefallen, wie sich so mancher
vielleicht erhofft
hatte, denn es gibt nun nicht bei jedem der 50 zu stehlenden
Wagen
eine neue Verfolgungsjagd zu bestaunen, sondern nur beim
letzten.
Diese Sequenz ist dann aber wirklich flashig geraten,
erstaunt mit
solchen Gimmicks wie umherfliegenden Gastanks und
Abrißbirnen
und endet mit einem der übertriebensten Autosprünge seit
„Blues Brothers“. Sehr schön! Der Realismus der
Verfolgungs-Szenen
in „Ronin“ war natürlich ebenfalls sehr beeindruckend, aber
hier
darf auch ruhig mal wieder geklotzt werden. Der eigentliche
Showdown,
in dem Memphis dann dem fiesen Calitri gegenübersteht, fällt
demgegenüber allerdings doch deutlich ab und wirkt
regelrecht
gewöhnlich.
Dieser kleine Makel mindert das Vergnügen aber nur
geringfügig,
zumal sich Drehbuchautor Scott Rosenberg diesmal die peinlichen
Gags (man erinnere sich nur an die Tunte in „Con Air“)
verkneifen
konnte und den simplen Plot statt dessen mit einigen
wirklich amüsanten
Details aufgelockert hat. Überhaupt steht die Crime-Thematik
eher im Hintergrund, was den ganzen Film - übrigens ein
Remake
von „Die Blechpiraten“ (1974) - trotz seiner arg schematisch
wirkenden
Konstruktion sehr locker und fast schon sympathisch wirken
läßt.
Von wie vielen anderen Blockbuster-Kandidaten läßt sich
das schon behaupten?
Also: Wie so oft kommt es auch hier auf die allmächtige
Erwartungshaltung
an. Wer auf eine alles in den Schatten stellende
Zerstörungsorgie
hofft, könnte durchaus enttäuscht werden. Wer hingegen eine
grotesk aufgeblasene Masturbationsvorlage für
„Auto-Bild“-Abonnenten
befürchtet hatte, darf sich über einen erstaunlich spaßigen
Film freuen, der seine selbstgesteckten Ziele ohne große
Mühe
erreicht.
Originaltitel
Gone in 60 seconds
Land
Jahr
2000
Laufzeit
117 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
Bilder: Copyright
Buena Vista International
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