Na was denn nun? Erst gibt Regisseur und Autor Eli Roth zu verstehen, dass er sich nicht am Wettstreit um den widerlichsten Film beteiligen werde, und prompt wird "Hostel 2" von der FSK als "schwer jugendgefährdend" eingestuft. Nach einigem Hin und Her geht nun in Deutschland eine um zwei Minuten gekürzte Fassung an den Start, die keinen Deut besser oder schlechter ist als das ungeschnittene Original, jedoch die Einschätzung der FSK ein wenig in Frage stellt und für Gore-Fans kaum noch etwas übrig lässt.
Die drei US-Girls Beth (Lauren German), Lorna (Heather Matarazzo) und Whitney (Bijou Phillips), Studentinnen der Kunst in Rom, verschlägt es in den Semesterferien nach Ost-Europa, in ein gewisses Hostel in der Slowakei - zu den angeblich wildesten Partys und heißesten Typen. Das ist an sich auch richtig (auch wenn Geschmäcker sicherlich verschieden sind), doch hat ihnen das Model Axelle (Vera Jordanova), das diesen Trip empfohlen hat, etwas ganz Entscheidendes verschwiegen: Dass sie entführt, gefesselt und zu Tode gefoltert werden. Für Geld, von jenen, die es sich leisten können. Und dazu zählen Stuart (Roger Bart) und Todd (Richard Burgi), die in einem eBay-artigen Wettrennen die Mädels ersteigert haben und nun die Reise in die Slowakei antreten. Mancherorts ist noch von einem weiteren Handlungs-Strang die Rede: Paxton (Jay Hernandez), der Überlebende aus dem ersten Teil, mache Jagd auf die Hintermänner. Diese Aussage kann man wohl nur mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors so stehen lassen, denn das genaue Gegenteil ist der Fall.
Im Vorfeld zu "Hostel 2" stand nicht wirklich die Frage im Raum, wovon die Story dieses Mal handeln sollte. Was die meisten potentiellen Kino-Gänger interessierte, war doch eh nur, ob es noch brutaler, noch blutiger werden würde, schließlich hatte der erste Teil - als derbster Film aller Zeiten beworben - in diesem Punkt Hartgesottene sicherlich enttäuscht.
Also gut, reden wir über Gewalt. Die 124 entfallenen Sekunden verteilen sich auf fünf Szenen. Drei von ihnen ist nicht anzumerken, dass dem deutschen Zuschauer etwas vorenthalten wird, in den beiden anderen Fällen lässt es sich durchaus erahnen. Doch während der notwendige Schnitt in einem Fall wohl kaum unauffälliger hätte realisiert werden können, stellt das Zerstückeln der anderen Szene ein Ärgernis dar. Für die Handlung ist sie ohne jede Bedeutung, so dass man besser damit gefahren wäre, komplett auf die Szene zu verzichten, in deren Mittelpunkt ein Mann, ein Kind und eine Pistole stehen, und die moralisch ohnehin arg fragwürdig erscheint und somit am Ehesten aus berechtigtem Anlass von der Leinwand verbannt worden wäre.
Sicher: Ein wörtlich zu nehmendes Blutbad, Kannibalismus, ein makaberes Sport-Spiel sowie das Herumwerkeln an einer männlichen Extremität gehören nicht zu den appetitlichsten Bildern, die das Kino zu bieten hat. Aber wesentlich härter als der Rachefeldzug der Braut in "Kill Bill: Volume 1", Mel Gibsons diverse Brutalitäten in "Apocalypto" oder Jigsaws Hirn-OP in "Saw 3" ist das alles nicht. Vielleicht hat der FSK hier einfach die Bandbreite an Perversionen zu schaffen gemacht. Was nun übrig geblieben ist, gehört schon fast zu den softeren "Ab 18"-Filmen und wird den Großteil des Genre-Publikums nicht zufrieden stellen.
Auf das Element der Folter verzichtet Roth im Sequel fast gänzlich (auch wenn der geschmacklose "Amerikaner haben einfach keine Fantasie"-Trailer eine andere Sprache spricht). Wie schon im ersten Teil, als er zunächst nicht weniger als einen Soft-Porno auf die Leinwand brachte, lässt sich Roth auch hier jede Menge Zeit, bis er zur Sache kommt. Genau genommen sind es zwei Drittel des Films. Auf die untergründige Spannung, von der immerhin die erste Filmhälfte des Vorgängers noch ein wenig zehrte, kann er nun nicht mehr bauen. Das Ende des Weges ist absehbar. Interessant ist sicherlich der Ansatz, das Geschehen auch aus Sicht der Hintermänner und jener Personen zu zeigen, die Geld bezahlen, um zu töten. Und die gelungene Sequenz, in der alle erdenklichen Typen von Mensch im Split Screen ihr Gebot für die jungen Frauen abgeben, sorgt für etwas Abwechslung im Genre. Insgesamt ist das alles jedoch immer noch viel zu unspektakulär und einfallslos, um wirklich begeistern zu können. Aber immerhin ist es zumindest nicht unsagbar dämlich.
Auch wenn Roth sicherlich von einem Visionär oder der von Tarantino ausgerufenen "Zukunft des Horrorfilms" noch ein gutes Stück entfernt ist, kommt bei ihm zumindest alles aus einem Guss, die Szenen wirken nicht stümperhaft aneinandergereiht und ein gewisses Gespür für Atmosphäre ist auch nicht abstreitbar, womit er vielen Genre-Kollegen ein gutes Stück überlegen ist. Er scheitert jedoch am eigenen Drehbuch, das im Grunde nichts weiter als ein Abklatsch des ersten Teils ist. Statt Jungs sind es nun Mädels und statt Sex gibt's ein kleines Volksfest (was Roth jedoch nicht von einer verhältnismäßig ausgiebigen Fleisch-Beschau abhält).
Dialoge und Darsteller, darunter zwei aus "Desperate Housewives" bekannte, erfüllen ihren Zweck, ebenso wie die Charaktere - bis auf eine Ausnahme. Aus Stuart, einem der beiden Auktions-Sieger, wird man nicht so recht schlau. Die ganze Zeit graut's ihm vor seiner bevorstehenden Tat, ja eigentlich will er gar nicht foltern und töten. Doch im letzten Moment verwandelt er sich doch in einen irren Henker, der in die Slowakei reist, um Komplexe auszuleben, die er an seiner Frau nicht raus lassen kann. Das ist genauso witzig wie einige Begebenheiten auf der Zugfahrt nach Ost-Europa. Ob beabsichtigt oder nicht, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.
Weder langweilt "Hostel 2" zu Tode, noch verursacht er Kopfschütteln ob diverser Logik-Patzer. Für einen guten Film reicht das allerdings noch lange nicht, und so endet "Hostel 2" aufgrund des Fehlens jeglicher sonstiger kreativer Einfälle im grauen Mittelmaß. Aber die Diskussion über die Qualität wird ja sowieso von jener über die Gewalt überragt. Und so ist auch "Hostel 2" ein gefundenes Fressen für all jene Moralisten, die über die zunehmende Brutalität in Filmen ihre Bedenken äußern, nur um kurz darauf eine Lobeshymne auf nicht weniger zimperliche Werke wie "Sin City" in die Welt zu setzen. Aufgrund des lauen US-Einspiels bleiben wir vor einem dritten Teil vermutlich verschont. Gelegenheit also für Eli Roth, sich anderen Projekten zu widmen und eventuell zu beweisen, dass es ihm wirklich um eine gute Story und nicht etwa den drastischsten Effekt geht.
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