Nein, das Jahr der spaßigen großen US-Blockbuster wird 2008 nicht. Mal abgesehen von den gelungenen Comic-Verfilmungen ("Iron Man", "Der unglaubliche Hulk", "The Dark Knight") und dem obligatorischen Animations-Meilenstein ("WALL-E") haben uns Emmerich, Shyamalan & Co. in diesem Jahr viel Mist, bestenfalls Durchschnittskost über den großen Teich geschickt. "10.000 B.C.", "The Happening", "Get Smart", "Speed Racer", "Prinz Kaspian von Narnia" ... die Liste bietet noch Raum für Ergänzungen. Und so kommt es, wie es ja fast kommen muss; mit dem dritten Teil der "Mumie" reiht sich die nächste US-Gurke fröhlich ein und erschwert die Wahl zum "Flop des Jahres" maßgeblich. Es ist ja nicht mal so, dass die Erwartungen die allerhöchsten gewesen wären. Aber während vor allem Teil Eins noch solides Popcorn-Kino bot, ist "Die Mumie: Das Grabmal des Drachenkaisers" ganz einfach schlecht.
Wie darf man sich die "Story" der dritten "Mumie" vorstellen? Eigenständig schon mal gar nicht. Die Grundidee ist dieselbe wie in Teil Eins der Trilogie: Vor langer langer Zeit (etwa 2000 Jahre) wurde ein mächtiger Mann mit einem fürchterlich bösen Fluch belegt. Statt des Hohepriesters Imhotep muss dieses Mal ein chinesischer Drachenkaiser (Jet Li) als Opfer herhalten, der zwar niemanden hinterrücks ermordet hat, dafür aber ein gesamtes Reich mit einer grausamen Tyrannei überzog. Dazu gebe man nun eine Brise von Teil Zwei und füge eine Gruppe mit Weltherrschafts-Phantasien hinzu, die - na klar - die Mumie wieder zum Leben erwecken will und deren Weg dabei - Überraschung - über die O'Connells führt. Die da wären: Abenteurer Rick (Brendan Fraser), Archäologin Evelyn (Maria Bello), herangewachsener Sohn Alex (Luke Ford) und Chaos-Onkel Jonathan (John Hannah). Die stehen wieder einmal vor der schwierigen Aufgabe, die Welt vor ihrem Untergang zu bewahren. Nennenswerte Unterschiede zu den Vorgängern: Die Bösen sind dieses Mal eine paramilitärische Einheit und statt nach Ägypten führt die Reise dieses Mal ins ferne China. Was sicherlich reiner Zufall ist und nichts mit einem etwas größeren Event zu tun hat, dessen Eröffnungsfeier einen Tag nach Deutschland-Start über die Bühne geht.
Man kann sich die Entstehungs-Geschichte von "Die Mumie 3" lebhaft vorstellen. Nachdem die Idee eines Kooperations-Produktes mit den Olympischen Sommerspielen geboren war, musste natürlich ein Drehbuch her. Glaubwürdige Dialoge und Charaktere sowie eine gute Dramaturgie sollten dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen, weshalb die Produzenten wohl auch nicht lange brauchten, um auf die Schöpfer der Teenie-Superhelden-Serie "Smallville" zu kommen. Die Beiden hatten zwar mit China und dessen Historie wenig am Hut, glücklicherweise jedoch eine Videothek in der Nähe, die "Hero" führte. So ließe sich zumindest erklären, warum die ersten zehn Minuten (bezeichnenderweise die besten des gesamten Films) wie eine kompakte Kopie des modernen Klassikers wirken.
Jet Li, in den USA glücklicherweise ja schon bekannt, wurde dann gleich mal mit übernommen und vermutlich mit dem Aufstieg vom Attentäter zum Kaiser geködert. Und dann gab es da doch noch diesen Film, der vor einigen Jahren zehnfach Oscar nominiert wurde. "Tiger & Dragon" - genau! Da ist dann schon die passende Idee für den Filmtitel und einen späteren Special Effect, und Michelle Yeoh wurde postwendend ebenfalls verpflichtet. Damit lässt sich doch schon mal gut Werbung machen. Als Regisseur und Ersatz für Stephen Sommers, der sich mit "Van Helsing" erfolgreich der Lächerlichkeit preisgab, wurde Rob Cohen verpflichtet. Ein Mann mit Erfahrung im Action-Genre ("xXx - Triple X", "The Fast and the Furious").
Aber da ein Kinodreh im bevölkerungsreichsten Land der Erde ja immer eine heikle Angelegenheit ist, durfte die chinesische Regierung auch noch mal einen Blick aufs Drehbuch werfen. Wäre doch blöd, wenn die Welt ein vollkommen falsches Bild von dem Land bekäme. Das fertige Produkt war dann leider wohl immer noch eine Spur zu... gewagt und musste deshalb für den chinesischen Markt entschärft werden (das Wort "zensiert" ist in diesen Tagen so überstrapaziert), Das legt natürlich nahe, dass die chinesische Fassung ein paar Minuten kürzer ist. Ein Umstand, der dem deutschen Publikum auch zu wünschen gewesen wäre.
Denn hier passt einfach vorne und hinten nichts. Entweder wird schlecht von sich selbst, "Hero" oder anderen Filmen kopiert, oder noch schlechter selbst erfunden. Die einzige Person, die alles richtig gemacht hat, hat keine einzige Minute vor oder hinter der Kamera verbracht, sondern sich bereits frühzeitig - aufgrund "kreativer Differenzen" (vermutlich zu übersetzen mit: "In so einem Käse spiel ich bestimmt nicht mit", kluge Frau) - von dem Projekt verabschiedet: Rachel Weisz. Als Evelyn O'Connell-Ersatz wurde Maria Bello verpflichtet, was sich als eine der größten Fehlentscheidungen des Kino-Jahres erweist. Mal davon abgesehen, dass sich die Beiden schon rein optisch von Grund auf unterscheiden, ist es Bellos Interpretation ihrer Figur, die ihre Darbietung zu einer Katastrophe ausarten lässt.
Sicher spucken ihr auch die Autoren gehörig in die Suppe, indem sie Evelyn ohne klare Linie, völlig "out of character" agieren lassen. Aber zu einem guten Teil geht die sich fast anbietende Forderung nach einer Goldenen Himbeere auch auf ihr Konto. Dass "übertriebene Mimik und Gestik" keine olympische Disziplin, sondern ein Merkmal für schlechtes Schauspiel ist, hätte ihr Regisseur Rob Cohen vielleicht mal sagen können. War Evelyn in den ersten beiden Filmen teils noch sympathisch-überdreht, so ist sie nun nur noch überdreht und eine wahrlich meisterhafte Belastungsprobe für die Nerven.
Aufgrund der One-Woman-Show der negativen Sorte von Bello treten die übrigen Darsteller ein wenig in den Hintergrund. So fällt auch gar nicht so sehr auf, wie blass Luke Ford als O'Connell-Sohn bleibt, wie wenig Charisma und Angst Jet Li im Vergleich zu Arnold "Imhotep" Vosloo verbreitet und wie sehr sich John Hannah auf wildes, wenig witziges Grimassieren beschränkt. Einzig Brendan Fraser hält die Fahne noch ein wenig hoch, leistet sich keine derben Schnitzer, ist dem Drehbuch gelegentlich aber auch hilflos ausgeliefert.
An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass in dieser so genannten Abenteuer-Komödie auch ein bisschen was von einer Mogelpackung steckt. Sohn Alex wirkt beispielsweise eher wie ein jüngerer Bruder, nicht aber wie der Sohn der O'Connells. Wenn man dann hinterher liest, dass Luke Ford auch nur 13-14 Jahre jünger ist als seine "Eltern", ist das alles andere als eine dicke Überraschung. Und wer sich auf spektakuläre Kampfkunst-Action von Jet Li freut, mit denen er immerhin regelmäßig seine limitierten mimischen Fähigkeiten auszugleichen weiß, wird bitter enttäuscht. Abgesehen von zwei kleinen Szenen bleiben Lis Beine fest auf dem Boden verankert. Der eigentliche Witz jedoch ist, dass der Drachenkaiser nur einen Bruchteil der Laufzeit auch wirklich in der Gestalt von Jet Li zu sehen ist. Entweder verdeckt eine Maske sein Gesicht oder er schlüpft gar in wenig menschenähnliche Erscheinungsformen.
Worauf bislang ja eigentlich immer noch Verlass war, das ist - neben den zugegeben auch dieses Mal sehr beeindruckenden Schauwerten - der Humor. Manch lässiger Spruch, manch pfiffiger Dialog. Doch auch davon ist nichts mehr übrig geblieben. Wäre "Die Mumie 3" einfach nur ein Film ohne Humor, hätte man dies ja noch akzeptieren können. Richtig schlimm ist jedoch, dass er ein Film sein will, der amüsiert. Das Resultat sind Dialoge, für die man sich fremdschämt. Speziell das weltfremde Gequatsche von Rick und Evelyn zu Beginn ist selbst für Hollywood-Verhältnisse ein Desaster. Da erkennt man wirklich jeden Gag schon, bevor er um die Ecke biegt. Das alles wird eingebettet in einen jämmerlichen Nebenplot, der davon handelt, dass sich die beiden Abenteurer von der aktiven Rumtreiberei zurückgezogen haben. Irgendwann wird ihnen langweilig und natürlich nehmen sie das erstbeste Angebot für einen neuen Trip an. Das wissen Rick und Evelyn nach qualvollen 20 Minuten, der Zuschauer weiß es nach nicht einmal einer.
Einzige positive Ausnahme in dieser Phase ist eine als Selbstironie der Filmmacher interpretierbare Anmerkung Evelyns bei einer Lesung über ihre beiden vorangegangenen Abenteuer: "Ich versichere Ihnen, dass dies ein vollkommen anderer Mensch war" (stimmt, nämlich die viel bessere Rachel Weisz). Als besonders nervig erweisen sich auch die vermeintlich coolen Sprüche, die nie sitzen, von denen aber in brenzligen Situationen immer einer über die Lippen geht, und die auch immer nach demselben Schema ablaufen.
Mangelt es dem Drehbuch bereits an frischen Ideen oder halbwegs brauchbaren Dialogen, verstößt es auch noch munter gegen so ziemlich alle weiteren "Don't"s. Die Liebes-Schnulze, die zwischen Alex O'Connell und seiner Begleiterin vom Zaun gebrochen wird, verdient sich mühelos das Prädikat "besonders lächerlich". Eine Topfpflanze, die beginnen würde, für die neben ihr stehende Schreibtischlampe Gefühle zu entwickeln, würde ein ähnliches Maß an Glaubwürdigkeit erzeugen (andererseits, in den Händen von Pixar hätte das vielleicht sogar Hit-Potential).
Wenn schon die Charaktere in der Beliebigkeit versinken, wäre ja zumindest ein halbwegs spannender Hauptplot wünschenswert gewesen, aber auch den sucht man vergebens. Die Gefahr, die durch den Drachenkaiser ausgehen soll, wird nie spürbar, die Protagonisten hetzen planlos von einer Location zur nächsten. Alles ist mehr Produkt des Zufalls, als wirklich durchdacht und geplant. Dabei kommen zwar durchaus sehenswerte Bilder zustande, doch wenn vier Archäologen kurz darauf mit Leichtigkeit einen Haufen ausgebildeter Militärs zur Strecke bringen, ist es auch schon wieder vorbei mit der Herrlichkeit. Und wo sollen Spannung und Dramatik auch herkommen? Wenn die bösen Untoten gegen die guten Untoten kämpfen, dann ist das zwar episch und war sicher alles andere als billig. Aber Untote, denen man die Daumen drücken soll? Keine gute Idee. Dazu sind manche Action-Einlagen dermaßen "over the top", dass das selbst in einem eigentlich nicht allzu ernst zu nehmenden Unterhaltungs-Streifen nicht mehr akzeptabel ist. Hauptsache es knallt richtig schön.
Bringen wir dieses unwürdige Mumien-Kapitel also auf den Punkt: Im Vergleich zu "Das Grabmal des Drachenkaisers" wirkt ein "Jumper" wie eine inspirierende Sternstunde des US-Kinos. Drum: Weg bleiben, und bitte nicht noch eine Untoten-Runde.
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