Rafi Pitts ist von der Geschichte des Iran überholt worden. Eigentlich war sein Film "Zeit des Zorns" sorgfältig geplant. Eine Geschichte von Verlust und Rache, gewidmet dem Schriftsteller Bozorg Alavi. Damit er den Film in seiner Heimat zeigen konnte, ließ Pitts sich das Drehbuch von der Zensurbehörde abnehmen. Achtete darauf, dass das, was er sagen wollte, nur zwischen den Zeilen stand. Aber weil sein Protagonist aus der grauen Asphaltwüste Teherans am liebsten in den Wald flüchtet, gab er ihm eine Wohnung mit grünen Wänden und ein auffällig grünes Auto. Kurz nachdem der Film abgedreht war, gab es Wahlen in Iran. Nach den Wahlen ging die Bevölkerung aus Protest auf die Straße. Ihr Symbol war die Farbe grün. Wer den Film heute sieht, wird bei dem grünen Auto im Meer von weißen Wagen auf der Autobahn nicht an Natur denken, wie Pitts es wollte - sondern an Opposition. Ali Alavis (Rafi Pitts persönlich) Alltag ist grau und freudlos. Wenn er von der Arbeit als Nachwächter nach Hause in seinen Beton-Wohnblock zurückkehrt, der direkt an der Autobahn liegt, bringt er noch schnell seine Frau und Tochter zur Schule. Sonst würde er sie noch seltener sehen. Ihre Gesellschaft ist das einzige, das den immer müde aussehenden Mann für einen Moment zum Lächeln bringt. Eines Tages kommt seine Familie nicht mehr nach Hause. Nach Stunden des Wartens und Schikane von Seiten der Polizei erfährt Ali schließlich, dass seine Frau und Tochter zur falschen Zeit am falschen Ort waren und in einen Schusswechsel zwischen Polizei und Rebellen geraten sind. Scheinbar unter Schock flüchtet Ali aus der Stadt in die Natur, um zu jagen. "Der Jäger" (Shekarchi) ist der iranische Titel des Films. Wer allerdings am Ende der Jäger und wer der Gejagte ist, das lässt Pitts den Zuschauer selbst entscheiden. Pitts' Filmsprache ist geprägt von Schweigen und unkommentierten Bildern. Seine Kunst besteht darin, eben nur soviel Kritik an der Gesellschaft zu üben, dass der Film gerade noch durch die Zensur kommt. Seine Filmsprache, ein Produkt der Zensur, ist teilweise anstrengende Kost für den Zuschauer. Eine Sprache, der sich Regisseure wie Abbas Kiarostami schon lange bedienen, in der Hoffnung, ihre Filme auch im eigenen Land zeigen zu können. Wer deutlich wird, wie Marjan Satrapi mit "Persepolis", muss im Exil bleiben. Oder wie Regisseur Jafar Panahi riskieren, verhaftet zu werden. Sein Film "Offside" wurde 2006 auf der Berlinale mit dem silbernen Bären ausgezeichnet. Im Moment sitzt er im Gefängnis. |
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